Wie es im Vatikan im Winter warm wird

Vom Kohlebecken zum E-Werk

Viele Gebäude im Vatikan lassen sich nicht gut heizen. Dennoch konnte man die großen Säle früher schon wärmen. Wie das ging, warum der Vatikan schon früh ökologisch geheizt hat und wie es heute warm wird, erklärt Ulrich Nersinger.

Der Petersdom im Schnee im Jahr 2018 / © Angelo Cordeschi (shutterstock)
Der Petersdom im Schnee im Jahr 2018 / © Angelo Cordeschi ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Sie haben ja viele Jahre in Rom verbracht, waren auch immer mal wieder im Vatikan. Haben Sie denn da im Winter mal gefroren?

Ulrich Nersinger (Autor und Vatikanexperte): Ich habe im Winter immer gefroren, denn in Rom war es so, dass man damals in den 80er-Jahren nur zu bestimmten Zeiten heizen durfte. Wir mussten uns als Studenten dann doch manche Sachen ausdenken, wie wir den Winter "überleben".

Vatikanexperte Ulrich Nersinger (EWTN)
Vatikanexperte Ulrich Nersinger / ( EWTN )

DOMRADIO.DE: Wie haben Sie das dann geschafft?

Nersinger: Viele von uns hatten illegal kleine Heizlüfter. Eigentlich durften wir die gar nicht benutzen. Die haben wir dann unterm Bett versteckt. Und wenn es ganz schlimm wurde, haben wir die rausgeholt und mal angedreht.

DOMRADIO.DE: Was waren denn überhaupt die Herausforderungen beim Heizen?

Nersinger: Im Vatikan ist es natürlich immer so gewesen, dass die großen Räume, vor allen Dingen der Apostolische Palast, unglaublich schwer zu heizen waren.

Bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden die großen Säle mit etwas ganz Besonderem geheizt. Zuerst einmal: Der Stichtag für das Heizen im Vatikan war der 25. November, also der Gedenktag der Heiligen Katharina. Und da hat man also – zumal man im apostolischen Palast keine Heizkörper hatte – in den großen Sälen und in den Kapellen riesige Messingbecken gehabt und hat diese unter anderem mit Holzkohle befüllt, um damit den Besuchern, aber auch dem Papst ein bisschen Wärme zu verschaffen.

Apostolischer Palast / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Apostolischer Palast / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Und wenn dann diese Messingbecken nicht mehr ausgereicht haben, dann kamen auch Kraftwerke dazu, oder?

Nersinger: Ja, aber nicht für die großen Säle, sondern für die Wohnung des Papstes und auch für die Unterkünfte der Angestellten und der Kurienprälaten. Schon im Jahre 1897 hat Papst Leo XIII. ein erstes Elektrizitätswerk gegründet. Das funktionierte mithilfe von Wasserkraft. Man hat die alten römischen Wasserleitungen genutzt, das Gefälle zum Vatikan hin vor allem, um ein erstes E-Werk zu betreiben.

Dann hat man 1929/30, nach der Gründung des Vatikanstaates, ein Elektrizitäts- und Heizwerk ins Leben gerufen. Dieses wurde aber auch immer noch mit Wasserkraft betrieben, mit Dampfturbinen. Im Grunde hat man da also damals schon sehr ökologisch agiert.

Der Vatikan ist aber immer noch in vielen Bereichen schwer zu heizen. Es gibt ein berühmtes Beispiel: Im Zweiten Weltkrieg war es doch sehr heftig. Auch die Winter waren sehr heftig und da haben wir einen Eintrag im Diensttagebuch eines Nobelgardisten, der vor der Wohnung des Papstes Wache hielt.

Am 12. Februar 1944 schrieb er: "Wann wird endlich die Kälte dieses endlosen Winters weniger werden? Doch Seine Heiligkeit erträgt sie. Auf seinen entschiedenen Befehl hin ist nirgendwo geheizt worden. An diesem Abend arbeitet der Papst bis in die späte Nacht hinein mit einer einfachen Decke auf den Knien. Wie kann der Papst bei dieser Temperatur arbeiten?" Der Papst hat sich damals also mit der Bevölkerung sehr solidarisiert und hat das Heizen im Apostolischen Palast verboten. Aber das muss auch für den Papst doch sehr schwierig gewesen sein. Heute haben wir diese Probleme in dem Maße nicht mehr.

Ulrich Nersinger

"Die Residenz des Papstes und die meisten Wohnungen im Vatikan sind doch heute relativ gut geheizt."

DOMRADIO.DE: Wie wird denn heute im Vatikan geheizt?

Nersinger: Auch mit den Heizwerken, die man ja aufgebaut hat. Aber der Papst wohnt ja heute nicht mehr im Apostolischen Palast, sondern in Santa Marta und hat dort eine sehr mollige Wärme. Das ist eine der neuesten Bauten im Vatikan und da hat man natürlich auch Wert darauf gelegt, dass es dort vernünftige Heizungen gibt.

Trotzdem ist der Papst manchmal erkältet, aber das kommt dann oft eher daher, dass er seine Residenz verlassen hat und auf dem Petersplatz war. Aber die Residenz des Papstes und die meisten Wohnungen im Vatikan sind heute doch relativ gut geheizt.

DOMRADIO.DE: Der Papst bekommt auch häufiger mal etwas geschenkt. Gibt es denn auch so eine Art von Energiesponsor für den Papst?

Nersinger: Ja, aber nicht so sehr im Heizbereich. Wir wissen ja, dass wir zum Beispiel auf dem Dach der Audienzhalle – das wird ja sehr modern geheizt – Fotozellen haben, sodass es im Winter dann zum Beispiel auch für das Heizen nutzen kann, aber auch für die ganze Elektrik und im Sommer für die Kühlung.

Aber das ist natürlich auch immer ein schwieriges Unterfangen, weil man diese Anlagen immer neu kontrollieren muss. Manchmal fallen sie auch aus und Teile der Anlage müssen ersetzt werden. Aber da ist man eigentlich guter Dinge im Vatikan und man schaut darauf, das doch alles sehr ökologisch zu machen.

Das Interview führte Tim Helssen.

Experten geben Tipps zum Heizen von Kirchen 

Bau- und Energie-Experten aus knapp 20 katholischen Erzbistümern und Bistümern haben ihre im vergangenen Jahr vorgelegten Handlungsempfehlungen für ein verantwortungsbewusstes Temperieren von Kirchen fortgeschrieben. Sie betonen ausdrücklich, dass es sich um Empfehlungen handelt und die Gemeinden vor Ort entscheiden sollten, was in der kalten Jahreszeit zu tun sei. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) nennt einige ihrer Empfehlungen.

- Hinterfragen Sie die bisherige Art den Kirchenraum zu temperieren.

Kosten für Strom und Heizen sind stark gestiegen / © Hauke-Christian Dittrich (dpa)
Kosten für Strom und Heizen sind stark gestiegen / © Hauke-Christian Dittrich ( dpa )
Quelle:
DR