Wie ist die Vorsitzendenwahl der US-Bischöfe einzuordnen?

"Alles bleibt beim Alten"

Auf ihrer Herbsttagung haben die US-amerikanischen Bischöfe einen neuen Vorsitzenden gewählt. Der Journalist und USA-Kenner Klaus Prömpers erklärt, wie das Wahlergebnis einzuschätzen ist und was das für die Zukunft bedeuten kann.

Bischöfe wählen bei der Herbstvollversammlung der US-amerikanischen Bischofskonfeenz / © Bob Roller (KNA)
Bischöfe wählen bei der Herbstvollversammlung der US-amerikanischen Bischofskonfeenz / © Bob Roller ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wie ist die Wahl denn ausgegangen?

Klaus Prömpers (Journalist und Kenner der Kirche in den USA): Sie ist so ausgegangen, wie viele befürchtet und wahrscheinlich sogar die Mehrheit innerhalb der Bischofskonferenz gehofft haben. Denn es bleibt alles beim Alten, wenn man so will. Zum Vorsitzenden und zum Stellvertreter gewählt wurden wieder zwei Bischöfe, die beide nicht im Ruf stehen, treue Jünger von Papst Franziskus zu sein. Sie haben eher eine lange Tradition darin, im Grunde kirchentreu im alten Sinne zu sein.

Klaus Prömpers (privat)
Klaus Prömpers / ( privat )

Zum Vorsitzenden für die nächsten drei Jahre ist Erzbischof Timothy Broglio gewählt worden. Er ist Militärbischof mit Sitz in der Hauptstadt Washington. Er ist 70 Jahre alt und hat lange Zeit im diplomatischen Dienst des Vatikan unter Kardinal Sodano gedient.

Das ist der Kardinal, der beispielsweise den sexuellen Missbrauch von Ordensmitgliedern der Legionäre Christi lange verharmlost, um nicht zu sagen vertuscht hat. Er war Nuntius in der Dominikanischen Republik und in Chicago.

Von 2000 bis 2008 etablierte er da Bischof Daniel Fernandez Torres, den jüngst der Papst aus dem Amt entfernt hat. Das lässt darauf schließen, dass es eine konservative Ausrichtung ist.

Bischof Timothy P. Broglio, Vorsitzender der us-amerikanischen Bischofskonferenz / © Bob Roller/CNS photo (KNA)
Bischof Timothy P. Broglio, Vorsitzender der us-amerikanischen Bischofskonferenz / © Bob Roller/CNS photo ( KNA )

DOMRADIO.DE: Auch die Vorsitzenden der Komitees sind neu zu besetzen. Rechnet man denn da mit Überraschungen?

Prömpers: Die Wahlen sind gerade abgeschlossen. Die gehen nämlich elektronisch. Man kann auf einer kleinen Tastatur wählen, wem man die Stimme gibt.

Auch da zeigt sich, dass die Konservativen weiter die führenden Kräfte unter den 270 Bischöfen in der amerikanischen Kirche bleiben. Sie werden weiter versuchen, ihr Herzensanliegen, den Kampf gegen die Abtreibung, voranzutreiben.

Man hörte bisher kaum ein Wort über die dauernden Tötungsfälle durch den Waffenmissbrauch in den USA, was man eigentlich auch von der Kirche erwarten könnte.

Die katholische Kirche in den USA

Die römisch-katholische Kirche ist die größte Glaubensgemeinschaft der USA, denn die Protestanten teilen sich in verschiedene Konfessionen. Ein knappes Viertel der US-Amerikaner ist katholisch, die meisten Katholiken leben im Nordosten und im Südwesten. Genaue Zahlen sind schwierig, weil in den USA der Wechsel einer Konfession sehr häufig vorkommt.

Die katholische Kirche in den USA / © rawf8 (shutterstock)
Die katholische Kirche in den USA / © rawf8 ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Abgesehen von den Wahlen, welche Themen bestimmen denn die Herbsttagung?

