Würzburgs Bischof Hofmann zum neuen Gotteslob

"Am Puls der Zeit"

Nach zwölf Jahren Arbeit erscheint im Advent 2013 das neue Gotteslob. Der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann spricht über die lange Entstehungsgeschichte und die Neuerungen sowie über ans Herz gewachsene Lieder und Texte.

Das neue Gotteslob / © Markus Hauck
Das neue Gotteslob / © Markus Hauck

KNA: Bischof Hofmann, das neue Gebet- und Gesangbuch soll am 1. Advent 2013 vorliegen. Der Termin ist sicher?

Hofmann: Ich gehe davon aus, dass das neue Gotteslob im Advent 2013 in den katholischen Gemeinden vorliegen wird. Beim genauen Termin lasse ich derzeit noch einen kleinen Spielraum offen. Zur Einführung ist am ersten Adventssonntag ein Fernsehgottesdienst geplant, den ZDF und ORF übertragen.

KNA: Warum sollen Katholiken sich das neue Gotteslob kaufen, wenn sie es eh in der Kirche bekommen?

Hofmann: Das neue Gotteslob soll auch als Hausbuch für die Familie und als Gebetbuch für den individuellen Gebrauch dienen. So finden sich dort Gebete zu den verschiedenen Tageszeiten, aber auch "Häusliche Feiern", die als Dank- oder Segensfeier oder zum gemeinsamen Feiern des Weihnachtsfestes gerade für Familien und häusliche Gemeinschaften vorbereitet wurden. Zudem eröffnet das neue Gotteslob Antworten auf konkrete Fragen, die sich im Glaubensleben immer wieder stellen, etwa: Wie bete ich mit meinen Kindern?

KNA: Welche Neuerungen fallen auf den ersten Blick auf?

Hofmann: Zuerst wird das Äußere ins Auge stechen: Das Buch ist qualitativ hochwertig und ästhetisch gestaltet, etwa durch traditionelle Bildmotive und zeitgenössische Zeichnungen. Inhaltlich berücksichtigt das neue Gotteslob im Unterschied zum Vorgänger Gesänge aller Epochen. Fast die Hälfte der Lieder ist neu im Vergleich zum Stammteil des bisherigen Gebet- und Gesangbuchs. Dazu gehören zahlreiche Neue Geistliche Lieder, die erst in den vergangenen 40 Jahren entstanden sind. Aber auch die Texte haben sich verändert. Einführungen in die Sakramente vermitteln in neuer Sprachgestalt nicht nur theologische Grundlagen, sondern wollen auch alle wichtigen Fragen beantworten - beispielsweise wer Taufpatin oder Taufpate werden kann, wer firmt und welche Aufgaben Eltern, Paten und Gemeinden bei der jeweiligen Spendung der Sakramente übernehmen.

KNA: Welche liebgewonnenen Lieder werden die Katholiken vermissen?

Hofmann: Hoffentlich keine. Denn darauf haben wir ja gerade durch eine Akzeptanzerhebung im Jahr 2003 und durch die Testphase mit einer Probepublikation von Advent 2007 bis Pfingsten 2008 Wert gelegt: bei der Liedauswahl die Wünsche der Gemeinden zu berücksichtigen. Fehlen werden im neuen Gotteslob deshalb im Wesentlichen nur jene Lieder, die in den vergangenen fast 38 Jahren keine oder nur wenig Akzeptanz in den Gemeinden fanden.

KNA: Ihre Kommission hat 12 Jahre an dem neuen Buch gearbeitet - warum dauert das so lange?

Hofmann: Das neue Gotteslob ist ein Gemeinschaftswerk von 37 Diözesen des deutschsprachigen Raums. Es galt, die verschiedenen Ortskirchen mit ihren teils unterschiedlichen Lied- und Gebetstraditionen und ihren besonderen Wünschen mit ins Boot zu nehmen - von der Nordsee bis nach Südtirol. Auch die Akzeptanzerhebung und die Testphase haben Zeit gekostet, ebenso das Erarbeiten neuer Gebete und Gesänge, die Klärung der Rechtefragen sowie die Erstellung von Begleitpublikationen wie das neue Orgelbuch oder das erstmalig erarbeitete Klavierbuch.

KNA: Es gibt immer wieder Berichte, der Vatikan habe praktisch jedes Lied genehmigen müssen. Klären Sie uns auf?

Hofmann: Hier wurde immer wieder falsch berichtet. Die sogenannte Recognitio durch die römische Gottesdienstkongregation ist unabhängig von der Erstellung eines Gebet- und Gesangbuchs nötig. Sie entspricht den römischen Vorgaben, die auf der Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils basieren. Demnach müssen Texte der in der Liturgie verwendeten Gesänge - und damit sind in erster Linie Messgesänge gemeint - der Gottesdienstkongregation vorgelegt werden. Das neue Gotteslob wurde nicht in Rom vorgelegt. Für seine Erstellung waren allein die Ortsbischöfe zuständig.

KNA: Was ist mit den beliebten Liedern von Huub Oosterhuis?

Hofmann: Übertragungen geistlicher Texte aus der Feder von Huub Oosterhuis gehören zu den Gesängen, die in den vergangenen Jahrzehnten zum festen Bestandteil des Glaubenslebens vieler Katholiken geworden sind. Sie sind ihnen ans Herz gewachsen. Deshalb sind Glaubenslieder wie "Ich steh vor Dir mit leeren Händen, Herr" oder "Herr, unser Herr, wie bist Du zugegen" auch im neuen Gotteslob. Selbstverständlich galten auch für diese Lieder dieselben Kriterien bei der Auswahl: die Qualität von Text und Musik, die Übereinstimmung mit dem Glauben der Kirche und die Akzeptanz durch die Gemeinden.

KNA: Was beeindruckt Sie an dem neuen Buch?

Hofmann: Mich beeindruckt, dass die katholische Kirche im deutschsprachigen Raum ein Gebet- und Gesangbuch vorlegen kann, das am Puls der Zeit ist und die Menschen des 21. Jahrhunderts erreichen will und auch kann. Besonders freue ich mich, dass es gelungen ist, in einer solch großen Gemeinschaft von Diözesen, Fachleuten und Praktikern - von der Pfarrgemeinde bis hin zur Weltkirche - dieses neue Gotteslob zu erstellen.

Das Interview führte Christian Wölfel


Quelle:
KNA