Die Flutkatastrophe im Juli 2021 und ihre Nachwehen

Nach der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen / © Marius Becker/dpa (dpa)
Nach der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen / © Marius Becker/dpa ( dpa )

Bei der Flutkatastrophe im Juli 2021 im Westen Deutschlands kommen allein in Rheinland-Pfalz mindestens 136 Menschen ums Leben.  In Nordrhein-Westfalen sterben bei Hochwasser nach extremem Starkregen 49 Menschen; mit 180 Städten und Gemeinden ist fast die Hälfte der Kommunen betroffen. Eine Chronologie der Ereignisse:

11.7.: Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnt am Vormittag vor extremem Starkregen mit bis zu 200 Litern Regen pro Quadratmeter innerhalb von 60 Stunden. Eine genaue Vorhersage, wo die riesigen Mengen niedergehen werden, ist nicht möglich.

14.7.: Der Pegelstand der Ahr steigt. Der Kreis Ahrweiler im Norden von Rheinland-Pfalz ruft die zweithöchste Alarmstufe aus, 23 Minuten zuvor hatte das Landesumweltamt schon die höchste Warnstufe ausgerufen. Der Landrat von Ahrweiler, Jürgen Pföhler, und der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz besuchen die Einsatzzentrale des Krisenstabs in der Kreisbehörde. Anschließend verlassen sie den Krisenstab und kehren nicht mehr zurück. Am späten Abend empfiehlt der Kreis Ahrweiler eine Evakuierung der Häuser in Gebieten an der Ahr. In NRW gehen an dem Tag zahlreiche Notrufe ein, Hänge rutschen weg. Immer mehr Kommunen sind betroffen, größere Evakuierungen beginnen. Zwei Feuerwehrmänner ertrinken bei Einsätzen.

15.7.: Im Ahrtal kommt es zu dramatischen Szenen, die Wassermassen reißen ganze Häuser mit, Menschen flüchten verzweifelt auf Dächer. Die Polizei spricht nachmittags von etwa 18 Toten im Raum Bad Neuenahr-Ahrweiler, die Zahl steigt. Auch in NRW verwandeln sich Flüsse und Bäche in reißende Ströme. Immer mehr Opfer werden entdeckt, am Abend geht man von mindesten 30 Toten aus. Teile des Bahnverkehrs werden eingestellt, auch viele Straßen gesperrt. Mancherorts bricht die Stromversorgung zusammen. Das Leverkusener Klinikum wird geräumt. Die Bundeswehr hilft mit Panzern und Hubschraubern. Mehrere Kreise rufen den Katastrophenfall aus.

17.7.: NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) lacht während einer Rede des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier in Erftstadt. Ein fataler Fehler, der als Mitgrund für seine spätere Niederlage als CDU-Kanzlerkandidat bei der Bundestagswahl gilt.

20.7.: Kanzlerin Merkel (CDU) zeigt sich tief erschüttert beim Besuch des Katastrophengebiets in Bad Münstereifel im Süden von NRW.

6.8.: Die Staatsanwaltschaft Koblenz gibt bekannt, dass sie gegen Landrat Pföhler ermittelt. Es geht um den Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung durch Unterlassen.

1.10.: Die politische Aufarbeitung der Flutkatastrophe beginnt mit der ersten Sitzung des Landtagsuntersuchungsausschusses in Mainz. Das Gremium soll auch mögliches Behördenversagen aufdecken.

27.10.: Eine Enquete-Kommission des Landtags nimmt die Arbeit auf. Sie soll Gründe, Ablauf und Folgen des verheerenden Hochwassers analysieren und Empfehlungen für einen besseren Katastrophenschutz, aber auch für Anpassungen an den Klimawandel erarbeiten.

31.10.2021: Landrat Pföhler wird in den Ruhestand versetzt. Nach der Flutkatastrophe hatte er sich zunächst krankschreiben lassen und dann einen Antrag auf dauerhafte Dienstunfähigkeit gestellt. Einen Rücktritt hatte er abgelehnt.

11.4.2022: Die Grünen-Politikerin Anne Spiegel tritt als Bundesfamilienministerin zurück. Zum Zeitpunkt der Flutkatastrophe war sie Umweltministerin in Rheinland-Pfalz. Sie stand unter anderem wegen eines längeren Familienurlaubs in der Kritik, den sie zehn Tage nach der Flut angetreten hatte, was erst Monate später bekannt wurde. (dpa/14.07.2022)