Scheidender Präses Rekowski zieht gemischte Bilanz seiner Amtszeit

"Wir springen bei Reformen selten zu weit"

Acht Jahre lang bestimmte Manfred Rekowski maßgeblich die Geschicke der rheinischen Kirche. Am Ende seiner Amtszeit denkt er dankbar, aber auch nachdenklich zurück. Er freut sich auf die neue Rolle als einfaches Kirchenmitglied.

Autor/in:
Ingo Lehnick
Manfred Rekowski / © Harald Oppitz (KNA)
Manfred Rekowski / © Harald Oppitz ( KNA )

Für Präses Manfred Rekowski endet am Samstag eine "wirklich erfüllte Zeit": Nach acht Jahren an der Spitze der Evangelischen Kirche im Rheinland wird der Theologe mit 63 Jahren in den Ruhestand verabschiedet und ist dann nur noch "ein einfaches Gemeindeglied" an seinem Wohnort Wuppertal.

Ein Hauptthema seiner Amtszeit war unter der Überschrift "Leichtes Gepäck" das Ziel, die Weichen für eine kleiner werdende Kirche zu stellen, die mit weniger Strukturen und Vorschriften auskommt.

Gemischte Bilanz

Die Bilanz fällt gemischt aus: Das Problembewusstsein sei inzwischen vorhanden, "aber im Blick auf Lösungen und die Umsetzung haben wir noch eine Menge zu tun", sagt der frühere Wuppertaler Superintendent. Auch unter seinem Nachfolger Thorsten Latzel müsse ohne Tabus über die Zukunft nachgedacht werden: "Wir springen bei Reformen selten zu weit." Am Ende einer Amtszeit seien nie alle Aufgaben erledigt und Vieles bleibe notgedrungen fragmentarisch.

Als Rekowski 2013 zum Präses gewählt wurde, steckte die rheinische Kirche nach Millionenverlusten bei einer Kirchenfirma und umstrittenen Reformprojekten in einer Vertrauenskrise. Seither kam einiges voran, etwa die Haushaltskonsoldierung: Die jährlichen Ausgaben im landeskirchlichen Haushalt wurden um fast ein Drittel gekürzt, eine vertraulich beratende Arbeitsgruppe erörtert längerfristige Zukunftsperspektiven. In Rekowskis Amtszeit fallen auch wichtige Beschlüsse wie die Gleichstellung homosexueller Paare und ein Gesetz gegen sexualisierte Gewalt.

Stärker als zuvor soll auf die Jugend gesetzt werden. Als einen Höhepunkt seiner Amtszeit nennt Rekowski die erste Jugendsynode 2019, "durch die Partizipation und Diversität ein großes Thema wurden und junge Leute in Verantwortung kamen, bis hin zur Wahl in die Kirchenleitung". Um bisher kirchenferne Menschen zu erreichen, werden Experimente gefördert: Ein "Erprobungsgesetz" ermöglicht es, leichter neue Ideen wie alternative Gemeindeformen oder neue IT-Verfahren in der Verwaltung zu testen.

Fortschritte in der Ökumene

In der Ökumene habe es etwa mit gemeinsamen Gebäudenutzungen und der Vereinbarung über einen konfessionell-kooperativen Religionsunterricht in Nordrhein-Westfalen zwar Fortschritte gegeben, resümiert Rekowski. Dass sich das Erzbistum Köln an dieser Kooperation nicht beteiligt, zähle aber zu den "ökumenischen Enttäuschungen" seiner Amtszeit. Auch die Ablehnung der wechselseitigen Teilnahme an Abendmahl und Eucharistie von Katholiken und Protestanten durch den Vatikan sei ein Rückschlag.

Mit Blick auf den Missbrauchsskandal beklagt der scheidende Präses "so etwas wie eine ökumenische Haftungsgemeinschaft": Den Vertrauensverlust durch den Umgang des Erzbistums Köln mit der Missbrauchsfrage bekomme auch die evangelische Kirche in Form von Vertrauensverlust und Austritten zu spüren. Das sei belastend.

Migrationsexperte geworden

Profiliert hat sich Rekowski in den vergangenen Jahren als Migrationsexperte. Noch bis Mai bleibt der 63-Jährige Vorsitzender der Kammer für Migration und Integration der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). In dieser Zeit würde er gerne die Arbeit an einem ökumenischen Wort der beiden großen Kirchen zum Thema Migration und Flüchtlinge abschließen.

Auch wenn Rekowski das Präses-Amt gern ausübte: Dass sein Alltag künftig nicht mehr von der großen Termindichte und starken Arbeitsbelastung eines Spitzenvertreters von 2,4 Millionen Kirchenmitgliedern zwischen Niederrhein und Saar bestimmt wird, empfindet er als Erleichterung - auch mit Blick auf eine chronische Form der Leukämie, an der er seit zwei Jahren leidet.

"Gott sei Dank gehe ich in vergleichsweise guter gesundheitlicher Verfassung in den Ruhestand", sagt Rekowski und hat seine neuen Freiheiten im Blick: "Als pensionierter Pfarrer darf man noch viel, man muss aber nichts." In irgendeiner Weise wolle er diakonisch handfest anpacken. "Ich freue mich außerdem auf deutlich mehr Zeit mit meiner Frau und mit meinem Enkelkind, bei dem ich manches intensiver wahrnehme als früher bei meinen Kindern, weil ich jetzt mit der Alltagsbewältigung nichts zu tun habe." Zudem finde er die Möglichkeit reizvoll, spontan reisen zu können.


Quelle:
epd
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