Prömpers: Ein wesentliches Thema ist der 20. Jahrestag der Erklärung von Dallas. Man hatte sich einer Null-Toleranz-Politik im Bezug auf Missbrauch verschrieben. Die hat man auch über weite Strecken durchgehalten. Aber es kommt immer wieder zu Vorfällen und zu Aufdeckungen von Altlasten, wenn man so will.

Jetzt steht man im Grunde in einer gewissen Weise bei der Abtreibungsfrage nach dem Urteil des Supreme Court, dass Abtreibungen in die einzelstaatliche Regelung der Bundesstaaten gehören und nicht mehr generell erlaubt werden können, wie das bisher in den letzten 50 Jahren der Fall war, vor dem neuen Kampf, noch weiter gegen die Abtreibung vorzugehen.

Insbesondere nachdem in fünf Bundesstaaten bei den Midterm Elections letzten Dienstag in die Verfassung hineingeschrieben worden ist, welche Möglichkeiten der Abtreibung dort weiter gelten sollen.

DOMRADIO.DE: Wie wichtig ist denn die Stimme der Kirchen noch in der Gesellschaft und wie hoch ist der Stellenwert der Kleriker?

Prömpers: Insgesamt ist der Stellenwert der katholischen Kirche natürlich immer noch bedeutend, weil sie ungefähr 24 Prozent der Bevölkerung in den USA umfasst. Allerdings muss sie auch zugestehen, dass ihr Einfluss sinkend ist. Die Laien sind durch die Missbrauchsfälle der letzten 30, 40 Jahre sehr irritiert und auch die Priesterschaft ist irritiert.

Es gibt eine neue Umfrage unter 3.500 Priestern in 191 Diözesen vom Oktober dieses Jahres, die zeigt, dass diese Priester Angst haben, falsch beschuldigt zu werden und dann befürchten müssen, dass ihr Leben zerstört ist.

Sie erwarten nicht sehr viel von den Bischöfen. Sie haben einen großen Mangel an Vertrauen und Glaubwürdigkeit gegenüber ihren Bischöfen. Nur 44 Prozent sind im Schnitt der Meinung, dass die Bischöfe glaubwürdig sind und richtig handeln. Sie fordern mehr Transparenz, mehr Rückhalt und mehr Ehrlichkeit der Kirche insgesamt.

Klaus Prömpers, Journalist und Kenner der amerikanischen Kirche

"Die Priester erwarten sich nicht sehr viel von den Bischöfen"

DOMRADIO.DE: Die Herbsttagung wird live gestreamt. Was war denn für Sie bislang besonders interessant?

Prömpers: Ich gucke mit einem Auge auf die Tweets, die abgesetzt werden und man sieht, dass offensichtlich viele Menschen zuschauen und zuhören und ihre Meinung äußern. Die ist teilweise sehr kontrovers und sehr verletzend, denn es gibt da eine ganze Menge Leute, die sagen dass das, was da gesagt worden ist, ist nicht das ist, was man erhofft hatte.

Dann gibt es sehr konservative Bischöfe, die wörtlich zum Kampf gegen Abtreibung, gegen sexuellen Missbrauch aufrufen. Aber sie sagen in anderen Fällen, beispielsweise wenn es um Immigration geht, bei weitem nicht so viel.

Interessanter Tagesordnungspunkt war auch noch die Ukraine, gerade nachdem in Polen diese zwei Raketen niedergegangen sind. Mehr als eine Million Menschen ukrainischen Ursprungs leben in den USA. Deswegen gibt es eine eigene ukrainische Diözese.

Kardinal McElroy von San Diego, der unlängst vom Papst zum Kardinal ernannt worden war, forderte die Bischofskonferenz nun auf, nachdem das Repräsentantenhaus in republikanischen Händen zu sein scheint, dafür zu sorgen, dass das nicht passiert, was die Republikaner gesagt haben, nämlich dass die Zuschüsse für die Ukraine-Hilfe gesenkt werden.

Da müsste die katholische Bischofskonferenz gegen antreten. Er hatte appelliert und Beifall bekommen. Ich bin gespannt, ob das jetzt auch umgesetzt wird.

Das Interview führte Heike Sicconi.

Quelle:
DR