Kloster Einsiedeln

Kloster Einsiedeln in der Schweiz / © Anatolii Lyzun (shutterstock)
Kloster Einsiedeln in der Schweiz / © Anatolii Lyzun ( shutterstock )

Das Kloster Einsiedeln gehört zu den wichtigsten Barockklöstern Europas und ist der bedeutendste Wallfahrtsorte in der Schweiz. Die Gnadenkapelle mit der Figur einer Schwarzen Madonna zieht zahlreiche Pilger sowie Kunst- und Kulturinteressierte aus aller Welt an. Das Kloster ist auch Etappenort des Jakobsweges. 

Die traditionsreiche Benediktinerabtei ist das Zuhause von rund vierzig Mönchen zwischen 25 und 90 Jahren und hat zwei Besonderheiten: Sie ist Territorialabtei und ein Doppelkloster. Als (seit 1947) offizielle Territorialabtei ist sie einer Diözese gleichgestellt (und gehört folglich nicht zu dem umgebenden Bistum Chur) und mit den Schwestern im Kloster Fahr seit 1130 gehört auch eine Frauengemeinschaft zum Männerkloster Einsiedeln. Abt des Klosters und Ordinarius der Territorialabtei ist Urban Federer.

Ohne den Heiligen Meinrad gäbe es das Kloster nicht

Die Geschichte des Klosters begann vor über 1.000 Jahren mit dem Heiligen Meinrad. "Ohne ihn gäbe es weder unsere Klostergemeinschaft noch den heutigen Bezirk Einsiedeln", schreiben die Brüder. Das Kloster wurde im Jahr 934 an der Stelle seiner Einsiedelei gegründet, nachdem schon zuvor Eremiten um den seligen Benno von Strassburg die Erinnerung an das vorbildiche Leben des heiligen Meinrad wachgehalten haben.

Im Jahr 835 zog sich Meinrad als Einsiedler in den Finsteren Wald zurück, um ganz für Gott da zu sein. Nach seinem gewaltsamen Tod durch die Hand zweier Räuber am 21. Januar 861 stand seine Zelle verlassen da – doch nicht für lange Zeit. In Erinnerung an sein vorbildliches Leben als Mönch und Priester folgten gottesfürchtige Männer seinem Beispiel und lebten als Einsiedler im Finstern Wald.

Die erste benediktinische Gemeinschaft

Auch Dompropst Eberhard (+958) von Strassburg wird vom Lebensbeispiel des Heiligen Meinrad angezogen, doch schwebt ihm das Ideal des benediktinischen Klosters vor Augen, in welchem das Gemeinschaftsleben und das gemeinsame Gotteslob zentral sind. So versammelt er die Einsiedler im Jahr 934 zu einer Gemeinschaft. Als Lebensregel gibt er ihr die Regel des Heiligen Benedikt (+547) und wird ihr erster Abt. Unter Abt Eberhards Führung und jener seiner beiden Nachfolger, den Äbten Thietland (+966) und Gregor (+996), entwickelt sich die junge Gemeinschaft zu einem vorbildlichen Benediktinerkloster. Zahlreiche Mönche werden zu Äbten anderer Klöster oder zu Bischöfen benachbarter Diözesen ernannt.

Frauenkloster Fahr

Im Jahr 1130 schenkt Freiherr Lüthold von Regensberg dem Einsiedlerkonvent seinen Besitz an der Limmat mit der Auflage, dort ein Frauenkloster zu errichten. Seither bilden die Konvente von Fahr und Einsiedeln ein Doppelkloster unter der Leitung des Abtes von Einsiedeln.

Söhne des Adels

Seit seiner Gründung erfreut sich das Kloster Einsiedeln des Wohlwollens und der Unterstützung lokaler Adeliger und der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Mit den großzügigen Schenkungen sind auch Herrschaftsrechte verbunden, sodass der jeweilige Klostervorsteher in den folgenden Jahrhunderten als Fürstabt über sein Gebiet regiert. Diese Verbindung von geistlichem Auftrag und weltlicher Macht ist jedoch nicht besonders förderlich für das weitere Gedeihen des Klosters. Denn seit dem 13. Jahrhundert werden nur noch Söhne des Adels ins Kloster aufgenommen, was in den folgenden Jahrhunderten zur kontinuierlichen Dezimierung des Einsiedlerkonventes führt.

Politische Wirren fügen dem Gotteshaus großen Schaden zu. Besonders zu erwähnen ist der sogenannte Marchenstreit mit den Landleuten von Schwyz, welcher in einem Überfall auf das Kloster und der Entführung der Mönche nach Schwyz in der Dreikönigsnacht des Jahres 1314 gipfelt.

