Chronologie der Ereignisse im Erzbistum Köln

Dunkle Wolken über dem Erzbistum Köln (shutterstock)
Dunkle Wolken über dem Erzbistum Köln / ( shutterstock )

25. September 2018: Die Deutsche Bischofskonferenz stellt eine bundesweite Studie zu Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Geistliche vor. In den Kirchenakten von 1946 bis 2014 fanden die Autoren Hinweise auf bundesweit 3.677 Betroffene sexueller Übergriffe und 1.670 beschuldigte Priester, Diakone und Ordensleute. Im Erzbistum Köln verzeichnen sie mindestens 135 Betroffene und 87 beschuldigte Priester.

13. Dezember 2018: Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki beauftragt die Münchener Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW), in einem Gutachten zu prüfen, ob die Diözesanverantwortlichen bei Missbrauchsfällen im Einklang mit kirchlichem und staatlichem Recht handelten und ob ihr Vorgehen dem kirchlichen Selbstverständnis entsprach. Rechtsverstöße und hierfür Verantwortliche seien möglichst konkret zu benennen.

10. März 2020: Das Erzbistum sagt die für den 12. März 2020 geplante Vorstellung des Gutachtens überraschend ab. Die vorgesehene Nennung von Verantwortlichen müsse noch "äußerungsrechtlich" abgesichert werden. Befürchtet werden Rechtsstreitigkeiten mit ehemaligen oder aktiven Entscheidungsträgern.

23. September 2020: Die "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" veröffentlicht Teile des WSW-Gutachtens, wonach der Hamburger Erzbischof Stefan Heße in seiner Zeit als Personalchef im Erzbistum Köln Missbrauchsfälle vertuscht haben soll. Ihm wird "fehlendes Problembewusstsein" gegenüber Opfern vorgeworfen. Heße weist die Anschuldigungen zurück.

30. Oktober 2020: Das Erzbistum Köln teilt mit, dass das WSW-Gutachten nicht veröffentlicht werden soll. Dabei beruft es sich auf andere Gutachter wie den Richter am Frankfurter Oberlandesgericht, Matthias Jahn, wonach die Untersuchung "methodische Mängel" enthalte. Der Kölner Strafrechtler Björn Gercke bekommt den Auftrag für ein neues Gutachten.

18. November 2020: Die inzwischen zurückgetretenen Sprecher des Betroffenenbeirats im Erzbistum Köln, Patrick Bauer und Karl Haucke, werfen Woelki in einem Zeitungsbeitrag "erneuten Missbrauch von Missbrauchsopfern" vor. Die Zustimmung des Gremiums zur Absage der Veröffentlichung des WSW-Gutachtens sei unter Druck gefallen und der Rat "völlig überrannt" worden.

20. November 2020: Heße bittet den Vatikan, nach Veröffentlichung der Kölner Studie über seine Zukunft als Hamburger Erzbischof zu entscheiden. Sein Amt als Geistlicher Assistent des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) lässt er zunächst ruhen.

28. November 2020: Woelki und Generalvikar Markus Hofmann kündigen an, das WSW-Gutachten Betroffenen oder Journalisten "im rechtlich möglichen Rahmen" zugängig zu machen, wenn das Gercke-Gutachten vorgestellt ist. Zugleich kündigen sie die Gründung einer unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung der Missbrauchsfälle an.

10. Dezember 2020: Der "Kölner Stadt-Anzeiger" veröffentlicht den Missbrauchsfall des Priesters O. und erhebt Vorwürfe gegen Kardinal Woelki. Er soll kurz nach seinem Amtsantritt als Erzbischof 2014 von dem Fall erfahren, ihn aber nicht nach Rom gemeldet haben. O. soll sich in den 70er Jahren an einem Jungen im Kindergartenalter vergangen haben.

24./25. Dezember 2020: Kardinal Woelki bittet in der Christmette Gläubige und Betroffene um Verzeihung dafür, dass sie in den vergangenen Wochen Kritik an seiner Person wegen der Nichtveröffentlichung des Gutachtens hätten ertragen müssen.

30. Dezember 2020: Mit Klaus Koltermann aus Dormagen fordert erstmals ein Pfarrer aus dem Erzbistum den Rücktritt Woelkis. In den folgenden Wochen kritisieren weitere Geistliche in zwei Brandbriefen sowie mehrere Kirchengemeinden den Kardinal für sein Handeln in Sachen Missbrauch.

5. Januar 2021: Ein Hintergrundgespräch des Erzbistums, bei dem Pressevertreter Einblick in das teils geschwärzte WSW-Gutachten bekommen sollten, wird abgebrochen, nachdem sich die acht eingeladenen Journalisten weigern, eine Verschwiegenheitserklärung zu unterzeichnen.

