Weiterer Entwurf zu Patientenverfügungen - "Erhebliche Bedenken" der Kirche

Aller "guten" Dinge sind drei?

Die katholische Kirche hat erhebliche Bedenken gegenüber einer gesetzlichen Regelung von Patientenverfügungen geäußert. Alle drei Gesetzentwürfe aus dem Bundestag wiesen in unterschiedlichem Maße Defizite auf und könnten die Probleme nicht umfassend überzeugend lösen, sagte der Leiter des Katholischen Büros bei der Bundesregierung, Prälat Karl Jüsten.

 (DR)

Jüsten forderte das Parlament aus, es solle den bestehenden gesetzlichen Rahmen und die neueren Veränderungen in den Richtlinien der Ärzteschaft noch einmal prüfen und klären, ob eine neuer gesetzlicher Rahmen überhaupt notwendig sei.

Abgeordnete von Union, Linkspartei und SPD hatten zuvor einen dritten Gesetzentwurf zu Patientenverfügungen vorgelegt und wollen damit einen Kompromiss im Bundestag erreichen. Sie betonen zugleich die Verbindlichkeit solcher Verfügungen und die Rolle des Arztes bei der Bewertung der konkreten Lage des Patienten. Ziel sei eine "unkomplizierte und unbürokratische" Regelung.

Den Entwurf stellte Unions-Fraktionsvize Wolfgang Zöller (CSU) gemeinsam mit Hans Georg Faust (CDU), der früheren Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) und der Linkspolitikerin Monika Knoche vor. Zu den ersten 33 Unterzeichnern gehören jeweils gut ein Dutzend Abgeordnete der Union und der Linksfraktion sowie wenige Sozialdemokraten.

Ziel sei eine «unkomplizierte und unbürokratische» Regelung, sagte Zöller. Nach dem Konzept sollen Arzt und Betreuer in jedem Einzelfall prüfen, ob der in der Verfügung festgelegte Wille mit dem aktuellen Zustand des nicht äußerungsfähigen Kranken übereinstimmt. Falls Arzt und Betreuer darüber keinen Konsens erreichen, soll das Vormundschaftsgericht angerufen werden.

Bisher lagen dem Parlament zwei Entwürfe vor. Ein zumeist von Sozialdemokraten getragenes Konzept betont das Selbstbestimmungsrecht und sieht eine uneingeschränkte Gültigkeit von Verfügungen vor. Parlamentarier von Union, Grünen, SPD und FDP wollen dagegen verbindliche Vorgaben zum Abbruch einer lebenserhaltenden Behandlung an umfassende ärztliche und rechtliche Beratung koppeln. Michael Kauch (FDP), Mitinitiator des auf Selbstbestimmung ausgerichteten Konzepts, sprach mit Blick auf den dritten Vorschlag von Unterschieden in Details; es gebe aber keine unüberbrückbaren Hürden.

Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund nannte dagegen eine gesetzliche Regelung für unnötig. Rechtsprechung und berufliche Richtlinien der Ärzte hätten sich so klar entwickelt, «dass ich keine Verbesserung erwarte, wenn man neues Recht kodifiziert», sagte der Vorsitzende Rudolf Henke im Deutschlandfunk. Er halte alle Vorschläge für «viel zu bürokratisch».

Zöller betonte, das dritte Konzept bedeute als Mittelweg einen Kompromiss zwischen «zwei Extrempositionen». Das Sterben dürfe nicht normierbar und generellen schematischen Regelungen unterworfen sein. Er gehe davon aus, dass es gelingen werde, vor Ostern ein Gesetz zu beschließen. Nach den Vorstellungen der Gruppe soll die Schriftform der Patientenverfügung zwar die Regel sein, jedoch sollen auch mündliche Äußerungen wirksam sein.

Däubler-Gmelin sprach von einem pragmatischen Ansatz. Es gehe nicht darum, «das Rad neu zu erfinden», sondern bei Details für notwendige Klärung zu sorgen und gerichtliche Zuständigkeiten zu regeln. Ähnlich äußerte sich Knoche. Ziel sei es, Lücken zu schließen. Grundsätzlich sei auch eine Regelung nötig, um dem medizinischen Fortschritt gerecht zu werden. Faust, der selber Intensivmediziner ist, betonte, bei diesem Thema komme die Politik an die Grenze dessen, «was gesetzlich normierbar ist». Die aktive Einbindung des Arztes in den Entscheidungsprozess sei notwendig.

Die Hospiz-Stiftung bewertete es als schweres Manko, dass der Entwurf keine Beratungen vorsehe. Die Menschen müssten über Möglichkeiten und Risiken aufgeklärt werden. Bedenklich sei auch, dass der Vorschlag selbst mündliche Äußerungen als gültige Verfügung auffasse und so der Fremdbestimmung Tür und Tor öffne.

Mit Patientenverfügungen können Menschen vorab festlegen, wie sie im Fall einer schwerwiegenden Erkrankung medizinisch behandelt werden wollen. Der Bundesgerichtshof entschied 2003, dass bei nicht äußerungsfähigen Patienten eine Verfügung zur Beendigung lebensverlängernder Maßnahmen nicht automatisch ausreicht. Falls Arzt und Betreuer unterschiedlicher Meinung sind, müsse das Vormundschaftsgericht entscheiden. Die Kirchen plädieren für strenge rechtliche und formale Anforderungen an Verfügungen.