Würdigung der humanitären Helfer weltweit

Ein Stück Hoffnung geben

Die Bundesregierung hat humanitären Helfern für ihre Arbeit in weltweiten Krisengebieten gedankt. "Sie geben den Flüchtlingen ein Stück Lebensgrundlage und Hoffnung zurück", erklärte Außenminister Frank-Walter Steinmeier zum "Tag der Humanitären Hilfe" an diesem Mittwoch. Trotz widriger Bedingungen trügen humanitäre Kräfte bei Katastrophen und Konflikten schnell dazu bei, die schlimmste Not zu lindern - oft unter Lebensgefahr.

 (DR)

Nur zügige humanitäre Hilfe, so der Minister, könne Epidemien verhindern und eine schnelle Grundversorgung von Flüchtlingen sicherstellen. Er verwies darauf, dass sich die Mittel des Auswärtigen Amts für die humanitäre Hilfe seit 2006 auf rund 123 Millionen Euro im laufenden Jahr fast verdoppelt haben. Das Haus fördert damit jährlich mehr als 300 Einzelmaßnahmen in Krisengebieten. Schwerpunkte liegen im Sudan, Somalia, Kongo, Afghanistan und den Palästinensischen Autonomiegebieten.

Das Datum des "Tags der Humanitären Hilfe" der Vereinten Nationen geht auf einen Anschlag auf das UN-Hauptquartier in Bagdad im Jahr 2003 zurück. Dabei starben 22 Menschen. Überhaupt werden Mitarbeiter von Hilfswerken in Konfliktgebieten immer häufiger Opfer von Überfällen, Entführungen und Mordanschlägen. Im vergangenen Jahr starben nach Angaben der Vereinten Nationen 122 humanitäre Helfer durch Gewalt, mehr als drei Mal so viele wie vor zehn Jahren.

Erst am Sonntag wurde ein Mitarbeiter einer somalischen Hilfsorganisation vor seiner Haustür in Mogadischu erschossen. Einige hundert Kilometer weiter im Süden versuchten bewaffnete Männer, ein Gelände des UN-Welternährungsprogramms zu stürmen.

Im Irak ist die Situation für die einheimischen und ausländischen Helfer weiter dramatisch. In Afrika gelten Somalia, der Sudan und der Kongo als besonders gefährlich. In Lateinamerika sind dies vor allem Mexiko und Kolumbien, in Asien Sri Lanka, Pakistan und Afghanistan.

In Afghanistan haben kurz vor der Präsidentenwahl an diesem Donnerstag viele Hilfswerke ihre Mitarbeiter in den Urlaub geschickt, weil sie immer häufiger ins Fadenkreuz der radikal-islamischen Taliban geraten. In den Augen der Aufständischen sind auch die Agrarwissenschaftler und Ingenieure Teil der westlichen Besatzer, die bekämpft werden müssen.

Westen mitverantwortlich
Aus Sicht von Hilfsorganisationen ist der Westen für die Angriffe mitverantwortlich. Ein großes Problem sei die zunehmende Militarisierung des Wiederaufbaus, sagt Monika Hauser, Geschäftsführerin von Medica mondiale und Trägerin des Alternativen Nobelpreises, dem epd. Weil Soldaten auch Entwicklungs- und Nothilfe übernähmen, etwa Schulen errichteten, vermische sich die Tätigkeit von Hilfswerken und Militär. Dadurch gerieten verstärkt zivile Helfer ins Visier der Extremisten.

Ganz ähnlich sieht dies der Leiter von Caritas international, Oliver Müller. Er kritisiert, dass Militärs in Afghanistan zeitweise weiße Jeeps fuhren, obwohl diese Fahrzeuge den Hilfsorganisationen vorbehalten sind. "Das ist eine höhere Gefährdung für uns." Auch Volker Gerdesmeier, Chef der Diakonie Katastrophenhilfe, beobachtet die Zunahme der Anschläge weltweit mit großer Sorge. Er verweist auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 in New York und den anschließenden Kampf gegen den internationalen Terror. Nun versuchten westliche Truppen, die "Herzen" der Menschen zu gewinnen und seien deshalb im Wiederaufbau tätig. In Pakistan und Afghanistan, wo "der Westen die Antiterrorpolitik fährt", würden die Helfer besonders oft zu Anschlagszielen.

In sogenannten gescheiterten Staaten ("failed states") wie Somalia und dem Kongo hat sich dagegen die Art des Kriegs gewandelt: Dort hat die Zentralregierung in vielen Gegenden keinen Einfluss mehr, Milizen und Kampfverbände von Warlords bekämpfen sich in unübersichtlichen und teilweise wechselnden Konstellationen. Dadurch ist es für die Helfer sehr schwierig, sich aus allem herauszuhalten und in halbwegs sicheren Gebieten zu bleiben.

Dabei kann das Wissen über die Situation vor Ort helfen, Anschlägen zu entgehen: Wo halten sich Aufständische auf? Welche Straßen sind vermint? Welcher Schutz durch Sicherheitskräfte und Behörden für die Gebäude der Hilfswerke ist unverzichtbar? Aktuelle Antworten auf diese Fragen zu haben, sei für die Sicherheit der Mitarbeiter besonders wichtig, erläutert Caritas-Chef Müller.

Dazu kommen Transparenz, Neutralität und Unparteilichkeit: "Die Menschen müssen einen einschätzen können", sagt Gerdesmeier von der Diakonie Katastrophenhilfe. Man müsse gut erklären, welchen Hintergrund eine Organisation habe, ob sie etwa zu einer Kirche gehöre. Und die Hilfe müsse ausgewogen auf Bedürftige verteilt werden. Gerdesmeier fügt hinzu: Niemals dürfe man in "gescheiterten Staaten" dem Druck von Milizen nachgeben, sich für ihre Interessen einspannen zu lassen.