Wo steht die Kirche nach drei Jahren unter Papst Franziskus?

Der barmherzige Papst und die arme Kirche

Vor drei Jahren, am 13. März 2013, wurde er zum Papst gewählt, seitdem hat Franziskus eine Menge bewegt. Aber wo steht die katholische Kirche heute wirklich unter der Führung des charismatischen Mannes "vom Ende der Welt", wie er sagt?

Autor/in:
Thomas Jansen
Papst Franziskus öffnet die Heilige Pforte der Lateranbasilika  / © Cristian Gennari (KNA)
Papst Franziskus öffnet die Heilige Pforte der Lateranbasilika / © Cristian Gennari ( KNA )

Durchschnittlich regierte ein Papst in den vergangenen 2.000 Jahren 7 Jahre und fünf Monate. Wenn Franziskus am Sonntag also den dritten Jahrestag seiner Wahl begeht, hat er rein statistisch gesehen beinahe die Hälfte seines Pontifikats schon hinter sich. Zeit also für eine erste Halbzeitbilanz.

Wie viel Franziskus steckt nach drei Jahren in der katholischen Kirche? Was hat der erste Papst aus Südamerika verändert in der so häufig gescholtenen römischen Kirchenzentrale? Und wie wird er von Gläubigen und Ungläubigen weltweit wahrgenommen?

Enorme Erwartungen

Die Erwartungen, die Franziskus schon bald nach seiner Wahl weckte, waren enorm. Seine unermüdlich vorgetragene Forderung nach mehr Barmherzigkeit, etwa im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen oder Homosexuellen, ließ viele Katholiken auf Veränderungen der kirchlichen Ehe- und Sexualmoral hoffen. Doch sie wurden bislang enttäuscht. Konkrete Änderungen blieben bis heute aus. Ob sich das mit seinem in Kürze erwarteten Schreiben zur Familiensynode ändert, bleibt abzuwarten.

Sein unermüdliches Dringen auf Barmherzigkeit, sein Blick auf den konkreten Einzelfall, haben jedoch durchaus Früchte getragen: Der Papst hat ein Umdenken in der katholischen Kirche angestoßen. Die Bischöfe schwenkten größtenteils auf seinen Kurs der Barmherzigkeit ein. Die beiden Bischofssynoden über Ehe und Familie verabschiedeten sich vom moralischen Zeigefinger zugunsten der helfenden Hand. Nicht mehr verurteilen, sondern begleiten, lautet nun die Devise. Seelsorge kommt vor dem Dogma. Das ist Franziskus pur.

Was die Bischofssynoden auch gezeigt haben: Franziskus hat eine neue Diskussionskultur etabliert: Nie zuvor wurde so offen und freimütig über strittige Fragen der Ehe- und Sexualmoral debattiert. 

"Arme Kirche für die Armen"

Ein weiteres zentrales Anliegen ist eine "arme Kirche für die Armen". Spürbar ärmer geworden ist die katholische Kirche in den vergangenen drei Jahren nicht. Doch der Papst, der weiterhin im vatikanischen Gästehaus wohnt und Ford Focus fährt, hat Mercedes-Fahrer und Rolex-Uhren-Träger unter den kirchlichen Amtsträgern gehörig unter Druck gesetzt. Wie nie zuvor müssen sich Bischöfe und Priester vor der Öffentlichkeit für alles rechtfertigen, was den Anschein von Luxus erweckt.

Auf der weltpolitischen Bühne spielt der Vatikan unter Franziskus als Global Player wieder eine größere Rolle. Der spektakulärste Erfolg war zweifellos die Vermittlung der historischen Annäherung zwischen Kuba und den USA. Die mächtigen Staatslenker der Welt suchen das Gespräch mit dem Papst aus Südamerika: von Barack Obama über Angela Merkel bis zu Wladimir Putin. Wie kein Papst zuvor hat sich Franziskus zudem für internationale Abkommen zu Umwelt- und Klimaschutz eingesetzt.

Reform der römischen Kurie

Mit der Reform der römischen Kurie hat sich Franziskus ein Mammutprojekt vorgenommen, dessen Ende noch nicht absehbar ist. Ob es ihm gelingt, den schwerfälligen Verwaltungsapparat und das mitunter als selbstherrlich wahrgenommene Auftreten der Kurie gegenüber den Ortskirchen nachhaltig zu verändern, muss sich zeigen. Sichtbarstes Zeichen für eine Reform ist bisher der Rat aus neun Kardinälen aller Erdteile, die ihn beim Umbau des Verwaltungsapparates und der Leitung der Weltkirche beraten.

Franziskus ist nicht zimperlich umgegangen mit seinen Mitarbeitern im Vatikan, der römischen Kurie. Spektakulär war seine Weihnachtsansprache 2014, als er ihnen "geistliches Alzheimer" vorhielt. In letzter Zeit allerdings hat er seine Mitarbeiter pfleglicher behandelt. Wie groß der Widerstand ist, mit dem er im Vatikan und in der Weltkirche konfrontiert ist, lässt sich schwer abschätzen. Vieles spricht aber dafür, dass der italienische Kirchenhistoriker Andrea Riccardi nicht ganz falsch liegt mit seiner Einschätzung. Demnach hatte kein Papst in den vergangenen hundert Jahren mit einem größeren innerkirchlichen Widerstand zu kämpfen.

Allzu viel Zeit bleibt dem 79-jährigen Argentinier nicht mehr, um der Kirche seinen Stempel aufzudrücken - zumindest nach eigener Einschätzung. Zwei Jahre nach seiner Wahl wurde Franziskus gefragt, wie lange seine Amtszeit wohl dauern werde. Seine Antwort: "Ich habe das Gefühl, dass mein Pontifikat kurz sein wird. Vier oder fünf Jahre."


Quelle:
KNA