Zentralrats-Mitglied im domradio zur Amnesty-Kritik an Israel

"Israel sollte Leuchtfeuer der Demokratie sein"

Israel hat nach Ansicht von amnesty international im Libanon-Krieg vorsätzlich zivile Ziele angegriffen. Die Zerstörung von zahlreichen Häusern, Brücken, Straßen, Wasserwerken und Treibstofflagern habe von Anfang an zur israelischen Militärstrategie im Libanon gehört, heißt es in einem Bericht der Menschenrechtsorganisation.

 (DR)

Israel hat nach Ansicht von amnesty international im Libanon-Krieg vorsätzlich zivile Ziele angegriffen. Die Zerstörung von zahlreichen Häusern, Brücken, Straßen, Wasserwerken und Treibstofflagern habe von Anfang an zur israelischen Militärstrategie im Libanon gehört, heißt es in einem Bericht der Menschenrechtsorganisation. Im domradio-Interview hat Rolf Verleger, Mitglied im Direktorium des Zentralrats der Juden in Deutschland, den Bericht als "unendlich traurig" bezeichnet, so er der Wahrheit entspricht.

"In Israel muss ein politischer Umschwung erfolgen"
"Wenn Amnestys Angaben stimmen, ist das unendlich traurig. Israel sollte ein Leuchtfeuer der Demokratie im Nahen Osten sein." Israel sehe sich als von Gott auserwähltes Volk, so Verleger im domradio-Interview. "Israel aber ist nicht auserwählt, über die Gesetze der Menschen hinwegzugehen."

Unter anderem kritisert Verleger Israel, weil es immer wieder Parallelen zum Holocaust ziehe. "Ja, es gibt Nachbarn, die Israel auch heute vernichten wollen. Trotzdem ist die Situation eine völlig andere als damals. Israel ist die stärkste Militärmacht weit und breit. Es kann gar nicht die Rede davon sein, dass Israel vernichtet wird."

Bei der Frage, wie der Nahe Osten zu befrieden sei, verweist der 54-Jährige auch auf die Verantwortung Deutschlands. Die Länder Europas dürften Israels Politik nicht vorbehaltlos unterstützen. "Man sollte einem Freund nicht immer recht geben, wenn er Dummheiten macht." In Israel müsse ein politischer Umschwung erfolgen. Ob die israelische Bevölkerung das alleine schaffen kann, wisse er nicht.

Bereits während des Nahost-Konflikts hatte Verleger als Landesvorsitzender des Zentralrats Israels "Gewaltpolitik" scharf kritisiert. Der Psychologie-Professor warf dabei auch dem Präsidium des Zentralrats vor, in seinen öffentlichen Stellungnahmen die dunkle Seite der israelischen Politik im Libanon und gegenüber den Palästinensern zu verschweigen. Der Zentralrat hatte die Vorwürfe zurückgewiesen.

Israel "schlicht unglaubwürdig"
"Viele dieser Angriffe waren vorsätzlich, unverhältnismäßig und unterschieden nicht zwischen militärischen und zivilen Zielen", erklärte amnesty-Expertin Gudrun Sidrassi-Harth. Die israelische Regierung habe in diesen Fällen Kriegsverbrechen begangen. Israels Behauptung, es habe sich dabei um so genannte Kollateralschäden im Rahmen rechtmäßiger Angriffe gehandelt, sei auf Grund der Reichweite und des Ausmaßes der Angriffe "schlicht unglaubwürdig".

Den Angaben zufolge hat die israelische Luftwaffe zwischen dem 12. Juli und 14. August Angriffe auf rund 7.000 Ziele geflogen. Hinzu kämen 2.500 Bombardierungen durch die israelische Marine. Bei diesen Angriffen habe es über 1.100 Tote auf libanesischer Seite gegeben, ein Drittel davon seien Kinder gewesen. Über 4.000 Menschen seien verletzt worden und 970.000 hätten fliehen müssen. Das sei rund ein Viertel der libanesischen Zivilbevölkerung.

Der Bericht basiert den Angaben zufolge auf Erkenntnissen einer amnesty-Delegation, die mehrere Wochen im Libanon tätig war. Sie habe mit Opfern, UN-Beamten, Vertretern der israelischen Armee und der libanesischen Regierung gesprochen. Eine weitere amnesty-Delegation habe zeitgleich in Israel die Verletzung von Menschenrechten durch die libanesische Hisbollah-Miliz untersucht.
(epd)