Gewalt erschüttert Ecuador

Ecuador, Guayaquil: Soldaten umringen das Gebäude des Fernsehsenders TC, nachdem Bewaffnete während einer Live-Übertragung in die Räumlichkeiten des Fernsehsenders eingedrungen sind / © Stringer (dpa)
Ecuador, Guayaquil: Soldaten umringen das Gebäude des Fernsehsenders TC, nachdem Bewaffnete während einer Live-Übertragung in die Räumlichkeiten des Fernsehsenders eingedrungen sind / © Stringer ( dpa )

Entsetzen über den jüngsten Gewaltausbruch in Ecuador: Mehr als 300 Journalisten aus ganz Lateinamerika haben den jüngsten Überfall auf ein TV-Studio während einer Live-Sendung scharf kritisiert. Vermummte Bewaffnete waren am Dienstag (Ortszeit) vor laufenden Kameras in das Studio von "TC Television" eingedrungen und hatten Journalisten, Mitarbeiter und Anwesende bedroht. Auch an anderen Orten im Land kam es zu Gewalt, teils mit Toten und Verletzten.

Der Interamerikanische Presseverband (SIP) forderte in einer Erklärung, der Angriff müsse umfassend untersucht und aufgeklärt werden. Den Sicherheitskräften gelang es nach dem Vorfall, das Sendergebäude zu räumen und die Angreifer festzunehmen. Insgesamt kamen allein am Dienstag 70 Personen in Haft. 

In der SIP-Erklärung heißt es: "Dies ist ein weiteres Beispiel dafür, wie das organisierte Verbrechen die Presse ins Visier nimmt. Ecuador beendete 2023 als das gewalttätigste Land in Lateinamerika. In diesem Jahr mussten neun Journalisten ins Exil gehen, eine noch nie dagewesene Zahl in unserer Geschichte." Morddrohungen hätten sich fast verdreifacht; auch bewaffnete Angriffe auf Journalisten hätten zugenommen.

Am Dienstag kamen in der Hafenstadt Guayaquil zudem bei Bandenkämpfen mindestens acht Menschen ums Leben; etliche weitere wurden verletzt.

Vorübergehend hatten Bewaffnete neben Räumlichkeiten des staatlichen Fernsehens auch mehrere Krankenhäuser besetzt und Mitarbeiter als Geiseln genommen, ehe Polizei und Militär die Einrichtungen wieder unter Kontrolle brachten. Auch die Universität war Ziel von Angriffen. Angefangen hatten die Gefechte und Geiselnahmen in Haftanstalten; dabei gelang Berichten zufolge dem berüchtigten Bandenchef Adolfo Macias alias "Fito" die Flucht.

Auch die katholische Kirche meldete sich zu Wort. "Gewalt wird sich nicht durchsetzen", hieß es in einer Stellungnahme der Ecuadorianischen Bischofskonferenz (Dienstag Ortszeit). Wer gegen das Gesetz verstoße, verrate seine Heimat und versündige sich gegen Gott. Gewalt, egal von welcher Seite, sei abzulehnen, erklärten die Bischöfe. Panik helfe indes nur den Tätern.

Ecuador wird seit Monaten von extremen Gewaltausbrüchen unter anderem in den Haftanstalten des Landes erschüttert. Den Wahlkampf 2023 überschattete die Ermordung des Präsidentschaftskandidaten Fernando Villavicencio. Ecuadors erst seit wenigen Wochen amtierender Präsident Daniel Noboa hat zu Wochenbeginn den Ausnahmezustand verhängt.

Er erklärte, das Land leide unter einem internen bewaffneten Konflikt. Armee und Polizei wurde mit einer Art Vorab-Amnestie freie Hand erteilt, um gegen bewaffnete Banden vorzugehen und die Sicherheit wiederherzustellen. Zahlreiche Regierungschefs, darunter auch Präsident Gustavo Petro aus dem Nachbarland Kolumbien, sagten Ecuadors Regierung politische Unterstützung zu. (kna/11.01.2024)