Odessa

Odessa aus der Luft (shutterstock)

Die Millionenstadt Odessa mit ihrem Güterhafen gilt als Tor der Ukraine zum Schwarzen Meer. Allerdings wurde sie in der Geschichte auch immer wieder als Einfallstor zur Ukraine benutzt. Seit dem 10. Jahrhundert gehört die Region zur sogenannten Kiewer Rus.

Wohl im 13. Jahrhundert gründeten hier ostslawische Siedler einen ersten Hafen, der in den folgenden Jahrhunderten immer wieder neue Herren erlebte: Tataren, Polen und Litauer, für die längste Zeit die Osmanen, die hier 1526 eine Festung anlegten, und 1789 russische Kosaken. 1794 wurde unter Zarin Katharina II. ("der Großen") die eigentliche Stadt Odessa gegründet; ein massiver Ausbau zum Kriegs- und Handelshafen begann. Er wurde der wichtigste russische Schwarzmeerhafen und nach 1880 der zweitgrößte in Russland nach Petersburg. Wichtigstes Exportgut Odessas war seit jeher ukrainisches Getreide.

Der Gouverneur Armand Emmanuel du Plessis, Herzog von Richelieu, vor der Französischen Revolution geflohen und ein Urgroßneffe des Staatsmanns Kardinal Richelieu (1585-1642), gestaltete die bald stark wachsende Stadt zwischen 1803 und 1814 als ein "Paris des Ostens". Allerdings machte die strategisch wichtige Lage sie auch weiterhin immer wieder zum Kriegsschauplatz.

Nach dem Krim-Krieg 1853 wurde 1865 die Universität gegründet. Zugezogene Minderheiten von Juden, Griechen und Bulgaren prägten im 19. Jahrhundert die weltoffene Kultur Odessas stark mit; noch zu Anfang des 20. Jahrhunderts waren rund 30 Prozent der Stadtbevölkerung jüdisch. Eine Meuterei von Matrosen auf dem Panzerkreuzer Potemkin vor Odessa führte 1905 zum Eingreifen zaristischer Truppen, das die Flucht von rund 80.000 Bewohnern der Stadt zur Folge hatte.

Im Ersten Weltkrieg besetzten deutsch-österreichische Soldaten Odessa, und nach der Russischen Revolution tobte für einige Jahre ein verheerender Bürgerkrieg in der Stadt. 1920 übernahmen die Sowjets die Herrschaft; es folgte 1921 eine schwere Hungersnot. Im Zweiten Weltkrieg zerstörte die deutsche Wehrmacht große Teile der historischen Bausubstanz, ermordete Zehntausende Juden. Nur unter großen Verlusten konnte sich die Stadt im April 1944 von der deutsch-rumänischen Besatzung befreien. Der Verlust dieses Hafens bedeutete quasi das Ende der deutschen Kriegführung im Schwarzen Meer.

Seit Mitte des 20. Jahrhunderts sind die Ukrainer statt zuvor der Russen die größte Bevölkerungsgruppe in Odessa. Trotz Kriegsgräueln und Sowjetherrschaft hat die Stadt mit ihren mehr als 100 Nationalitäten bis heute einen besonderen kosmopolitischen Nimbus als lebensfreudig, freiheitsliebend, aufgeschlossen für internationale Einflüsse und fremde Anschauungen. Viele, auch russische Schriftsteller wie Alexander Puschkin, Nikolai Gogol oder Maxim Gorki fanden hier Inspiration. Partnerstadt in Deutschland ist Regensburg. (KNA 16.09.22)