Wallfahrt nach Einsiedeln

Es scheint erstaunlich, dass gleichzeitig zum inneren Niedergang des Klosters die Wallfahrt nach Einsiedeln zu großer Blüte gelangt. Die Bedeutung Einsiedelns als Wallfahrtsort knüpft über viele Jahrhunderte an die Legende der sogenannten Engelweihe an. Gemäß dieser Legende weihte Jesus Christus selbst in Gesellschaft vieler Engel und Heiligen in der Nacht auf den 14. September 948 die alte Einsiedler-Kapelle zu Ehren seiner Mutter Maria. Mit der Zeit verlagerte sich der Schwerpunkt der Wallfahrt von Christus zu dessen Mutter Maria, und Einsiedeln wurde im Laufe des Hochmittelalters zu einem Marienwallfahrtsort, zu welchem Pilger aus halb Europa kamen. Im Jahr 1466 wird das bis heute hochverehrte gotische Gnadenbild, die berühmte Schwarze Madonna von Einsiedeln, in der Kapelle gezeigt.

Schlacht zu Kappel

Am Vorabend der Reformation gehören zum Kloster Einsiedeln nur noch zwei Mönche: Diebold von Geroldseck und Abt Konrad von Hohenrechberg. Als dann Diebold von Geroldseck zum reformierten Glauben übertritt und später an der Seite von Huldrych Zwingli bei der Schlacht zu Kappel (1531) fällt, ist das Kloster dem Untergang nahe. Doch es kommt Hilfe von unerwarteter Seite: die alten Gegenspieler, die Schwyzer Führungsschicht, nehmen sich des Klosters an. Nach der Resignation des betagten Abtes Konrad von Hohenrechberg setzen sie am 14. August 1526 den Dekan des Klosters St. Gallen, Ludwig Blarer (+1544), als Abt ein.

Ein zweiter Frühling

Und das Wunder geschieht: Dem neuen Abt gelingt der Neubeginn, indem er Bürgerliche ins Kloster aufnimmt. Dieser Neuanfang braucht jedoch seine Zeit. Abt Ludwig und seine Nachfolger kämpfen hart um das Fortbestehen des Klosters. Besonders Abt Joachim Eichhorn (+1569) macht sich um den materiellen und geistigen Wiederaufbau verdient und kann als zweiter Gründer des Klosters gesehen werden. Als einziger Konzilsvater aus dem deutschsprachigen Raum nimmt er am Konzil von Trient (1545-1563) teil.

Planung des neuen Klosters

Unter Abt Augustin II. Reding von Biberegg (1625-1692), einem hochgebildeten Theologen steigt die Zahl der Mönche weiter stetig und so können zahlreiche neue Aufgaben übernommen werden.

Schließlich wird das alte Kloster aus dem Mittelalter trotz regelmäßigen Erweiterungen (1602 Bibliothek, 1659 Konventbau, 1674-1681 Chor der Klosterkirche) zu klein für die Gemeinschaft und man entschließt sich zu einem kompletten Neubau. Br. Kaspar Moosbrugger (1656-1723), der 1681 ins Kloster eingetreten ist, wird mit der Planung des neuen Klosters beauftragt. Am 31. März 1704 kann die Grundsteinlegung erfolgen.

Weihe der neuen Klosterkirche

Zehn Jahre später, nach Vollendung der Klostergebäude, wagt sich Br. Kaspar an die Planung der neuen Klosterkirche. Der Grundstein zum neuen Gotteshaus wird am 20. Juli 1721 gelegt. Die Gebrüder Cosmas Damian und Ägid Quirin Asam werden zusammen mit anderen bedeutenden Künstlern mit der Innenausstattung der Klosterkirche beauftragt. Die Klosterkirche wird am 3. Mai 1735 feierlich geweiht. Gemeinsam bilden Kirche und Kloster ein einmaliges Beispiel barocker Baukunst und zeugen noch heute vom damaligen Geist der Erneuerung.

Dunkle Wolken über dem Kloster Einsiedeln

Doch im Jahr 1798 ziehen erneut dunkle Wolken über dem Kloster auf. Das Ancien Régime der Schweizerischen Eidgenossenschaft wird von französischen Truppen zerschlagen. Am 3. Mai 1798 marschieren die Soldaten in Einsiedeln ein und plündern das Kloster mehrere Tage lang, nachdem die Mönche ihr Zuhause wenige Tage zuvor fluchtartig verlassen mussten. 

Ein Großteil flieht mit Fürstabt Beat Küttel (1733-1808) in die dem Kloster gehörende Propstei St. Gerold im Großen Walsertal (Vorarlberg). Die Schwarze Madonna wird auf abenteuerlichen Wegen über Italien nach Österreich gebracht. Erneut scheint die Zukunft des Klosters ungewiss.

Rückkehr der ersten Mönche

Doch die politische Großwetterlage ändert sich wieder. Im Jahr 1801 kehren die ersten Mönche ins Kloster zurück, am 11. Januar 1802 folgt ihnen auch Abt Beat Küttel. Die Zeiten der Fürstabtei Einsiedeln sind zwar vorbei, doch ist der Fortbestand des Klosters gesichert. Einmal mehr gibt es mühevolle Aufbauarbeit zu leisten. Das ganze Mobiliar und alle verwertbaren Materialien wurden aus dem Kloster wegtransportiert und in alle Windrichtungen zerstreut.

