Neuer Chef der US-Bischöfe steht für konservativen Kurs

"Weiter so" statt Neuaufbruch

Erstmals seit Langem mussten die US-Bischöfe in einer echten Wahl ihren neuen Vorsitzenden bestimmen. Denn der sonst quasi automatisch aufrückende Vize kam aus Altersgründen nicht in Frage. Eine Überraschung blieb aus.

Autor/in:
Bernd Tenhage
Bischof Timothy P. Broglio, Vorsitzender der us-amerikanischen Bischofskonferenz / © Bob Roller/CNS photo (KNA)
Bischof Timothy P. Broglio, Vorsitzender der us-amerikanischen Bischofskonferenz / © Bob Roller/CNS photo ( KNA )

Die als besonders konservativ geltende katholische US-Bischofskonferenz (USCCB) bleibt ihrem Ruf treu: Erwartungsgemäß setzte sich im ersten offenen Rennen um die Führung seit Langem ein Kandidat durch, der dem Profil seines Vorgängers, Erzbischof Jose Gomez aus Los Angeles, entspricht. Erzbischof Timothy P. Broglio, der neue Vorsitzende der US-Bischöfe, ist kein Kompromiss- oder gar Reform-Kandidat, sondern steht mit beiden Beinen im Lager der Konservativen.

Am Dienstag (Ortszeit) wurde der 70 Jahre alte US-Militärbischof bei der Herbsttagung in Baltimore im dritten Wahlgang mit 138 von 237 abgegebenen Stimmen gewählt. In diesem Jahr hatten sich insgesamt zehn Bischöfe für den Posten beworben, der für gewöhnlich quasi automatisch dem bisherigen Vize-Vorsitzenden zufällt. Erzbischof Allen Vigneron kam dafür aber aus Altersgründen nicht infrage. Denn der 73-Jährige muss mit 75 - also ein Jahr vor Ende der dreijährigen Amtszeit des USCCB-Vorsitzenden - dem Papst seinen Rücktritt anbieten.

Die zweitmeisten Stimmen nach Broglio erhielt der Vorsitzende des Komitees für den Lebensschutz bei der USCCB, Erzbischof William E. Lori (71) aus Baltimore. Damit war er Favorit für die Wahl des Stellvertreters, der immer aus den verbliebenen Kandidaten bestimmt wird, und setzte sich dann auch in einer eigenen Wahl durch. Mit dieser Wahl ist aber auch schon jetzt klar, dass es in drei Jahren wieder eine echte Neuwahl geben wird, da Lori dann 74 sein wird.

Keine Kardinäle in vorderer Reihe

Bemerkenswerterweise hatte kein einziger der sieben Kardinäle, die derzeit ein US-Bistum leiten, Interesse an der Führungsposition gezeigt. Die überwiegend von Papst Franziskus ernannten Kirchenführer ahnten wohl, dass sie in der Bischofskonferenz in ihrer aktuellen Zusammensetzung keine Mehrheit bekommen dürften, und winkten ab. Dass mit Lori und Broglio nun zwei Konservative an der Spitze der USCCB stehen, lässt Beobachter eine Kontinuität des Kurses erwarten, den der seit 2019 amtierende Gomez verfolgt hatte.

US-Bischöfe wählen Militärbischof Broglio zum neuen Vorsitzenden

Timothy P. Broglio (70), seit 2008 Militärbischof der USA, ist neuer Vorsitzender der katholischen US-Bischofskonferenz.

Der aus Cleveland im Bundesstaat Ohio stammende Erzbischof setzte sich am Dienstag (Ortszeit) in Baltimore bei der Herbsttagung der Bischöfe gegen neun Mitbewerber durch. Er wurde im dritten Wahlgang mit 138 der 237 abgegebenen Stimmen gewählt.

