2019 war ein ausgesprochen blitzarmes Jahr

"Zeichen göttlichen Zorns"

2019 war in Deutschland, Mittel- und Westeuropa ausgesprochen blitzarm. Es war einfach zu trocken. Trotzdem beliefen sich die Schäden durch Einschläge in der Bundesrepublik auf 200 Millionen Euro.

Gebete und Glockengeläut gegen Gewitter? / © Rene Ruprecht (dpa)
Gebete und Glockengeläut gegen Gewitter? / © Rene Ruprecht ( dpa )

Man könnte das Jahr 2019 als ein spannungsarmes Jahr beschreiben. Jedenfalls, wenn man die am Dienstag in München veröffentlichte Statistik des Blitz-Informationsdienstes von Siemens (BLIDS) betrachtet. Mit 329.000 Einschlägen sei der «bisher niedrigste Stand an Blitzereignissen» gemessen worden, heißt es. Das waren rund 26 Prozent weniger als 2018. Im unwetterstarken Jahr 2007 waren es 1,1 Millionen Einschläge.

Den Titel der Blitz-Hauptstadt Deutschlands eroberte in diesem Jahr die Stadt Speyer. Dort registrierten die Experten knapp 3,1 Blitzeinschläge pro Quadratkilometer. An zweiter und dritter Stelle folgen Rostock mit 2,6 Erdblitzen pro Quadratkilometer und Lübeck mit 2,5. Die geringste Blitzdichte verzeichneten die bayerischen Städte Hof und Bayreuth mit jeweils deutlich unter 0,1 sowie die Stadt Schweinfurt, Spitzenreiterin des Vorjahres, nun mit 0,1 Blitzereignissen pro Quadratkilometer.

Gewitter brauchen Hitze und Feuchtigkeit

"2019 war in Deutschland, Mittel- und Westeuropa ausgesprochen blitzarm", so Stephan Thern, Leiter des Blitz-Informationsdienstes. "Es war schlicht zu trocken. Denn Gewitter benötigen Hitze und Feuchtigkeit."

Insgesamt gab es 2019 in Deutschland 13 Tage mit mehr als 10.000 Einschlägen, so Thern. "Bei einer relativ geringen Stadtfläche wie in Speyer reichen einige wenige Gewitter, um letztlich eine hohe Blitzdichte auszuweisen." Bei Rostock und Lübeck spiele vermutlich die Nähe zur Ostsee eine Rolle. Die Haupt-Gewittertätigkeit lag 2019 in den Monaten Juni und Juli.

Am meisten Blitze in Bayern

Unter den Bundesländern führt Berlin mit 2,2 Blitzen pro Quadratkilometer das Feld bei der Blitzdichte deutlich an, gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern (1,4). Blitzreichstes Bundesland war Bayern. Schlusslicht mit je nur 0,5 Blitzen pro Quadratkilometer sind die Stadtstaaten Hamburg und Bremen.

Der Blitz-Informationsdienst nutzt nach eigenen Angaben rund 160 Messstationen in Europa. Dank der präzisen Messtechnik können die Sensoren problemlos im Abstand von 350 Kilometern aufgestellt werden. "Mit der aktuellen Software können wir bis auf 50 Meter genau ermitteln, wo gerade ein Blitz eingeschlagen hat", sagt Thern. Seit 1991 analysiert Siemens die registrierten Blitze und sendet Warnhinweise an die Gewitteralarm-Kunden - darunter Wetterdienste, Versicherungen, Industrieunternehmen, Betreiber von Stromnetzen und neuerdings auch Feuerwehren.

220 Millionen Euro Schäden

Blitze verursachen Millionenschäden. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) bezifferte die Kosten für 2019 kürzlich auf rund 200 Millionen Euro. Dabei ist die Anzahl der Blitzschäden seit Jahren rückläufig - allerdings wird der einzelne Blitzeinschlag immer teurer. Bei einem Einschlag müssen immer häufiger teure Heizungs- oder Jalousien-Steuerungen ersetzt werden.

In der Menschheitsgeschichte galten Blitze lange als Zeichen göttlichen Zorns. In der griechischen Antike schleuderte Zeus sie vom Olymp herab. In der germanischen Mythologie war Donar, auch Thor genannt, der Gott des Donners. Seine Augen schleudern Blitze. Im christlichen Brauchtum gilt der Apostel Petrus als Wetter-Regent. Bei schönem Wetter "meint Petrus es gut mit uns", bei Gewitter "grollt" der Apostelfürst.

Bei Luther soll Blitzeinschlag zur Lebenswende geführt haben

Die gefürchteten Stromfackeln sind zwischen 20.000 und 30.000 Grad heiß - und so versetzen Gewitter viele Menschen in Angst und Schrecken. Bei Martin Luther sorgte der Legende nach ein schweres Gewitter im Jahr 1505 für die große Lebenswende. Als er zu Boden geschleudert wurde, rief er die heilige Anna an und gelobte: "Ich will ein Mönch werden."

Zur Abwehr von Gewittern wurde - auch nach der Erfindung des Blitzableiters durch Benjamin Franklin Mitte des 18. Jahrhunderts - vielerorts das Läuten eigens geweihter Glocken eingesetzt. Durch den Schall sollten "Hagelschauer und Wetterunbill vertrieben, des Donners drohendes Rollen gemäßigt, der Stürme Brausen heilsam gezügelt und der Lüfte feindliche Gewalten darniedergehalten" werden, heißt es in alten Weihegebeten. Jahrhundertelang wurde in katholischen Kirchen während der Sommermonate am Ende jeder Messe der Wettersegen gebetet: "Vor Blitz, Hagel und Ungewitter - bewahre uns Herr Jesus Christ."


Quelle:
KNA