Wenn der Papst seinen Regierungsapparat modernisiert

Eine römische Dauerbaustelle namens Kurienreform

Mit der neuen Kurienverfassung "Praedicate Evangelium" wird eine lange Geschichte fortgeführt. Die Behörden und Gerichtshöfe des Papstes wurden immer wieder den Notwendigkeiten der Zeit angepasst.

Autor/in:
Simon Kajan
Aposteldarstellungen vor der Kuppel des Petersdoms / © Alberto Masnovo (shutterstock)
Aposteldarstellungen vor der Kuppel des Petersdoms / © Alberto Masnovo ( shutterstock )

Im ersten Jahrtausend war die Führung der katholischen Kirche noch ein überwiegend römisches Gebilde. Die Päpste als Bischöfe von Rom stützten sich vor allem auf die Hilfe des stadtrömischen Klerus und der benachbarten Bischöfe. Doch mit der Herausbildung eines europaweiten Papst-Primats ab dem 11. Jahrhundert wurde die römische Kurie etabliert. In ihr wurden die geistlichen und weltlichen Behörden des Papstes zusammengefasst. Damit traten an die Stelle der römischen Synode die Versammlungen der Kardinäle, der wichtige Aufgaben übertragen wurden.

Zentralbehörde der Kurie war das "Heilige Offizium"

Sixtus V. (1585-1590) gestaltete dieses Beratungs- und Beschlussfassungsinstrument 1588 nach dem Vorbild anderer neuzeitlicher Behörden um und begründete die Kardinalskongregationen, die bis heute existieren. Eine weitere grundlegende Reform Pius X. (1903-1914) folgte zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Bis in die späten 1960er Jahre galt das "Heilige Offizium", die heutige Glaubenskongregation, als Zentralbehörde der Kurie. Mit dem "Aggiornamento" des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) sollte aber auch die römische Kurie an die neuen Bedürfnisse angepasst werden. Höfische Zöpfe wurden nicht nur bei den Zeremonien und im päpstlichen Hofstaat abgeschnitten, sondern auch in der Administration.

Seit der Kurienreform unter Paul VI. (1963-1978) durch die Apostolische Konstitution "Regimini Ecclesiae" (15. August 1967) nimmt das vatikanische Staatssekretariat eine Vorrangstellung vor den übrigen Kurienbehörden ein. Im Büro des Kardinalstaatssekretärs laufen alle Fäden der römischen Zentralverwaltung zusammen.

Paul VI. schuf neue Aufgaben der Kirche

Die bisherige Konsistorialkongregation hieß nun Kongregation für die Bischöfe, die Konzilskongregation wurde zur Kleruskongregation. Der für Ordensgemeinschaften zuständigen Religiosenkongregation wurden die neuen Säkularinstitute zugewiesen. Die Ritenkongregation bestand aus zwei Sektionen, eine für Liturgie und eine für Heiligsprechungen.

Die Liturgie-Sektion wurde später mit der Sakramentenkongregation verbunden zur Gottesdienstkongregation, die Heiligsprechungs-Sektion wurde zur selbstständigen Kongregation erhoben. Die neue Kurienordnung löste auch die Sektion für Auswärtige Angelegenheiten aus dem Staatssekretariat und machte sie zu einem selbstständigen "Außenministerium".

Römische Kurie

Die Römische Kurie ist die Gesamtheit der Behörden und Gerichte, die der Papst zum Regieren der Weltkirche nutzt. Dazu gehören das Staatssekretariat, Kongregationen, Gerichtshöfe, Dikasterien und Päpstliche Räte sowie die Kommissionen. 

Seit der Kurienreform von 1967 unter Papst Paul VI. hatte das Staatssekretariat eine Vorrangstellung unter den Kurienbehörden. Für neue Aufgaben schuf er weitere Sekretariate und Räte, so für Ökumene, für den Dialog mit Nichtchristen und Nichtglaubenden, für Familie und Laien.

Die Kurie bei Papst Franziskus / © Stefano Carofei (KNA)
Die Kurie bei Papst Franziskus / © Stefano Carofei ( KNA )

Für neue Aufgaben der Kirche schuf Paul VI. mit seinem umtriebigen Substituten und späteren Kardinal Giovanni Benelli (1921-1982) neue Behörden, Sekretariate und Räte; so für Ökumene, für den Dialog mit Nichtchristen und Nichtglaubende, für Familie und Laien.

Zugleich trieb Paul VI. die Internationalisierung im Kardinalskollegium und in den vatikanischen Spitzenämtern voran. Dazu trug auch bei, dass er die Ernennungen für die Leitungsämter für nur noch fünf Jahre aussprach - mit der Möglichkeit einer weiteren Amtszeit - und eine Altersgrenze von 75 Jahren einführte. Die Arbeit an der Kurie sollte ein Dienst sein und nicht der Beginn einer Karriere, die automatisch nur nach oben führt.

Ideen auch außerhalb der vatikanischen "Blase"

Johannes Paul II. (1978-2005) führte die Reform seines Vorgängers weiter. Seine Kurienreform "Pastor bonus" von 1988 vereinheitlichte das Kurien-Organigramm. Seither gab es als zentrale Behörde das Staatssekretariat, dann 9 Kongregationen (für zentrale innerkirchliche Belange), 3 Gerichtshöfe und 13 Räte (für den Dienst der Kirche in der Welt).

Nach der "Vatileaks"-Affäre im Vorfeld des Amtsverzichts von Benedikt XVI. 2013 wurden Forderungen nach einer erneuten Kurienreform laut. Papst Franziskus griff sie nach seiner Wahl zügig auf. Durch die Schaffung des "K-9-Rates" aus Vertretern des Kardinalskollegiums aus allen Teilen des Weltkirche wollte er Ideen von außerhalb der vatikanischen "Blase" nutzen.

Papst Franziskus hatte bereits vor der lange erwarteten neuen Kurienverfassung mit der Schaffung der drei "Dikasterien" für den "Dienst an der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen", für "die Laien, die Familie und das Leben" sowie für die Kommunikation erste Schritte in Richtung einer Verschlankung unternommen. Zudem drängte er die früher weitgehend selbstständige Kommission "Ecclesia Dei" schrittweise zurück, die für jene traditionalistischen Gruppen in der Kirche Ansprechpartnerin war, die der alten römischen Liturgie verbunden sind. Ihre Kompetenzen liegen nun bei der Gottesdienst- und der Ordenskongregation.

Mit seiner neuen Kurienverfassung "Praedicate Evangelium" versucht Franziskus, die Kurie weiter zu modernisieren und sie von einer Leitungs- in eine Dienstleistungsbehörde umzuwandeln.

Quelle:
KNA