29. Januar 2021: Der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Köln setzt seine Zusammenarbeit mit Kardinal Woelki aus und lässt seine Mitarbeit an der laufenden Neuausrichtung der Diözese ruhen.

4. Februar 2021: Kardinal Woelki räumt erstmals Fehler bei der Missbrauchsaufarbeitung und im Umgang mit Betroffenen ein und wiederholt dies in der Folgezeit mehrfach.

18. März 2021: Das Gercke-Gutachten wird veröffentlicht. Es wirft früheren und amtierenden Verantwortungsträgern des Erzbistums Köln insgesamt 75 Pflichtverletzungen vor. Darunter sind der Hamburger Erzbischof Stefan Heße und der Kölner Weihbischof Dominikus Schwaderlapp. Sie bieten noch am selben Tag Papst Franziskus ihren Rücktritt an. Bei Kardinal Woelki erkennt die Studie keine Pflichtverletzungen - auch nicht im Fall des Priesters O.

19. März 2021: Auch der Kölner Weihbischof Ansgar Puff, dem das Gutachten in einem Fall eine Pflichtverletzung nachweist, wird auf eigenen Wunsch beurlaubt.

22. März 2021: Zum künftigen Umgang mit Missbrauchsfällen stellt Generalvikar Markus Hofmann einen Acht-Punkte-Plan für das Erzbistum Köln vor. Einen Rücktritt lehnt Kardinal Woelki explizit ab.

25. März 2021: Das zurückgehaltene WSW-Gutachten liegt für Journalisten, Betroffene und Interessierte zur beschränkten Einsichtnahme aus.

28. April 2021: Die "Bild"-Zeitung veröffentlicht einen Bericht, nach dem Woelki 2017 den Geistlichen D. zum stellvertretenden Stadtdechanten von Düsseldorf ernannt hat, obwohl er von früheren Vorwürfen sexueller Übergriffe durch den Priester gewusst habe. Woelki dementiert. Zum Zeitpunkt der Ernennung sei lediglich ein nicht strafbarer Vorfall eindeutig belegt gewesen.

23. Mai 2021: 140 Mitglieder der Düsseldorfer Gemeinde Sankt Margareta fordern in einem Offenen Brief, dass Woelki eine anstehende Firmung in der Pfarrei nicht selbst spendet sondern an einen Vertreter überträgt. Sie halten den Kardinal laut ihrem Schreiben nicht mehr für glaubwürdig.

26. Mai 2021: Eine E-Mail beinahe aller Stadt- und Kreisdechanten des Erzbistums an Kardinal Woelki wird bekannt. Darin kritisieren die führenden Geistlichen die Missbrauchsaufarbeitung.

27. Mai 2021: Woelki kommt zum Gespräch in die Düsseldorfer Gemeinde Sankt Margareta. Vor dem Veranstaltungsort haben sich Demonstranten versammelt, die dem Kardinal Rote Karten entgegenstrecken.

28. Mai 2021: Papst Franziskus ordnet eine Apostolische Visitation für das Erzbistum Köln an. Woelki begrüßt den Schritt und sagt Unterstützung zu.

15. Juni 2021: Die Apostolischen Visitatoren Anders Kardinal Arborelius und Bischof Hans van den Hende haben ihre Untersuchungen im Erzbistum Köln beendet und erstatten in der Folge Papst Franziskus Bericht.

15. September 2021: Papst Franziskus nimmt den Rücktritt von Erzbischof Heße nicht an. Der Hamburger Erzbischof hatte nach Veröffentlichung der Kölner Studie angeboten, auf sein Amt zu verzichten. Da Heße seine Fehler "in Demut" anerkannt habe, habe der Papst dies abgelehnt, hieß es von der Apostolischen Nuntiatur.

24. September 2021: Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki kann nach einer päpstlichen Prüfung im Amt bleiben. Papst Franziskus hat Woelki auf dessen eigenen Wunsch aber eine mehrmonatige Bedenkzeit verordnet, heißt es in der Erklärung des Heiligen Stuhls, die am Freitag über die katholische Deutschen Bischofskonferenz veröffentlicht wurde. Diese Bedenkzeit soll Mitte Oktober beginnen und bis Anfang März 2022 dauern, heißt es weiter. Bis zu seiner Rückkehr wird S.E. Mons. Rolf Steinhäuser als Apostolischer Administrator sede plena die ordnungsgemäße Verwaltung sicherstellen und vor allem Sorge dafür tragen, dass das Erzbistum seinerseits in einen geistlichen Prozess der Versöhnung und Erneuerung findet.

Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Gutachtens baten die beiden Kölner Weihbischöfe Ansgar Puff und Dominikus Schwaderlapp den Papst um ihren Rücktritt. In beiden Fällen hat der Papst entschieden, sie im Amt zu belassen, wie aus der Erklärung hervorgeht. Schwaderlapp hat darum gebeten, vor seiner Rückkehr in den Dienst als Weihbischof im Erzbistum Köln, für ein Jahr als Seelsorger in der Erzdiözese Mombasa, in Kenia, arbeiten zu dürfen. Der Heilige Vater hat dieser Bitte entsprochen.

