Wirtschaft, Politik und Kirche diskutieren über Globalisierung

Was können wir schon tun?

Anarchie, Apokalypse und Barbarei - an düsteren Beschreibungen der Globalisierung fehlt es nicht: 1,3 Milliarden Menschen haben weniger als einen Dollar pro Tag zur Verfügung, die Schere zwischen Arm und Reich wächst weltweit auf ein nie dagewesenes Maß, Großkonzerne beuten rücksichtslos Ressourcen der Entwicklungsländer aus - die ernüchternde Bestandsaufnahme eines Studientages in Freiburg.

Autor/in:
Volker Hasenauer
 (DR)

Doch trotz gewisser Verzweiflung ob dieser Tatsachen wollten es die diskutierenden Akteure aus Wirtschaft, Politik, Kirche und Nichtregierungsorganisationen des Kongresses "Globalisierung gestalten" am Wochenende an der Katholischen Akademie nicht bei bloßer Schwarzmalerei belassen. Vielmehr riefen sie zum Handeln und Eingreifen auf regionaler Ebene auf. Ihr Motto: Eine andere Welt ist möglich. Das kam beim entwicklungspolitisch engagierten Publikum prima an. Auch wenn der Debatte manchmal eine klarere Struktur und strengere Themenbegrenzung gut getan hätte.

Eindrücklich jedoch zeigte sich, wie vielfältig die verschiedenen Akteure mit den Herausforderungen der Globalisierung umgehen. Am kreativsten war dabei wohl der Heidelberger Ökonom Hans Diefenbacher. Er geißelte ein rücksichtsloses Gewinnstreben von Großkonzernen und maßloses, menschenfeindliches Spekulieren auf den Finanzmärkten. Und zog daraus die Schlussfolgerung, sich doch einfach mal versuchsweise auf die regionale Ebene zurückzubesinnen. "Was würde denn passieren, wenn wir unser Geld eben nicht den Banken zur freien Verfügung in den Rachen werfen, sondern nur unter der Auflage, es vor Ort zu investieren?" Entsprechende Ansätze gebe es etwa bei kirchlichen Geldinstituten.

Er verwies auch auf lokale Vorzeigeprojekte, bei denen regional erzeugte Produkte unter einem einheitlichen Label vermarktet werden oder Tausende Bürger mit eigenen Regionalwährungen wie dem "Chiemgauer" bezahlen. Diefenbacher verband in seiner munteren Argumentation naive Träumereien und nachdenkenswerte Projekte.

"Wir brauchen eine neue Ethik"
Die Verliererseite der ungezähmten Globalisierung beschrieb der peruanische Nichtregierungsaktivist Romulo Torres Seoane. Umweltzerstörung durch Bergbau, unzureichender Zugang zum Gesundheitssystem für die Armen und zusammenbrechende lokale Nahrungsmärkte kontrastierte er mit einem wachsenden wirtschaftlichen Wohlstand der Mittelschicht in Peru. Sein resigniertes Urteil lautete, dass in der peruanischen Gesellschaft der solidarische Zusammenhalt verloren gegangen sei. "Wir brauchen eine neue Ethik als Basis der Politik und die kann nur durch die Zivilgesellschaft entstehen."

Dass diese Botschaft in Deutschland angekommen ist, betonte der Staatssekretär im Entwicklungsministerium, Erich Stather. Nichtregierungsorganisationen, Kirchen und Stiftungen seien für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit unverzichtbare Partner. Und natürlich tue die Bundesregierung alles dafür, die für Entwicklungsstaaten verheerenden Agrarsubventionen der westlichen Länder abzuschaffen. Höflich fügte er hinzu, dass kirchliche Organisationen weltweit unverzichtbare Arbeit zur menschenwürdigen Gestaltung der Globalisierung leisteten.

Was das konkret heißen kann, beschrieb bei der von der Katholischen Arbeiterbewegung (KAB) und der Informationsstelle Peru e.V.
organisierten Tagung der Lateinamerika-Leiter des bischöflichen Hilfswerks Misereor, Hein Brötz. Als "global player" wolle die Kirche "mutig und demütig" für bessere Lebensbedingungen eintreten. Es gelte unter dem Stichwort "Option für die Armen", immer und überall den Mensch in den Mittelpunkt zu stellen, betonte Brötz: "Es muss uns weltweit gelingen, arme Menschen aus ihrer Ohnmacht herauszuholen." Auch dies eine Beschreibung von Globalisierung.