Wieder heftige Kämpfe im Kongo ausgebrochen

FAZ-Korrespondent entführt

Im Osten des Kongo ist der Korrespondent der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", Thomas Scheen, entführt worden. In der Krisenregion kam es nach einer Woche angespannter Ruhe wieder zu heftigen Gefechten. Mit der Gewalt schwinden die Erfolgsaussichten des für morgen geplanten Krisengipfels.

 (DR)

Der Journalist Scheen war nach Informationen des epd in Nairobi vor zwei Tagen von Mai-Mai-Milizen entführt worden. Die Hutu-Milizen brachten auch UN-Mitarbeiter in ihre Gewalt, mit denen Scheen bei Kiwanja nördlich von Goma unterwegs war. Die FAZ teilte mit, der Korrespondent sei zwischen die Fronten geraten. Das Auswärtige Amt in Berlin bemühte sich um seine Freilassung. Scheen gilt als erfahrener Reporter. Er berichtet seit acht Jahren für die FAZ aus Afrika und hat viele Krisenregionen bereist.

Auch das belgische Außenministerium war in die Vermittlungen eingeschaltet. Der in Eupen geborene Scheen ist belgischer Staatsbürger. Der Journalist befinde sich in einem hügeligen Gebiet nahe der Stadt Rutshuru, rund 90 Kilometer nördlich von Goma, offensichtlich in der Hand von Mai-Mai-Milizen, sagte ein Sprecher des belgischen Außenministeriums dem epd in Brüssel. Die Milizen fordern unter anderem den Rückzug des Rebellengenerals Nkunda. "Ihre Motive sind aber möglicherweise nicht nur politischer Art", sagte der Ministeriumssprecher. Über Scheens Zustand sei nichts bekannt. Das Ministerium zeigte sich aber "eher optimistisch", dass die Entführung bald ein glimpfliches Ende finde.

Nkundas Rebellen, die vor einer Woche eine Waffenruhe verkündet hatten, kämpften am Donnerstag an mehreren Fronten. "Laurent Nkundas Rebellen haben die Dörfer Nyanzale und Kikuku eingenommen, damit haben sie die Waffenruhe gebrochen", erklärte der Sprecher der UN-Mission im Kongo, Leutnant Jean-Paul Dietrich, telefonisch aus Kinshasa. "Damit ist klar, dass die Rebellen versuchen, die Region unter ihre Kontrolle zu bekommen." Bei den Kämpfen zwischen Nkundas Rebellen und Mai-Mai-Milizen wurden etwa 35.000 Einwohner der Stadt Kiwanja, 60 Kilometer nördlich der Provinzhauptstadt Goma, von Nkundas Rebellen vertrieben. Berichte, nach denen Nkundas Leute zahlreiche Zivilisten töteten, ließen sich wegen der anhaltenden Gefechte nicht überprüfen.

"Was hat die Regierung getan, um das Problem zu lösen?"
Einen Tag vor Beginn eines Krisengipfels zu Kongo in Kenias Hauptstadt Nairobi nahm der Ton zwischen den politischen Akteuren an Schärfe zu. Ruandas Präsident Paul Kagame, dem eine Unterstützung Nkundas vorgeworfen wird, machte die kongolesische Regierung für die Krise verantwortlich. "Was hat die Regierung getan, um das Problem zu lösen?", sagte Kagame im britischen Rundfunksender BBC. Auch den Vereinten Nationen gab Kagame eine Mitschuld. "Wozu geben die UN jährlich eine Milliarde Dollar für eine Blauhelm-Truppe aus? In spätestens sechs Monaten sehen wir doch schon die nächste humanitäre Katastrophe."

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) rief Kongo und Ruanda auf, an einer tragfähigen politischen Lösung zu arbeiten. Nur im Dialog könnten Wege aus der Krise gefunden werden, sagte der Minister in Berlin. Steinmeier hatte zuvor mit Ruandas Präsident Kagame und dem kongolesischen Außenminister Alexis Thambwe Mwamba telefoniert. In Nairobi trafen am Donnerstagabend die ersten Staats- und Regierungschefs ein. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon wurde erwartet.

Der Rebellengeneral Nkunda, der nicht an dem Gipfel teilnimmt, forderte die kongolesische Regierung über BBC erneut zu direkten Verhandlungen auf. Andernfalls werde er weiter kämpfen und auch das mehr als 1.500 Kilometer entfernte Kinshasa angreifen. Nkunda gehört zur Volksgruppe der Tutsi. Mit seiner Rebellion will er nach eigenen Angaben Hutu-Extremisten verfolgen, die für den Völkermord an rund 800.000 Tutsi und gemäßigten Hutu 1994 in Ruanda verantwortlich sind und nach Kongo flüchteten.