Wintereinbruch bedroht Obdachlose

"Wir sind an der Grenze"

Die klirrende Kälte in Deutschland macht Obdachlosen schwer zu schaffen. In vielen Städten sind die Betten in den Notunterkünften belegt, mehr Platz wird benötigt. Hilfsorganisationen fordern mehr Hilfen für Menschen, die auf der Straße leben.

 (DR)

In diesem Winter seien mehr Obdachlose auf den Straßen unterwegs, urteilt die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe. Seit 2008 sei ihre Zahl Schätzungen zufolge um jährlich bis zu sieben Prozent gestiegen. Derzeit werde die Zahl der Wohnungslosen bundesweit auf bis zu 255.000 geschätzt. Davon leben rund 20.000 (Stand 2008) auf der Straße. Weitere 120.000 Menschen seien vom Verlust ihrer Wohnung durch Mietschulden und Räumungsklagen bedroht.

Kritik: unzureichende Hilfe der Kommunen

Die Wohnungslosenhilfe verweist auf den vergangenen Winter. Bundesweit erfroren mindestens 17 wohnungslose Männer. Das war die höchste Zahl seit über zehn Jahren.

In vielen Städten seien die Unterkünfte in den vergangenen Nächten bereits überfüllt gewesen, sagte der Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft, Thomas Specht, in Bielefeld. Das Hilfsangebot reiche in den Kommunen oft nicht aus.

"Wir sind an der Grenze"

Auch in Berlin waren die Notunterkünfte bereits ausgebucht. "Wir sind an der Grenze", sagte Hermann Pfahler vom Diakonischen Werk der evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. In diesem Winter stünden zwischen 300 und 350 Übernachtungsplätze für Obdachlose zur Verfügung. Benötigt würden in der Hauptstadt aber etwa 400 Plätze.

Pfahler führt die Überfüllung einiger Einrichtungen auf den relativ frühen Kälteeinbruch zurück. Außerdem gehe er davon aus, dass es in Berlin mehr Wohnungslose als im vergangenen Winter gebe. Die Diakonie schätzt die Zahl der Obdachlosen in der Stadt auf 11.000 Menschen.

Todesopfer in Klein- und Mittelstädten

Nach Angaben der Bundesarbeitgemeinschaft Wohnungslosenhilfe hat sich die Mehrzahl der Todesfälle im vergangenen Winter in Klein- und Mittelstädten ereignet. Auch in ländlichen Kommunen seien aufgrund des kaum vorhandenen Hilfsangebots bei Minustemperaturen immer wieder Kälteopfer zu beklagen.

Zur Prävention fordert die Bundesarbeitsgemeinschaft großzügigere Öffnungszeiten der Unterkünfte sowie der U-Bahnstationen und Bahnhöfe. Statt "Massenunterkünfte" mit großen Mehrbettzimmern sollten Kommunen zudem mehrere verteilte Unterkünfte für Einzelpersonen oder kleine Gruppen von Wohnungslosen zur Verfügung stellen. Stadtverwaltungen sollten zudem telefonische Notrufe einrichten, damit Bürger gefährdete Menschen melden können.