Wohlfahrtsverbände warnen vor Kollaps sozialer Infrastruktur

"Wer heute kürzt, zahlt morgen drauf"

Angesichts der Kürzungspläne im Bundeshaushalt warnen Wohlfahrtsverbände vor einem Zusammenbruch sozialer Infrastruktur in Deutschland. Viele Angebote drohten wegzubrechen, durch fehlende finanzielle Kompensation gestiegener Kosten.

Armut / © MR.SUWAT RITTIRON (shutterstock)

Das erklärten Arbeiterwohlfahrt (AWO), Diakonie Deutschland und der Paritätische Wohlfahrtsverband am Dienstag unter Berufung auf eine bundesweite Umfrage von rund 2.800 gemeinnützigen Organisationen und Einrichtungen.

Trotz steigender Nachfrage mussten vielerorts bereits Angebote und Hilfen eingeschränkt oder sogar ganz eingestellt werden, hieß es. Der Bund müsse dringend von angekündigten Haushaltskürzungen Abstand nehmen. Im Gegenteil brauche es eine konzertierte Aktion von Bund, Ländern und Kommunen sowie einen Kurswechsel in der Steuer- und Finanzpolitik.

Fast jede dritte befragte Einrichtung musste Personal abbauen 

Die befragten Einrichtungen verzeichnen den Verbänden zufolge eine Kostensteigerung um durchschnittlich ein Sechstel (16 Prozent) seit Anfang 2022. Fast jede dritte befragte Einrichtung musste demnach Personal abbauen bzw. plant Entlassungen.

Auch die Möglichkeit, Kostensteigerungen durch höhere Nutzerbeiträge auszugleichen, scheine weitgehend ausgereizt; es drohten Verwerfungen. Viele, die besonders auf Unterstützung angewiesen sind, könnten sich Angebote inzwischen nicht mehr leisten.

Der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, erklärte: Wer in Zeiten großer Unsicherheit und gesellschaftlicher Umbrüche nicht in Bildungs- und Teilhabegerechtigkeit sowie in eine stabile soziale Infrastruktur investiere, müsse später ungleich höhere Summen für die Lösung der sozialen Folgeprobleme aufwenden.

"Wer heute kürzt, zahlt morgen drauf"

"Wer heute kürzt, zahlt morgen drauf", so Lilie. AWO-Präsident Michael Groß nannte es ungerecht und unvernünftig, zulasten gemeinnütziger Träger und deren Klientinnen und Klienten zu sparen.

Die Verbände-Umfrage fand von Ende September bis zum 10. Oktober statt und ist nicht repräsentativ. Die knapp 2.770 befragten Dienste und Einrichtungen sind überall im Sozial- und Gesundheitswesen tätig, vom Pflegeheim bis zur Schuldnerberatung. 

Diakonie Deutschland

Die Diakonie ist der soziale Dienst der evangelischen Kirchen. Sie versteht ihren Auftrag als gelebte Nächstenliebe und setzt sich für Menschen ein, die am Rande der Gesellschaft stehen, die auf Hilfe angewiesen oder benachteiligt sind. Neben dieser Hilfe versteht sie sich als Anwältin der Schwachen und benennt öffentlich die Ursachen von sozialer Not gegenüber Politik und Gesellschaft. Diese Aufgabe nimmt sie gemeinsam mit anderen Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege wahr.

Diakonie (Symbolbild) / © Tobias Arhelger (shutterstock)
Diakonie (Symbolbild) / © Tobias Arhelger ( shutterstock )
Quelle:
KNA