Die Verhandlungen bei der Weltklimakonferenz drohen zu scheitern.
EU-Klimakommissar Hoekstra warnt: "Unter keinen Umständen" werde man eine Abschlusserklärung ohne Fahrplan zum Ausstieg aus fossilen
Energien akzeptieren.
Kurz vor dem geplanten Abschluss der Weltklimakonferenz in Belém hat sich am Freitag in zentralen Punkten noch keine Einigung
abgezeichnet. Die Europäische Union und weitere Staaten drohten am offiziell letzten Verhandlungstag damit, einer Abschlusserklärung
ohne Fahrplan für eine Abkehr von Kohle, Öl und Gas nicht zuzustimmen.
"Unter keinen Umständen werden wir das akzeptieren", sagte EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra laut Manuskript in einer
nichtöffentlichen Sitzung am Mittag (Ortszeit) über den Entwurf für die Abschlusserklärung.
Auch Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) hatte zuvor betont: "So kann der Text nicht bleiben. Wir brauchen mehr konkrete
Fortschritte für den Klimaschutz." Die brasilianische Präsidentschaft hatte in der Nacht auf Freitag einen neuen Entwurf für eine
Abschlusserklärung vorgelegt.
Das als "Mutirão" ("kollektive Anstrengung") bezeichnete Papier enthielt weder den geforderten Fahrplan noch erwähnt es fossile Energien überhaupt.
Entwurf "schlicht inakzeptabel"
Oxfam-Experte Jan Kowalzig nannte den Entwurf "schlicht inakzeptabel". Jetzt müsse Europa im Bündnis mit den lateinamerikanischen Ländern und den kleinen Inselstaaten "den Erfolg noch retten", sagte der Klima-Experte dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dafür müsse die EU China gewinnen und die Gruppe der arabischen Länder isolieren, sodass sie nicht mehr im Weg stehen könnten.
Bei den Klimakonferenzen werden die Entscheidungen nach dem Konsensprinzip getroffen. Damit reicht das Veto eines Landes, um
einen Beschluss zu verhindern. Vor allem das Öl-Exportland Saudi-Arabien, aber auch Russland wehren sich gegen ambitionierte
Beschlüsse.
Kolumbien fordert einen konkreten Zeitplan
Rund 30 Staaten, zu denen auch Staaten wie Kolumbien, Honduras und der pazifische Inselstaat Palau gehören, forderten die brasilianische
COP-Präsidentschaft in einem Brief auf, einen überarbeiteten Vorschlag vorzulegen, "der die Ansichten der Mehrheit widerspiegelt
und dem Prozess wieder Balance, Ambition und Glaubwürdigkeit verleiht".
Die kolumbianische Umweltministerin Irene Vélez Torres forderte einen konkreten Zeitplan. "Wir müssen diese COP mit einer globalen
Roadmap verlassen, die unsere gemeinsamen Anstrengungen zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen nicht nur symbolisch, sondern konkret
leitet", sagte sie. Ralph Regenvanu, Klimaminister des pazifischen Inselstaats Vanuatu, mahnte: "Wir brauchen eine Gruppe von Staaten,
die das möglich macht."
Zweites Streitthema: Finanzierung für Anpassungsmaßnahmen
In dem neuen Entwurf für die Abschlusserklärung wurde auch zu Bemühungen aufgerufen, die Hilfe bei der Anpassung an den Klimawandel
für Entwicklungsländer ausgehend von dem Niveau von 2025 bis 2030 zu verdreifachen. Die Klima-Expertin von "Brot für die Welt", Sabine
Minninger, bezeichnete die Passage als "Mogelpackung, die weit an den Bedarfen der ärmsten Staaten vorbeigeht". Denn die Finanzierung auf
dem Niveau von 2025 sei bisher nicht bekannt - und schon 2023 hätten die reichen Länder mit nur 26 Milliarden US-Dollar viel zu wenig
gezahlt.
Die ärmeren Länder fordern 120 Milliarden US-Dollar (103 Milliarden Euro) jährlich bis 2030. Hoekstra machte in seiner Rede vor den Verhandlern deutlich: Wenn die Staatengemeinschaft sich für einen stärkeren Klimaschutz einsetze, "dann können Sie von der EU erwarten, dass sie bei der Finanzierung von Anpassung über ihre Komfortzone hinausgeht".
Verlängerung ist wahrscheinlich
Bei dem Klimagipfel verhandeln mehr als 190 Länder seit dem 10. November über Maßnahmen für ambitionierteren Klimaschutz und zur
Anpassung an den Klimawandel. Das Treffen sollte offiziell am Freitag um 18 Uhr Ortszeit enden. Eine Verlängerung wie in den Vorjahren
zeichnete sich ab.
Am Donnerstagnachmittag war auf dem Veranstaltungsgelände im Bereich der Länderpavillons ein Feuer ausgebrochen, die genaue
Ursache war unklar. Das gesamte Gelände wurde zwischenzeitlich evakuiert und die Konferenz unterbrochen. (Lena Köpsell/epd)