Der "Fall Gaillot" kirchenrechtlich

Jaques Gaillot / © Gil Fornet (KNA)
Jaques Gaillot / © Gil Fornet ( KNA )

Das Recht zur Absetzung eines Bischofs aus "schwerwiegenden Gründen" liegt laut dem Kirchlichen Gesetzbuch (Codex Juris Canonici, CIC) von 1983 beim Papst als dem Inhaber der obersten Leitungsgewalt in der Kirche (Can. 331ff CIC). Dieser ist dabei nicht an eine bestimmte Form gebunden. Auch das Urteil und die Entscheidung darüber, ob für eine Ab- oder Versetzung eines Bischofs "schwerwiegende Gründe" gegeben sind, liegen allein beim Papst.

Im Fall von Bischof Jacques Gaillot verzichtete der Vatikan bzw. Papst Johannes Paul II. im Januar 1995 (nach Befragung der zuständigen Bischofskongregation) formal auf eine Amtsenthebung und nahm im Sinne der Canones 190f eine "Versetzung" vor - gegen den Willen des Betroffenen. Diese "Versetzung" erfolgte auf einen nicht mehr bestehenden Bischofssitz (Titularbistum).

Gaillot war somit nicht generell vom Bischofsamt enthoben oder suspendiert, sondern von seinen Befugnissen als Diözesanbischof entbunden und gleichsam zum Weihbischof ohne Zuständigkeit zurückgestuft. Dies werteten damals einige Kirchenrechtler als eine "Verwaltungsmaßnahme" Roms, nicht als eine Strafe, der ein Prozess hätte vorausgehen müssen. Allerdings kam die Versetzung im Ergebnis einer Absetzung gleich.

Gaillot blieben zwar seine ihm durch die Bischofsweihe verliehenen Rechte erhalten; eine Leitungsgewalt besaß er aber nicht mehr. Die Entscheidung des Papstes fiel nach Gesprächen Gaillots mit den Vorsitzenden der Französischen Bischofskonferenz sowie nach mehreren Unterredungen mit der römischen Bischofskongregation (1987, 1992, 1995) und mit dem Papst selbst.

Wie im CIC als ein Weg vorgesehen, wurde Gaillot schließlich zum Amtsverzicht aufgefordert - was dieser aber ablehnte. Erst dann erfolgte die Entbindung von seinem Bistum. Soweit Vorwürfe gegen Gaillot benannt wurden, zielten sie vor allem auf die "Art seiner Amtsausübung" sowie auf Verstöße gegen die kirchliche Gemeinschaft. (kna)