Zukunftskongress im Erzbistum Köln blickt auf Kirche im Umbau

"Wir wollen nicht aufgeben"

Auf einem Zukunftskongress beschäftigen sich aktuell Katholikinnen und Katholiken im Erzbistum Köln mit der Frage, wie es in der katholischen Kirche zukünftig weitergehen soll. Im Blickpunkt steht dabei erneut der Wunsch nach Reformen.

Zukunftskongress im Erzbistum Köln blickt auf Kirche im Umbau / © oatawa (shutterstock)
Zukunftskongress im Erzbistum Köln blickt auf Kirche im Umbau / © oatawa ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Sie nennen die aktuelle Serie von Veranstaltungen den ersten "Zukunftskongress der katholischen Kirche im Erzbistum Köln" und haben diesen Zukunftskongress unter das Motto "#underconstruction" – also "im Aufbau" – gestellt. Was wollen Sie damit ausdrücken?

Marianne Arndt (Kölner Gemeindereferentin und Vertreterin von Maria 2.0): Wir drücken damit aus, dass unsere Kirche, "unsere" sage ich ganz bewusst, es ist nicht die Kirche der Kardinäle und der Bischöfe, sondern es ist die Kirche der Menschen, dass wir diese Kirche für im Umbau erforderlich und befindlich empfinden.

Wir wollen diese Kirche umbauen zu einer Kirche der Menschlichkeit, der Geschlechtergerechtigkeit, der Demokratisierung. Genau deswegen haben wir das Motto gewählt, weil es auch ein positives Motto ist. Und wir wollen nicht aufgeben.

DOMRADIO.DE: Sie sind seit dem 11. September schon dran. Bis Anfang Oktober stehen dann fast jeden Tag Veranstaltungen auf dem Programm. Wie läuft es bisher?

Arndt: Wir merken natürlich, da wir das meiste in Präsenz machen, dass nach den Sommerferien und bedingt durch die Pandemie noch die Trägheit der Menschen da ist. Aber wir haben etliche Veranstaltungen, die ausgebucht sind. Bei einigen Veranstaltungen wird nachgefragt: Können wir es nicht auch streamen? Das probieren wir jetzt noch. Aber dadurch, dass wir das ja alles so ehrenamtlich nebenbei noch machen, ist das alles nicht so einfach.

Vor allen Dingen wichtig ist uns, dass am 25.9. – dann, wenn wir am Roncalliplatz unser Abschlusskundgebungsgebet haben, viele, viele Menschen kommen, weil wir da schauen wollen, wie es weitergeht. Unter der Maria 2.0-Rheinland Seite kann man den aktuellen Verlauf auch sehen und wir twittern viel. In der nächsten Woche haben wir Frau Reisinger in Brühl, Herrn Sander hier in der Karl Rahner Akademie. Das sind zwei ganz wichtige Veranstaltungen, da geht es nämlich noch mal um das Thema Missbrauch. Und wenn wir das Thema Missbrauch nicht irgendwie in einer gerechten Art und Weise in den Griff kriegen, dann wird "Under Contruction" zerstört werden.

DOMRADIO.DE: Da hat sicher die Entscheidung aus Rom gestern im Fall des Hamburger Erzbischofs noch mal viele Fragen aufgeworfen. Was ist jetzt die Erfahrung der ersten Woche? Was für Fragen bringen die Menschen mit?

Arndt: Die Menschen bringen vor allen Dingen den Wunsch nach mehr Gleichberechtigung, nach mehr Mitarbeit mit. Eine junge Frau hat am vergangenen Montag bei einem Vortrag gesagt: "Wir können doch nicht Menschen ausschließen, seien sie divers oder seien sie weiblich, so können wir Kirche nicht weiter bauen."

Das war eine junge Frau. Ich schätze sie so Mitte zwanzig. Genau das sind die Stimmen von vielen, die sich überhaupt noch interessieren. Viele haben sich ja schon abgewandt. Unser Versuch gilt auch denen, die sich abgewandt haben. Auch die kommen zu uns und sagen: "Es ist gut, dass ihr das macht. Macht weiter. Bitte hört nicht auf." Aber manche haben keine Kraft mehr oder haben solche Verletzungen erlebt.

DOMRADIO.DE: Neben den katholischen Frauenverbänden und Maria 2.0 sind zum Beispiel der BDKJ dabei, der Diözesanrat, der Katholikenausschuss, der Katholikenrat im Kreis Rhein-Erft, sowie die Berufsverbände der Pastoral- und Gemeindereferenten und -referentinnen. Jetzt könnte man natürlich ein bisschen böse sagen: Bleiben Sie dann nicht unter sich? Sie denken vielleicht in diesen Hauptfragen doch alle eher ähnlich. Und die, die Sie gerne überzeugen würden, die sind gar nicht erst dabei.

Arndt: Wir hoffen, dass daraus eine Strahlkraft entsteht. Deswegen sind wir ja dankbar, wenn wir damit auch in die Öffentlichkeit gehen, auch in die nicht religiöse Öffentlichkeit, um die Leute zu ermutigen, um die Leute mit einzuladen, an dieser, unserer gemeinsamen Kirche weiterzubauen. Und ich hoffe, dass es Wirkung zeigt. Natürlich brauchen wir auch unsere internen Leute, denn auch das ist nicht ein einheitlicher Kreis, sondern auch da sind divergierende Meinungen. Und auch da müssen wir kontrovers, inhaltlich und klar miteinander diskutieren.

DOMRADIO.DE: Gerade erst haben der Kölner Pfarrer Frings und die Kölner Benediktinerinnenoberin Schwester Emmanuela zusammen ein Buch über Gehorsam geschrieben. Und sie haben dann in einem Interview dazu gesagt, dass sie die Hoffnung eigentlich längst verloren haben, dass sich z.B. über den Synodalen Weg etwas in der Kirche verändert. Da werde Augenhöhe suggeriert, die es in Wirklichkeit gar nicht gebe. Finden Sie das entmutigend?

Arndt: Also einmal bin ich froh, dass die beiden so klar und deutlich gesprochen haben und das ist ganz wichtig. Zum zweiten sehe ich es aber auch so: Natürlich ist es entmutigend, aber ich denke, ich bin genau dafür angetreten, diese Kirche noch nicht aufzugeben. Und genau das will ich noch nicht tun. Ich kann das verstehen und ich finde das sehr ehrlich, was die beiden geschrieben haben. Aber ich bin noch am Kämpfen und hoffe, dass wir trotz all der Belastungen weiterkämpfen.

Das Interview führte Hilde Regeniter.


Marianne Arndt / © Rudolf Wichert (KNA)
Marianne Arndt / © Rudolf Wichert ( KNA )
Quelle:
DR