Papst Franziskus trat als Talkshow-Gast im italienischen Fernsehen auf

Premiere eines Papstes in einer TV-Talkshow

 © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
© Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Der erste Auftritt eines Papstes in einer TV-Talkshow am Sonntagabend bescherte dem Sender Rai 3 einen Quoten-Hit, stieß aber auf ein geteiltes Echo. In Zeitungen und Sozialen Medien lobten viele die Tatsache, dass Franziskus sich in ein solches Medienformat begeben habe, um seine deutlichen und verständlichen Botschaften zu bekräftigen. Weniger gute Noten gab es für Moderator Fabio Fazio. Dieser habe die Chance vertan, das Kirchenoberhaupt mit kritischen Fragen zu konfrontieren. Weder habe er Stichwörter wie Missbrauch, Finanzskandal im Vatikan noch den Schwund bei Berufungen und Gläubigen erwähnt.

Die Talkshow "Che tempo che fa" auf Rai 3 zählt zu den bekanntesten und meistgesehen Sendungen des italienischen Fernsehens. Der Papst-Auftritt verschaffte ihr einen Einschaltquotenrekord von 25 bis zeitweise 30 Prozent.

Die allgemeine Frage nach Kritik an der Kirche beantwortete Franziskus mit seiner mehrfach geäußerten Warnung vor "geistlicher Weltlichkeit" in der Kirche. Dabei kritisierte er jene, die meinten, sie selbst könnten die Kirche reformieren, wie jene, die Glauben und Kirche nur vergeistigt-abstrakt leben.

Darüber hinaus äußerte sich der Papst sowohl zu politischen Themen wie Krieg, Migration, Umweltzerstörung als auch zu theologischen Fragen von Gut und Böse, Vergebung und Gebet. Das rund einstündige Gespräch war zuvor im Vatikan aufgezeichnet worden.

Krieg und Umweltzerstörung verdammte das Kirchenoberhaupt als "widersinnig" zur Natur des Menschen. Seine Äußerungen zum Thema Migration stießen auf Beifall sowohl bei der Rettungsorganisation Open Arms wie bei Lega-Chef und Ex-Innenminister Matteo Salvini. Open Arms begrüßte die klare Aussage zu "Lagern" in Libyen - Franziskus nutzte das deutsche Wort - und dem "Verbrechen", Menschen dorthin zurückzuschicken. Salvini hingegen lobte die päpstliche Mahnung, jedes Land müsse festlegen, wie viele Migranten es sinnvoll aufnehmen und integrieren könne; zudem solle Europa sich dieser Herausforderung solidarisch stellen.

Bisher seltener zu hören waren Antworten von Franziskus auf persönliche Fragen. Warum Gott Leid zulässt? "Gott ist allmächtig, ja, aber er ist es nur in seiner Liebe", so der Papst. Und auf die Frage, Warum leiden Kinder?, wisse er bis heute keine Antwort, sie empöre ihn sogar. Gibt es Menschen, die keine Vergebung verdienen? "Gott hat die Menschen gut und frei geschaffen. Sie entscheiden sich für Gut oder Böse." Allerdings hätten "Menschen ein Recht darauf, dass ihnen vergeben wird - wenn sie denn bereuen und ehrlich um Vergebung bitten". Sehr persönlich wurde der Papst, als ihn der Moderator nach Freunden fragte. "Ich brauche Freunde; es sind wenige, aber es sind echte Freunde", so Franziskus.

In Italien sorgte der Auftritt des Papstes schon im Vorfeld für zahlreiche Diskussionen. Dass es Moderator Fabio Fazio gelungen war, nach Politikern wie Michail Gorbatschow oder Barack Obama, Showgrößen wie Lady Gaga oder Adriano Celentano auch den Papst in seine Sendung zu holen, wurde als Coup gefeiert.

(Quelle: kna, 07.02.2022)