Der Mont Saint-Michel – Stationen der normannischen Klosterinsel aus 1.300 Jahren

Die Abtei Mont-Saint-Michel auf dem gleichnamigen Klosterberg am 24. März 2020. / © Jean-Matthieu Gautier (KNA)
Die Abtei Mont-Saint-Michel auf dem gleichnamigen Klosterberg am 24. März 2020. / © Jean-Matthieu Gautier ( KNA )

Der Mont Saint-Michel nahe der Grenze zwischen Normandie und Bretagne ist ein einzigartiges Denkmal mittelalterlicher Kloster- und Festungsarchitektur, Teil des Unesco-Weltkulturerbes. Jährlich kommen unzählige Besucher zu der einstigen Klosterinsel. Die Geschichte des Mont Saint-Michel beginnt in einem Gespinst aus Legenden und Mythen. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) stellt wichtige Stationen vor:

  • 708: Der Erzengel Michael erscheint dem heiligen Bischof Autbert von Avranches im Traum und weist ihm nachdrücklich den Ort für die Gründung eines Kirchleins auf dem ehemaligen Totenberg der Kelten inmitten der Wälder von Scissy. Autbert lässt aus Süditalien Reliquien zur Ausstattung der Kirche holen. Doch kurz darauf sucht die große Flut von 709 die Küste der Normandie heim. Bei ihrer Rückkehr finden die Emissäre anstelle von Wäldern nur noch ein nacktes Eiland aus Granit inmitten von Sand. Dennoch errichten sie ihre Kirche für anfangs zwölf Kanoniker.
  • 9. Jahrhundert: Von Beginn an zieht der Michaelsberg Pilger aus allen Himmelsrichtungen an; zudem bietet die Abtei Schutz gegen die Wikinger. So entsteht im neunten Jahrhundert ein Dorf am Fuße des Klosters
  • 966: 30 Benediktiner aus dem Reformkloster Saint-Wandrille werden eingesetzt.
  • 1017: Die karolingische Kirche wird zur Krypta Notre-Dame-sous-Terre umgebaut - die eigentliche Grundsteinlegung des steinernen Gebirges. Auf dem Unterbau von vier solcher Krypten ruht die gigantische Konstruktion bis heute.
  • 1023: Die Arbeiten an der heutigen, ursprünglich siebenjochigen Abteikirche beginnen.
  • 1. Jahrhundert: Die Klosterinsel entwickelt sich zur meistbesuchten Wallfahrtsstätte Frankreichs nach dem Grab des heiligen Martin in Tours. Von Wilhelm dem Eroberer wird sie mit Geschenken überhäuft.
  • 1228: Anfang des 13. Jahrhunderts gelingt eines der großen architektonischen und logistischen Meisterwerke des Mittelalters: die dreigeschossigen gotischen Gebäude der "Merveille" (Wunder), gekrönt von einem Kreuzgang mit 227 Säulen.
  • 1421: weitgehender Einsturz des Chores 
  • 1780: Jedem Eindringling hielt die Gottesburg stand. Doch nach Jahrhunderten geistlichen Niedergangs stürzten drei Joche der Kirche ein. König Ludwig XVI. macht Teile des Klosters zum Staatsgefängnis.
  • 1790: Revolutionstruppen beenden das religiöse Leben. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts bleibt der Michaelsberg dunkle Haftanstalt - und wird danach Objekt romantischen Schwärmertums und schließlich des Tourismus. Seit 1874 steht er unter Denkmalschutz.
  • 1879: Die Insel wird durch einen Straßendamm mit dem Festland verbunden und so touristisch erschlossen. Allerdings können durch diese Zufahrt die angelandeten Sedimente bei Hochwasser nicht mehr abfließen. Über ein Jahrhundert verlanden jedes Jahr 200 Hektar Fläche; die Insel wird mehr und mehr Teil des Festlands. 
  • 1888: Meisterköchin Annette Poulard, eine der ersten weiblichen Küchenchefs in Frankreich, gründet das legendäre Hotelrestaurant "La Mere Poulard". Maggie Thatcher und Francois Mitterrand aßen hier ein Omelette zusammen; Ernest Hemingway, Pablo Picasso oder der britische Feldmarschall Bernard Montgomery dinierten in dem Traditionshaus. 
  • 1966: Es ziehen wieder Ordensleute auf den Mont Saint-Michel: zunächst Benediktiner, seit 2001 die Fraternite Monastique de Jerusalem.
  • 1995-2015: Ein mehrere hundert Millionen Euro teures Renaturierungsprogramm macht die Bausünden seit 1879 rückgängig. Durch eine neue Stauanlage und die Wasserkraft des Flüsschens Couesnon wird seither mit Hochdruck Sand aus der Bucht geschwemmt. 
  • 2012: Die großen Parkplätze für Busse und Tagestouristen werden ins Hinterland verlagert; ein 760 Meter langer, mäandernder Steg führt Fußgänger, Kleinbusse und Pferdekutschen zur Insel. Damit entsteht wieder ein wenig mehr von jenem Eindruck, den einst mittelalterliche Pilger hatten, wenn sie sich dem "Heiligen Berg" nach oft wochenlanger Wallfahrt näherten.
  • 2016: Die vergoldete Bronzestatue des heiligen Michael auf der Turmspitze ist erneuert. Der metallene Michael, seines Zeichens Hüter am Himmelstor, dient hier auch als Blitzableiter.