Midterm Elections in den USA / © anthony heflin (shutterstock)
Midterm Elections in den USA / © anthony heflin ( shutterstock )

Unter dessen Führung gab es tiefe Verwerfungen innerhalb der Bischofskonferenz wie auch mit dem Vatikan. Ins öffentliche Bewusstsein traten die Konflikte etwa beim Streit darüber, ob katholische Politiker zur Kommunion gehen dürfen, wenn sie beim Thema Abtreibung von der Linie der Kirche abweichen. Hinter den Kulissen intervenierte der Vatikan, um ein Dokument zu entschärfen, das darauf abgezielt hatte, Präsident Joe Biden und die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, vom Empfang des Sakraments auszuschließen.

Der künftige Vorsitzende Broglio profilierte sich vor allem mit anderen Themen bei Konservativen und Traditionalisten. So zeigte er zum Beispiel Verständnis für Impfgegner. "Niemand sollte gezwungen werden, sich gegen COVID-19 impfen zu lassen", sagte er, der darin - anders als etwa der Papst - "eine Verletzung der Heiligkeit des Gewissens" sah.

Ablehnung Homo-Ehe

Ein besonderes Anliegen war Broglio als Militärbischof auch die Ablehnung der gleichgeschlechtlichen Ehe. 2013 ordnete er an, auf gar keinen Fall homosexuelle Paare zu segnen. Zudem verbot er Militärgeistlichen die Teilnahme an entsprechenden Beerdigungen, weil sie damit "den Eindruck erwecken könnten, die Kirche befürworte gleichgeschlechtliche Ehebeziehungen".

Laut dem katholischen US-Pressedienst CNS soll Broglio auch homosexuelle Priester für die Missbrauchskrise verantwortlich gemacht haben. Insgesamt sei er deutlich mehr an der Bewahrung der katholischen Lehre interessiert als an Fragen der Seelsorge.

Der 2001 von Papst Johannes Paul II. zum Bischof ernannte Broglio zählte zu den Favoriten bei der Gomez-Nachfolge, unter anderem weil er seit 2008 in seiner bisherigen Funktion als Milltärbischof in Washington residiert, wo auch die USCCB ansässig ist. Damit kann er anders als sein Vorgänger vor Ort stärker präsent sein.

Erfahrungen im diplomatischen Dienst

Als Vorteil betrachten Beobachter auch seine Erfahrungen in Rom und im diplomatischen Dienst des Vatikan. Er promovierte in Kirchenrecht an der römischen Universität Gregoriana und absolvierte später die Diplomatenschule. Im diplomatischen Dienst arbeitete er unter anderem an der Elfenbeinküste, in Paraguay und in der Dominikanischen Republik.

Seine Nähe zur römischen Kurie wird allerdings von einigen Beobachtern auch als Problem gedeutet. Kritiker halten ihm eine zu große Nähe zum ehemaligen Chefdiplomaten des Vatikan vor, dem im Mai verstorbenen Kardinal Angelo Sodano. Dieser soll in der Missbrauchskrise Ermittlungen gegen hochrangige Kirchenführer behindert haben. Broglio war von 1990 bis 2001 einer seiner engsten Mitarbeiter.

Auch Broglios künftiger Stellvertreter, Erzbischof Lori, gehört eindeutig zum konservativen Lager. Die Wahl des bisherigen Vorsitzenden des Komitees für Lebensschutz deutet darauf hin, dass der Streit um das Thema Abtreibung weiterhin höchste Priorität haben dürfte.

Dauerthema Abtreibung

Die Herbsttagung ist das erste Treffen der US-Bischöfe seit der Aufhebung des Grundsatzurteils zur Abtreibung von 1973 (Roe gegen Wade) durch das Oberste Gericht. Die anfängliche Jubelstimmung nach der Entscheidung schlug nach den Zwischenwahlen von letzter Woche in Enttäuschung um. Denn in fünf Bundesstaaten hatten sich die Wähler für den Erhalt des legalen Zugangs zur Abtreibung ausgesprochen. Nun dürfte sich die öffentliche Aufmerksamkeit vor allem darauf richten, mit welcher Strategie Erzbischof Broglio das Abtreibungsthema angeht.

 

Quelle:
KNA
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