Auch die Gnadenkapelle haben die Revolutionstruppen niedergerissen. Diese wird zwischen 1815 und 1817 im klassizistischen Stil und – soweit wie möglich – mit der alten Bausubstanz neu errichtet.

Tochterkloster in den Vereinigten Staaten

In den folgenden Jahrzehnten entwickelt sich das Kloster sehr gut, denn tüchtige Männer treten in die Gemeinschaft ein. Es wird viel Energie in den Aufbau eines Gymnasiums investiert. Mönche sind vermehrt in der Pfarrseelsorge engagiert oder wirken als Spirituale in Frauenklöstern oder anderen kirchlichen Institutionen. Die große Zahl der Konventualen macht die Gründung eines Tochterklosters in den Vereinigten Staaten möglich. Im Bundesstaat Indiana sollen die Mönche den deutschsprachigen Einwanderern als Seelsorger dienen. Die Neugründung, die im Jahr 1870 zur eigenständigen Abtei erhoben werden kann, erhält den Namen Saint Meinrad.

Religiöses Zentrum der katholischen Schweiz

Seit Ende des 19. Jahrhunderts erlebt die Wallfahrt durch die Eisenbahn eine noch nie gekannte Hochblüte und Einsiedeln wird zum religiösen Zentrum der katholischen Schweiz.

Bestätigung der Territorialabtei

Im Januar 1947 bestätigte Papst Pius XII. dem Kloster Einsiedeln durch eine auf den 13. Dezember 1948 ausgestellte Bulle öffentlich die Rechte einer Territorialabtei. Bereits Papst Pius X. erklärte in einem Motu Proprio vom 7. Mai 1907, dass das Kloster Einsiedeln eine "Abbatia nullius" sei, also keiner bischöflichen Jurisdiktion unterstehe. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts ist der jeweilige Abt von Einsiedeln als "Ordinarius loci" mit eigener bischöflicher Jurisdiktion Mitglied der Schweizer Bischofskonferenz.

Klostergründung in Argentinien

In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg zählt die Klostergemeinschaft den Höchstbestand von knapp über 200 Mönchen. Wiederum wird eine Neugründung ins Auge gefasst, diesmal in Argentinien. 1948 wird eine Gruppe von zwölf Mönchen ausgesandt, um in Los Toldos, etwa 500 km westlich von Buenos Aires, ein neues Kloster zu gründen.

Gleichberechtigung

Am Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) nehmen zwei Einsiedler Mönche als Konzilsväter teil: Abt Raymund Tschudi (1914-2011) und Abtprimas Benno Gut (1897-1970). In den Jahren nach dem Konzil bemüht man sich, das Klosterleben den Bestimmungen des Konzils anzupassen. In diesen Jahren erlebt das Leben im Kloster große Veränderungen: In der Messe und im Chorgebet wird die deutsche Sprache eingeführt, doch man bemüht sich gleichzeitig, dem Latein weiterhin eine wichtige Rolle in der klösterlichen Liturgie beizumessen. Im Kloster versucht man so, einen Mittelweg zu gehen, und vermeidet Extrempositionen in beide Richtungen. 

"Dem Ringen um diesen Mittelweg verdanken wir die heutige Liturgie, wegen der viele Gläubige nach Einsiedeln kommen", schrieben die Mönche auf Ihrer Webseite. Die entscheidendste im Kontext des Konzils vorgenommene Änderung im Klosteralltag ist sicher die Gleichberechtigung von Laienbrüdern und Priestermönchen. Das Kloster besteht nun nicht mehr aus zwei getrennten Gruppen von Brüdern und Patres, sondern aus einer Gemeinschaft bestehend aus Brüdern und Patres.

Besuch von Papst Johanes Paul II.

Im Jahr 1984 ehrt Papst Johanes Paul II. das Kloster mit seinem Besuch. Sein mehrtägiger Aufenthalt im Heiligtum Unserer Lieben Frau von Einsiedeln ist Teil seiner Pastoralreise in die Schweiz, welche vom 12. bis 17. Juni 1984 dauert. Höhepunkt seiner Zeit im Finstern Wald ist die feierliche Weihe des neuen Hochaltares im Chor der Klosterkirche am 15. Juni 1984.

Heute zählt die Einsiedler-Klostergemeinschaft rund vierzig Mönche. Diese sind tätig in Schule, Wallfahrts- und Pfarreiseelsorge und verrichten zahlreiche Arbeiten innerhalb des Klosters. "Die Mönche versuchen, das Evangelium Jesu Christi und die Regel des Heiligen Benedikt in der heutigen Zeit zu leben und so einen Ort zu gestalten, der Menschen dazu einlädt, hier Gott zu begegnen", So die Mönche.

(Kloster Einsiedeln, KNA)