Zentralrat sieht in Ukraine-Krieg Bedrohung auch für Juden

Sorge um Angehörige

Der Krieg in der Ukraine bedroht nach Angaben des Zentralrats der Juden in Deutschland auch die jüdische Gemeinschaft in dem osteuropäischen Staat. Angriffen auf die Demokratie müsse frühzeitig und entschlossen entgegengetreten werden.

Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland / © Julia Steinbrecht (KNA)
Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland / © Julia Steinbrecht ( KNA )

"Viele von uns haben Angehörige in der Ukraine, um die wir uns sorgen", sagte der Vizepräsident des Zentralrats, Abraham Lehrer, am Samstagabend in Solingen. "Dieser Krieg zeigt, wie leicht entflammbar der anscheinend nie völlig verlöschende Funkenflug des Hasses ist und wie schnell er zum Flächenbrand wird."

Angriffen auf Demokratie entgegentreten

Juden in Deutschland

Jüdisches Leben auf dem Gebiet der Bundesrepublik gibt es seit mehr als 1.700 Jahren. Der älteste schriftliche Nachweis stammt aus dem Jahr 321 aus Köln. Vor der nationalsozialistischen Machtergreifung lebten 1933 auf dem Gebiet des Deutschen Reiches rund 570.000 Juden. In der Folge des Holocaust wurden etwa 180.000 von ihnen ermordet, sehr viele flohen. 1950 gab es nur noch etwa 15.000 Juden in Deutschland. Eine Zukunft jüdischen Lebens im Land der Täter schien unwahrscheinlich und war innerjüdisch umstritten.

Ein jüdischer Mann mit einer Kippa / © Nelson Antoine (shutterstock)
Ein jüdischer Mann mit einer Kippa / © Nelson Antoine ( shutterstock )

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine mahne, "nichts für selbstverständlich zu nehmen und Angriffen gegen Demokratie und Menschenrechte, aus welcher Ecke sie auch immer kommen mögen, frühzeitig und entschlossen entgegenzutreten", sagte Lehrer in einem Festakt zum 150. Jahrestag der Eröffnung der Solinger Synagoge, die 1938 von den Nazis zerstört wurde. Der Zentralrats-Vizepräsident kritisierte Versuche, "uns einzureden, es gebe Auseinandersetzungen zwischen russischen und ukrainischen Gemeindemitgliedern aufgrund des Krieges".

Fakten statt Fiktion müssen die Oberhand behalten

Der Kriege zeige auch, wie die Lüge zur vermeintlichen Wahrheit gemacht werde und "ganze Völker einer wohl orchestrierten Propagandaschlacht aus Lügen, Fake News und geradezu irrwitzigen Behauptungen anheimfallen", sagte Lehrer. "Wir sehen, wohin es führt, wenn Geschichtsschreibung und Berichterstattung ideologischen Vorgaben untergeordnet werden." Deshalb müsse es heute darum gehen, dass Fakten und nicht Fiktion die Oberhand behalten: "Wir müssen historisch gesichertes Wissen in der Öffentlichkeit wach halten - ohne in Floskeln und in Sprechblasen abzugleiten."

Quelle:
epd
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