Zu Beginn des Weltjugendtags in Sydney wurde kräftig gefeiert

Party unterm Kreuz

In einem Augenblick redet Kardinal George Pell den Anwesenden ins Gewissen, warnt vor den Verlockungen der wertefreien modernen Welt. Im nächsten Moment ist die Messe gelesen und der Altarraum zur Bühne umgewandelt. Nach der offiziellen Eröffnung des Weltjugendtags (WJT) in Sydney wurde kräftig gefeiert.

Autor/in:
Michael Lenz
 (DR)

Einige Größen des australischen Musik- und Showbusiness bringen die rund 100.000 Pilger aus aller Welt nach den getragenen Kirchenliedern mit Rockrhythmen in Stimmung. Darunter die legendäre Steptanzgruppe «The Tap Dogs» und Guy Sebastian, Autor der offiziellen WJT-Hymne «Receive the Power».

Die Szenerie in Barangaroo ist Sydney at its best: Am schwarzen Himmel funkeln die Sterne, die Temperaturen trotz Winters erfreulich mild; die hell erleuchteten Hochhäuser der Stadt bilden die glitzernde Kulisse für die Megaparty: Auf der Bühne mit einem bunt beleuchteten Kreuz tanzen und singen die Stars, während im Hintergrund ein Containerschiff langsam in die Hafenbucht von Sydney gleitet.

Vor der Bühne stehen rund 100.000 Menschen. Einige tanzen, andere haben die große Silberfolie aus dem gelb-orang-roten Pilgerrucksack ausgebreitet und picknicken. Im Preis für die WJT-Teilnahme ist Verpflegung eingeschlossen. Ein junger Kalifornier löffelt das Dinner aus einer schwarzen Plastikschale. «Ich glaube, das ist Huhn mit Kartoffeln in so einer Art Tomatencurry. Wie auch immer, es schmeckt ganz lecker.» Das Essen wird nach dem Erhitzen in Mikrowellen in Plastikbeuteln an die Pilger ausgegeben.
Umweltfreundlich ist die ganze Angelegenheit nicht, aber die jungen Leute entsorgen die Reste immerhin ordentlich in den Mülleimern.

Barangaroo sieht also trotz der Massen ganz manierlich aus und wirkt mit den überall wehenden Fahnen wie das eigentliche Hauptquartier der Vereinten Nationen. Junge Katholiken aus rund 170 Nationen sind nach Sydney gekommen, und jede Gruppe trägt die jeweilige Landesfahne mit sich. Ganz zu schweigen von den Flaggen von Gemeinden, Bundesstaaten oder Städten. Bayerisches Weiß-Blau flattert einträchtig neben der Fahne von Papua-Neuguinea, die von Italien neben der von Südafrika.

Manche Fahnen sind echte Exoten. So hat sich etwa ein junger Mann in eine Flagge gewickelt, die aus viel Hellblau besteht. «Ich bin aus Guam», klärt er fragende Blicke auf. Wenige Meter weiter schwenkt eine Bannerträgerin die gelb-blau-rote venezolanische Flagge mit Sternen darauf. Ungefragt klärt sie Umstehende auf, dass ihr - Kardinal Pell hin, Weltjugendtag her - weltliche Werte wichtiger sind als christliche. «Ich komme aus Venezuela», sagt sie und fügt strahlend hinzu: «Wir haben gerade den Miss-Universe-Titel gewonnen.
Das ganze Land ist so stolz.»

Eine Truppe aus Siegen ist auch ohne heimische Miss-Siegerin ganz aus dem Häuschen. Sie tanzen, klatschen, feiern und sind hellauf von Australien begeistert. «Die Menschen sind so gastfreundlich», schwärmt Christoph Engel. «Wir haben schon in Bendigo bei Gastfamilien gewohnt und jetzt hier in Sydney wieder.» Er wohne in einer Familie mit drei Kindern und einem kleinen Haus. «Aber die haben zwei Pilger aufgenommen. Wahnsinn.» Ein Haar in der Suppe findet Engel dann aber doch an dem Fest in Sydney. «Wenn die das in einem Stadion veranstaltet hätten wie beim WJT vor drei Jahren in Köln, wäre die Stimmung sicher viel besser.»

Eine Gruppe Kambodschaner ist mit der Party uneingeschränkt zufrieden. «So etwas habe ich noch nie erlebt. Das gibt es bei uns in Kambodscha nicht», strahlt Sok Heng, Studentin aus Siem Reap. «Es ist so toll, so viele jungen Katholiken aus anderen Ländern kennenzulernen», freut sie sich. «In Kambodscha sind wir ja eine sehr kleine Minderheit.» Der WJT als gelebte Weltkirche, aber auch als Gelegenheit zur Ökumene und zur interreligiösen Begegnung. Das zeigen die gut 30 Kambodschaner, deren Reise zum WJT der Orden der Salesianer ermöglicht hat. Thoen Thom berichtet: «In unserer Gruppe sind auch fünf Buddhisten.»