Pistorius debattiert mit Kirchenvertretern über Ukrainekrieg

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) beim ökumenischen Kirchentag / © Friso Gentsch (dpa)
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) beim ökumenischen Kirchentag / © Friso Gentsch ( dpa )

Ein Stopp westlicher Waffenlieferungen an die Ukraine würde nach Aussage von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zwar ein schnelles Ende des Krieges bedeuten. "Aber eben auch ein Ende der Ukraine", so der Minister am Samstag bei einem Ökumenischen Kirchentag in Osnabrück. Bisher fehlten leider entscheidende Schritte, um den Weg von Verhandlungen zum Frieden gehen zu können.

Pistorius reagierte damit auf das Plädoyer des katholischen Domkapitulars Theo Paul, sich auch Beispiele gewaltfreien Widerstands der Ukrainer anzuschauen und zu würdigen. "Warum sind wir heute bereit, einer anderen Logik - jener der Waffen - so gerne zu folgen?", fragte Paul bei einer Diskussion über Politik, Kirchen und Krieg im Osnabrücker Dom. "Es gibt auch andere Wege; sonst kommen wir aus dieser Sackgasse nicht wieder heraus", mahnte Paul.

Ähnlich kritisch äußerte sich Susanne Bei der Wieden, Präses der evangelisch-reformierten Kirche in Deutschland. Auch wenn klar sei, wer für den Ukraine-Krieg verantwortlich ist - nämlich Wladimir Putin -, und der Ukraine bei ihrer Verteidigung zu helfen sei, dürfe man nicht vereinfachen und polarisieren. "Wo läuft es hin, wenn eine neue Rüstungspolitik angesagt ist?", so Bei der Wieden. Der Ukraine-Krieg dürfe nicht in eine Endlosschleife geraten und zu einem neuen Dreißigjährigen Krieg werden.

Wenn derzeit ein weltweites Wettrüsten mit Waffenexporten stattfinde, dann sollten verantwortliche Politiker dies auch klar benennen. "Wir verbrennen im Moment Milliarden, die wir im Kampf gegen Hunger und den Klimaschutz brauchen", kritisierte die Theologin. Der Ökumenische Kirchentag ist Teil der 375-Jahr-Feier zum Westfälischen Frieden von Münster und Osnabrück von 1648.

Der evangelische Landesbischof Ralf Meister riet dazu, genau zu überlegen, aus welcher Rolle die Kirche sprechen. "Was ich in der Ukraine erlebt habe, macht mich noch unsicherer bei etwaigen Ratschlägen", so der Landesbischof. Er könne zu den Ukrainern gerade nicht über Versöhnung sprechen. "Was ich gehört habe, macht mich schweigsamer", fügte Meister hinzu. Vorerst müsse man den Menschen in der Ukraine "in notwendigstem Maße zur Selbstverteidigung" helfen. Das ändere nichts an der Einigkeit im Ziel, den Krieg zu beenden und Frieden zu schaffen.

Altbundespräsident Christian Wulff beklagte, dass vielerorts das Vergessen stärker werde als das Erinnern. Angesichts brüchiger Demokratien, die zudem angegriffen und unterwandert würden, rief Wulff dazu auf, sich in Kirchen, Parteien, Gewerkschaften, Initiativen zu engagieren. In der Hinsicht hätten auch einfache Bürger Einfluss und Macht. Weltweit gestärkter Gemeinschaftssinn sei eine wichtige Voraussetzung für Frieden. (KNA)