18. November 2021: Bei einer Bußfeier im Kölner Dom hat das Erzbistum Köln Schuld wegen der Missbrauchsfälle in der Kirche bekannt. "Von Priestern und weiteren kirchlichen Mitarbeitern unseres Bistums ist eine große Zahl von Verbrechen sexualisierter Gewalt an Schutzbefohlenen verübt worden", sagte Übergangsverwalter Rolf Steinhäuser am Donnerstag. "Ich kann mich nicht für die Täter entschuldigen." Jeder könne nur seinen eigenen Teil der Verantwortung übernehmen. "Ich habe die Betroffenen nicht im Blick gehabt. Das ist mein Versagen und meine Sünde", bekannte der Weihbischof, der derzeit Erzbischof Rainer Maria Woelki in dessen Auszeit vertritt.

Er habe noch nie erlebt, dass ein Gottesdienst im Vorfeld so heftig umstritten gewesen sei, sagte Steinhäuser. Als "Chef der Täterorganisation Erzbistum Köln" habe er die Feier aber nicht absetzen oder auf später verschieben wollen. Es gehe um Schuldbekenntnis, Gedächtnis der Betroffenen und Fürbitte.

7. Dezember 2021: Steinhäuser veranlasst eine kirchenrechtliche Untersuchung der Auftragsvergabe an Juristen und Kommunikationsberater durch Woelki und seinen Generalvikar Markus Hofmann. Kurz zuvor hatte das Erzbistum bekanntgegeben, dass der Kardinal für Gutachter, Medienanwälte und Kommunikationsberater im Zuge der Missbrauchsaufarbeitung rund 2,8 Millionen Euro ausgegeben hatte.

1. März 2022: Übergangsverwalter Steinhäuser verabschiedet sich mit einer Videobotschaft. In den vergangenen knapp fünf Monaten seien die Probleme in Deutschlands mitgliederstärkster Diözese nicht gelöst worden, sagt er darin.

2. März 2022: Woelki kehrt aus seiner Auszeit zurück und gibt zugleich bekannt, dass er dem Papst seinen Rücktritt angeboten habe. Zunächst werde er jedoch seinen Dienst wieder aufnehmen.

25. März 2022: Das Landgericht Köln verurteilt einen früheren Pfarrer des Erzbistums wegen 110-fachen sexuellen Missbrauchs zu zwölf Jahren Haft. In dem mehrmonatigen Prozess sagten auch prominente Kirchenvertreter wie der Hamburger Erzbischof Heße und der ehemalige Kölner Kirchenrichter Günter Assenmacher aus.

1. April 2022: Das Erzbistum teilt mit, dass Generalvikar Markus Hofmann zum Sommer sein Amt abgeben wird. Unter anderem ist von Unregelmäßigkeiten im Stiftungsbereich des Erzbistums die Rede.

14. April 2022: Es wird bekannt, dass das Erzbistum Köln fast eine halbe Million Euro gezahlt hat, um die Schulden eines Geistlichen zu begleichen. Weil später auch noch Steuern und Zinsen in derselben Sache nachgezahlt werden mussten, kam ein Gesamtbetrag von rund 1,15 Millionen Euro zustande.

3. Mai 2022: Der Vatikan erklärt, dass Woelki und Generalvikar Hofmann bei der Finanzierung von Gutachten und Kommunikationsberatern im Zuge der Missbrauchsaufarbeitung das Kirchenrecht nicht verletzt hätten.

14. Juni 2022: Papst Franziskus kündigt in einem Interview an, mit der Entscheidung über das Rücktrittsangebots Woelkis noch abwarten zu wollen. "Unter Druck ist es nicht möglich, zu unterscheiden", so das Kirchenoberhaupt.

1. Juli 2022: Dompropst Guido Assmann wird neuer Generalvikar im Erzbistum. Er soll künftig durch einen Amtschef unterstützt werden, der noch gesucht wird.

5. August 2022: Ein Missbrauchsbetroffener verklagt das Erzbistum Köln auf 725.000 Euro Schmerzensgeld beim Landgericht Köln. Der Betroffene sieht eine Amtspflichtverletzung des Erzbistums durch Unterlassen. Zudem berichtet der "Kölner Stadt-Anzeiger" über interne Unterlagen von Woelkis PR-Beratern. Demnach rieten die Fachleute dem Kardinal und seinem damaligen Generalvikar Hofmann unter anderem, den Betroffenenbeirat des Erzbistums auf ihre Linie zu bringen, was den Gutachter-Wechsel im Oktober 2020 anging. (KNA, 05.08.2022)