Ex-Präsident der vatikanischen Finanzaufsicht Brülhart befragt

Rene Brülhart / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Rene Brülhart / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Im Strafprozess zum Finanzskandal im Vatikan hat der angeklagte Ex-Präsident der Finanzaufsicht AIF, Rene Brülhart, sein Unverständnis über die Vorwürfe gegen ihn deutlich gemacht.

Seine Rolle als Präsident sei "nicht-exekutiv", "nicht-operativ" gewesen und unabhängig von seiner Beratertätigkeit für das Staatssekretariat, erklärte der Schweizer Finanzexperte zu Beginn seiner Befragung am Dienstag. Die AIF habe zudem nie eine Aufsichtsrolle über das Staatssekretariat gehabt. "Ich sehe keinen Interessenskonflikt", so Brülhart weiter.

Er sei als externer Berater engagiert worden aufgrund seiner Expertise in internationalen Finanzangelegenheiten und Anti-Geldwäsche-Regularien und dann zum AIF-Präsidenten ernannt worden, im Wissen aller, dass er gleichzeitig beratend tätig war.

"Ich wurde vom Heiligen Vater als Präsident der AIF ernannt", führte Brülhart weiter aus, der mit einer Übersetzerin seine Befragung auf Englisch bestritt. Brülhart wird im Prozess Amtsmissbrauch vorgeworfen.

In der teils scharfen und redundanten Befragung, die mehrere Stunden dauerte, ging es vorrangig um die Frage des Interessenskonflikts von Brülhart in seinen Rollen als AIF-Chef und Berater des Staatssekretariats. Zudem wurde danach gefragt, was er über einzelne Zahlungsvorgänge und eventuelle Unregelmäßigkeiten wusste und welche Beziehungen er zu den Mitangeklagten hatte. Wiederholt wurden Brülhart Briefe vorgelegt, auf die er eingehen sollte. Teilweise wies der Vorsitzende Richter Giuseppe Pignatone die Fragen als unzulässig zurück. Zivilkläger sind unter anderen das Staatssekretariat, die sogenannte Vatikanbank IOR sowie die Finanzaufsicht, die heute ASIF heißt.

In dem Prozess um finanzielle Unregelmäßigkeiten und Verluste von rund 270 Millionen Euro beim Erwerb einer Immobilie in London sind Brülhart und der damalige AIF-Direktor, Tommaso di Ruzza, angeklagt.

Weitere Angeklagte sind Kardinal Giovanni Angelo Becciu und sein damaliger Sekretär Mauro Carlino. Beide haben in Befragungen bereits ihre Unschuld beteuert. Carlino bekräftigte, dass er als "Mann Gottes" nur Anweisungen befolgt habe.

Als weitere Angeklagte noch zu befragen sind die selbsternannte Sicherheitsberaterin Cecilia Marogna, die italienischen Finanzmakler Enrico Crasso und Gianluigi Torzi, der Fondsmanager Raffaele Mincione, der Rechtsanwalt Nicola Squillace sowie Finanzvermittler Fabrizio Tirabassi. Nicht angeklagt, sondern Hauptzeuge ist Alberto Perlasca, der als Verwaltungsleiter im Staatssekretariat bis 2019 Finanzaktionen übersah.

Ein besonderes Augenmerk liegt auf Kardinal Becciu. Dieser hatte von 2012 bis 2018 als Substitut eine Schlüsselrolle in der Behörde.

Unregelmäßigkeiten bei Überweisungen in Beccius Heimatbistum und die dortige Caritas sowie Zahlungen an die selbsternannte Sicherheitsberaterin Marogna sind ebenfalls Thema im Prozess. Becciu werden Veruntreuung und Amtsmissbrauch sowie Verleitung zur Falschaussage vorgeworfen. Ende April werden die Befragungen fortgesetzt. (KNA, 05.04.2022)