Wo Laien die Bischofskonferenzen leiten

Zwischen Macht und Dienst

Ein Novum in der deutschen Kirchengeschichte: Der Generalsekretär der Deutschen Bischofskonferenz wird in Zukunft eine Frau sein. Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass Deutschland damit nicht alleine ist. Luft nach oben gibt es trotzdem.

Autor/in:
Gerald Mayer
Deutsche Bischöfe / © Harald Oppitz (KNA)
Deutsche Bischöfe / © Harald Oppitz ( KNA )

Die erste de facto Generalsekretärin einer Bischofskonferenz gab es bereits in den 1980er-Jahren. Ursprünglich war die Ordensschwester Brigid Flanagan für die zweite Reihe vorgesehen. Als der eigentliche Generalsekretär, ein Priester, für seinen Widerstand gegen das Apartheidsregime ins Gefängnis kam, musste Brigid Flanagan als seine Stellvertreterin das Ruder übernehmen und die Arbeit im Generalsekretariat organisieren.

Mehr als zwei Jahrzehnte später wählten die Bischöfe in Südafrika wieder eine Ordensfrau in die zweite Reihe: Schwester Hermenegild Makoro CPS. Sechs Jahre später rückte auch sie auf und wurde auch offiziell die erste offizielle Frau an der Spitze des Generalsekretariats. "Eine Anerkennung der Bischöfe für die Arbeit, die Frauen in diesem Teil der Welt leisten", sei ihre Wahl, so Schwester Hermenegild damals gegenüber der Nachrichtenagentur CISA. Als im Jahr 2020 erneut gewählt wurde, sollte ebenfalls eine Ordensfrau in ihre Fußstapfen treten. Die dafür vorgesehene Dominikanerin musste ihr Amt jedoch aus gesundheitlichen Gründen kurz nach dem Amtsantritt wieder niederlegen, wie die Bischofskonferenz DOMRADIO.DE mitteilte.

Das Amt des Generalsekretärs braucht keine Weihe

Auch in Europa ist eine Generalsekretärin kein neues Modell. In den Niederlanden leitet Susan Daalmans seit 2014 die Verwaltung der Bischofskonferenz. In Frankreich ist Christine Naline seit 2018 stellvertretende Generalsekretärin. Dass eine Frau überhaupt an der Spitze des Generalsekretariats einer Bischofskonferenz stehen kann, mache das Kirchenrecht möglich, sagt Schwester Anna Mirijam Kaschner CPS. Sie stammt aus Deutschland und ist bereits seit 2009 Generalsekretärin der Nordischen Bischofskonferenz, in der die Bischöfe von Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden organisiert sind.

Obwohl vielfach Priester oder Bischöfe den Posten bekleideten, sei eine Weihe keine Voraussetzung. Deshalb wünscht sich Schwester Anna Mirijam nicht nur mehr Frauen, sondern generell mehr Laien im Amt des Generalsekretärs oder der Generalsekretärin. So wie Erwin Tanner, den die Schweizer Bischöfe im Jahr 2011 an die Spitze ihres Generalsekretariats wählten.

Weder "Machtposition" noch "Dienstmagd"

Auch wenn Schwester Anna Mirijam das Amt der Generalsekretärin nicht als "Machtposition" verstanden wissen will, hat sie, wie ihre Amtskolleginnen und Kollegen einen großen Einfluss auf die Bischöfe. Das Generalsekretariat der Bischofskonferenz organisiert die Bischofsversammlungen und stellt die Tagesordnung auf. Auch wenn sie die Bischöfe in organisatorischen Fragen entlasten soll, sieht sich Anna Mirijam Kaschner nicht als "Dienstmagd, die für die Männer da ist", sondern als jemanden "der auf Augenhöhe mit den Bischöfen gemeinsam über die anstehenden Probleme und Herausforderungen diskutieren kann", sagte sie gegenüber DOMRADIO.DE. Das kann in Deutschland ab Juli dann auch Beate Gilles als erste Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz. Schon in ihrem ersten Interview hat sie klar gemacht: "Mit mir als Frau wird sich das Amt der Generalsekretärin definitiv verändern".

Dass Frauen nicht nur auf nationaler Ebene mitreden können, hat Papst Franziskus erst vor kurzem deutlich gemacht: Mit Schwester Nathalie Becquart wird erstmals eine Frau ein Stimmrecht bei den Bischofssynoden im Vatikan haben. Unmut hatte sich daran entzündet, dass während der Jugend- und der Amazonassynode Ordensmänner ohne Bischofs- oder Priesterweihe mitstimmen durften, die Vertreterinnen der Ordensfrauen allerdings nicht. Anders als die Generalsekretärinnen und -sekretäre der nationalen Konferenzen wird Schwester Nathalie nicht nur organisieren und mitreden dürfen, sondern auch mitentscheiden.

Auch sonst wird es weiblicher im Vatikan: Bis Ende 2020 hatte der Papst vier Frauen in den Rang einer Untersekretärin befördert, was in der säkularen Welt etwa dem Stand eines Staatsministers entspräche, schreibt die Vatikan-Journalistin Gudrun Sailer in ihren "Römischen Notizen". Bisher waren diese Posten Priestern vorbehalten. Noch deutlicher werde die Präsenz der Frauen in der mittleren Ebene: In der Vatikanbibliothek etwa seien sämtliche Abteilungsleiterinnen weiblich. Die vatikanischen Führungsebene "verweibliche" sich vom unteren Rand her, so Sailer. 


Beate Gilles / © Sascha Steinbach (epa pool)
Beate Gilles / © Sascha Steinbach ( epa pool )

 Sr. Anna Mirijam Kaschner / © Julia Rathcke (KNA)
Sr. Anna Mirijam Kaschner / © Julia Rathcke ( KNA )

Nathalie Becquart / © Stefano dal Pozzolo/Romano Siciliani (KNA)
Nathalie Becquart / © Stefano dal Pozzolo/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
DR
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