Der Weltjugendtag in Sydney hat begonnen

Let the Ceremony begin!

Es ist vollbracht: Seit Dienstagmorgen deutsche Zeit hat in Sydney mit einer Eröffnungsmesse der Weltjugendtag begonnen. Rund 4000 Priester, 400 Bischöfe und 26 Kardinäle waren zugegen und feierten mit über 150.000 Jugendlichen die Heilige Messe im Darling Harbour (zu den Bildergalerien). Es war der größte Gottesdienst aller Zeiten in Australien. Die Messe zelebrierte Sydneys Kardinal George Pell. Und er begrüßte die Kölner Pilger auf deutsch.

Weltjugendtag: Eröffnung in der Abenddämmerung (DR)
Weltjugendtag: Eröffnung in der Abenddämmerung / ( DR )

Es ist kurz nach halb sechs in Sydney. Die Sonne ist gerade untergegangen. Ein letzter roter Schimmer des Tages hält sich am Horizont. Die Bühne steht am Ufer von Darling Harbour, eine Hafenbucht in Sydney. Am anderen Ufer die Skyline - davor der Altar auf rotem Podest,  hell erleuchtet unter einer weißen Wolke, das Bühnendach. Die Pilger scheinen wie einhunderttausend Farbtupfer, die Italiener ganz in Blau, die orangen Holländer, die vielen bunten Fahnen und dann die weiten weißen Felder mit über tausend Priestern in ihren hellen Soutanen rechts und links neben der Bühne.

Der 23. Weltjugendtag ist der erste, dessen Vorbereitung ganz in das Pontifikat von Benedikt XVI. fällt. Allerdings trifft der Papst selbst erst am Donnerstagnachmittag am Hafen der Metropole erstmals mit den jungen Katholiken zusammen - ein Zeitplan, den schon sein Vorgänger Johannes Paul II. (1978-2005) so praktizierte. Noch erholt sich Benedikt XVI. weit vor der Stadt von den Strapazen der Reise. Die Jugendlichen nehmen es ihm nicht übel.

«Es geht nicht nur um den Papst», sagt Andre Gillen, 23-jähriger Pilger aus dem Bistum Trier: «Die Gemeinschaft ist wichtiger.» Gemeinschaft hat seine kleine Gruppe aus dem saarländischen Marpingen bereits während der Vorbereitungstage in den australischen Diözesen erlebt. Nach nur einer halben Woche in Summersby nördlich von Sydney nahmen Gillen und seine Freunde «tränenreich Abschied» von den Gastgebern. «Ich hätte nicht gedacht, dass in vier Tagen eine so starke Bindung entsteht», sagt Gillen.

Die Gemeinschaft reicht auch über die Weltjugendtage hinweg. Viele in Sydney tragen noch immer die Pilgerabzeichen oder Rucksäcke des Kölner Treffens 2005. Eigens an die Rheinländer wendet sich auch Sydneys Kardinal George Pell, dem der Papst die Leitung der Eröffnungszeremonie anvertraut hat. «Wir erinnern uns mit großer Dankbarkeit daran, wie Sie uns willkommen geheißen haben», sagt er zur Begrüßung auf Deutsch an seinen Kölner Mitbruder Joachim Meisner und die deutschen Pilger gewandt.

Mit Meisner verbindet Pell auch sonst einiges. Der Oberhirte von Sydney, dessen bischöflicher Leitspruch «Fürchtet euch nicht» lautet, genießt in Australien den Ruf eines ebenso kantigen wie konservativen Kirchenmanns. Mit medienwirksamen Äußerungen spielt er den Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Erzbischof Philip Wilson von Canberra, leicht an die Wand. Pell engagiert sich für die Rehabilitation von Drogenabhängigen und gegen Abtreibung. Mit Homosexuellenverbänden liegt er im Dauerclinch; Muslime irritierte er mit der Aussage, der Islam sei «der Kommunismus des 21. Jahrhunderts».

Beim Eröffnungsgottesdienst verzichtet Pell auf markige Thesen.
Vielleicht deshalb, weil er zur Zeit wegen seines Krisenmanagements in einem Missbrauchsfall unter Beschuss steht. Vor allem aber baut er sozusagen das Spiel auf für Benedikt XVI., der beim Begrüßungsfest am Donnerstag sowie am Samstag und Sonntag seine Botschaft an die Jugendlichen richten wird. Pell spricht von der Dürre, die Australien seit Monaten heimsucht, und vergleicht sie mit der «düsteren Vision» des Propheten Ezechiel, einer Ebene voller ausgedörrter Gebeine. Pell geht es nicht um eine ökologische Apokalypse. Er nimmt die zundertrockenen Landstriche des Outback als Symbol eines Lebens ohne Christus.

Der Kardinal will zuerst die verlorenen Schafe in der großen Herde von 100.000 jungen Katholiken ansprechen, die dem Gottesdienst am Hafen oder vor Großbildschirmen im nahen Tumbalong Park folgen. Er will jene zu Jesus führen, die in ihrem Leben an Wunden leiden, «seien es Drogen oder Alkohol, zerbrochene Familien, Fleischeslust, Einsamkeit oder ein Todesfall, vielleicht sogar die Leere des Erfolgs». Und während es dunkel wird über Barangaroo, rüttelt er am Gewissen derer, die vor dem «Ruf des einen wahren Gottes» zögern.
«Das Leben zwingt zur Entscheidung», sagt er ihnen.
Christusnachfolge gibt es nicht zum Nulltarif, so Pell; «es ist immer ein Kampf.»

Es ist eine Predigt, die alle Anwesenden irgendwie auf sich beziehen können: die kleine Pilgerschar aus Südkorea, die marginalisierten Aborigines, libanesische Einwanderer mit ihrer Zedernflagge, nationalbewusste US-Katholiken, die vielen ozeanischen Gruppen und Grüppchen aus Samoa, Tonga, den Fidschi-Inseln, die weltkirchlich sonst kaum in Erscheinung treten. In den kommenden Tagen werden sie Katechesen ihrer Bischöfe hören, den Papst feiern, dem Abschluss-Event in Randwick entgegenfiebern, bunt und fromm durch die Straßen ziehen. Und eine Gemeinschaft suchen, die sie vielleicht zu überzeugteren Katholiken macht.