Geköpfte Marienstatue von Restaurator abgeholt

Wenn Haupt und Körper getrennt auf Reisen gehen

Die Reaktionen auf die geköpfte Madonna in Straubing waren enorm. Im Internet und in Zeitungen sorgte der Vorfall für Bestürzung. Einen Neusser Puppendoktor rührte es so sehr, dass er die Figur nun restaurieren wird.

Autor/in:
Barbara Just
Abholung der geköpften Marienstatue / © Barbara Just (KNA)
Abholung der geköpften Marienstatue / © Barbara Just ( KNA )

Die blonden Locken spitzen unter dem weißen Schleier hervor und umrahmen das zarte Antlitz. Die blauen Augen dieser jungen Frau schauen einen nicht wirklich an. Vielmehr blicken sie - gottergeben, möchte man fast sagen - in die Ferne. "Ein liebliches Gesicht", sagt Marcel Offermann, während er den Kopf behutsam in seine Hände nimmt und nach allen Seiten dreht. Der Puppendoktor aus dem rheinischen Neuss ist am Donnerstag extra ins niederbayerische Straubing gekommen, um sich ganz privat einer besonderen Patientin anzunehmen. Es ist jene Marienfigur aus der örtlichen Jesuitenkirche, der Ende Oktober mutwillig der Kopf abgeschlagen wurde.

Das Schicksal dieser künstlerisch eher einfachen Madonnenfigur rührte auf der Facebook-Seite des Bistums Regensburg Hunderttausende von Usern. Viele waren so entrüstet, dass sie das Bild gleich mehrmals weiterverbreiteten. Auch Agenturen, Zeitungen und andere Medien berichteten über den Vorfall. Ein Polizist auf dem Weg zum Dienst hatte den abgeschlagenen Kopf mit der übergezogenen Mund-Nase-Maske vor dem Eingang des Gotteshauses gefunden. In dessen Vorraum stieß er dann auf den übrig gebliebenen Rest.

Auf den ideellen Wert kommt es an

Bis dato stand dieser Corpus seither aus Sicherheitsgründen hinter einem Kirchengitter. Vor dem Beichtstuhl hatte er einen Platz gefunden, während die aufgekehrten Scherben nach dem Delikt in einem gelben Margarine-Plastikeimer aufbewahrt worden waren. Das Haupt der Muttergottes hatten gute Seelen derweil in ein einfaches, weißes Handtuch geschlagen und in einen Karton gepackt. Auf gut 100 Jahre schätzt Offermann die Figur. Die Füllung lässt ihn darauf schließen, dass sie wohl nach dem Ersten Weltkrieg gefertigt wurde, als Material knapp gewesen sei und es deshalb nur für eine einfache Steinzement-Basalt-Mischung gereicht habe.

Doch nicht auf den finanziellen, sondern auf den ideellen Wert kommt es letztlich an, sind sich der Fachmann und auch die geistlichen Herren einig. Der rumänisch-orthodoxe Pfarrer Vasile Florin Reut, dessen Gemeinde als Gast in der Jesuitenkirche Gottesdienste feiert, sagt denn auch, alles, was sich dort befinde, sei heilig. Deshalb könne man damit nicht so umgehen. Sicher sei auch die Statue einst gesegnet worden. Er habe sich deshalb gefreut, als jemand spontan Blumen an den Tatort gelegt habe. Doch selbst die seien kurz darauf gestohlen worden.

Muslimische Schützenbrüder beteiligen sich an den Kosten

Sein katholischer Kollege Johannes Hofmann von der Pfarrei Sankt Jakob räumt ein, dass manche die Figur eher als kitschig empfinden mögen. Dennoch gelte es, solche Dinge zu ehren. Sogar Menschen, die nicht unbedingt religiös seien, habe die Geschichte aufgebracht, wie aus den Reaktionen in den sozialen Netzwerken deutlich geworden sei. Offermann ergänzt, wie interreligiös verbindend der Vorfall rund um Maria geworden sei: Nachdem er sich öffentlich bereiterklärt habe, kostenfrei die Restaurierung der Figur zu übernehmen, hätten sich zwei seiner Neusser Schützenbrüder - muslimischen Glaubens - angeboten, die Materialkosten zu tragen.

Einer von ihnen schickte sogar seinen Fahrer samt Kleinlaster nach Niederbayern, um den "Krankentransport" zu übernehmen. Der fuhr also an diesem Nachmittag eigens vor die Kirchentür, um den gewichtigen Teil von Maria zu verladen. Nicht auf einer Liege, sondern ganz banal auf einer Lastenkarre in Begleitung der beiden Geistlichen wurde die Figur zum Ausgang verbracht. Offermann hüllte sie dann sanft in jene weichen Decken, in die er nach eigener Auskunft schon seine Söhne, als diese noch klein waren, gebettet hat. Auf dem Rücken liegend fand die Statue ihre optimale Position, die Hände betend zum Himmel gerichtet, dass auch ja alles gut gehen möge.

Bis März will der Restaurator die Beschädigungen an der Figur ausbessern und den Kopf später mit Metallstiften am Corpus fixieren. Bis Maria wieder in neuem Glanze erstrahlt, wird sie also noch ein weiteres Martyrium handwerklicher Art über sich ergehen lassen müssen. Danach wird sie aber vielleicht einen schöneren Aufstellungsort als vorher bekommen - entsprechende Überlegungen jedenfalls laufen.


Madonna ohne Kopf / © Marcel Offermann (DR)
Madonna ohne Kopf / © Marcel Offermann ( DR )
Quelle:
KNA