Ein Vergleich der vorliegenden Gesetzentwürfe

Wann soll eine Patientenverfügung gelten?

Im Bundestag liegen seit Mittwoch drei Gesetzentwürfe zur Regelung von Patientenverfügungen vor: ein Antrag einer Gruppe um den SPD-Rechtspolitiker Joachim Stünker, ein weiterer Entwurf von Wolfgang Bosbach (CDU) und René Röspel (SPD) sowie ein Entwurf der Abgeordneten Wolfgang Zöller (CSU) und Hans Georg Faust (CDU). Die Gesetzentwürfe werden jeweils von Parlamentariern mehrerer Fraktionen getragen. Im Frühjahr wird das Parlament voraussichtlich endgültig darüber abstimmen. Die wichtigsten Unterschiede und Gemeinsamkeiten.

 (DR)

Reichweite: Nach dem Stünker-Entwurf ist eine schriftliche Patientenverfügung unabhängig vom Stadium der Erkrankung umzusetzen, auch wenn die Krankheit noch nicht als unumkehrbar tödlich gilt. Ist der Patient ohne Bewusstsein und hat in der Patientenverfügung lebenserhaltende Maßnahmen untersagt, so gilt dies für den Arzt und die Angehörigen. Zöller/Faust sehen die gleichen Regelungen vor, lassen aber auch mündliche Willenserklärungen gelten. Patientenverfügungen sollen ihrem Antrag zufolge regelmäßig aktualisiert werden.

In dem Gesetzentwurf der Bosbach-Gruppe wird zwischen einer einfachen und einer qualifizierten Verfügung unterschieden. Eine einfache Willenserklärung kann jeder, auch ohne ärztliche Beratung, abfassen. Werden darin allerdings lebenserhaltende Maßnahmen abgelehnt, so gilt dies für den Arzt nur dann als verbindlich, wenn es sich um eine unheilbare, tödlich verlaufende Krankheit handelt oder der Patient mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nie wieder das Bewusstsein erlangen wird. Die qualifizierte Patientenverfügung soll hingegen in jedem Krankheitsstadium gelten.
Dafür wird vorausgesetzt, dass der Patient bei der Abfassung der Willenserklärung umfassend ärztlich aufgeklärt wurde, diese Beratung durch den Arzt dokumentiert ist, die Patientenverfügung durch einen Notar beurkundet und innerhalb der vergangenen fünf Jahre verfasst oder erneuert wurde.

Stellung des Arztes und Betreuers
Wenn ein Patient keine Vertrauensperson benannt hat, einen sogenannten Gesundheitsbevollmächtigten, wird ein Betreuer bestellt, etwa eine Pflegeperson. Die Gruppe um Stünker schlägt vor, dass der Betreuer den mutmaßlichen Willen des Patienten ermitteln und durchsetzen muss, wenn keine Patientenverfügung vorliegt. Ist eine Erklärung vorhanden, muss der Betreuer ihr Geltung verschaffen. Nur bei Meinungsverschiedenheiten mit dem behandelnden Arzt soll ein Vormundschaftsgericht eingeschaltet werden.

Auch nach dem Zöller/Faust-Entwurf muss der Betreuer dem Patientenwillen Geltung verschaffen, allerdings in enger Abstimmung mit dem Arzt. Der Arzt soll zudem prüfen, ob die Patientenverfügung auf die aktuelle Situation passt. Ebenso wie bei Stünker wird bei Dissens zwischen Arzt und Betreuer ein Vormundschaftsgericht hinzugezogen.

Nach dem Bosbach-Entwurf muss ein Vormundschaftsgericht eingeschaltet werden, wenn aufgrund der einfachen Patientenverfügung die lebenserhaltenden Maßnahmen unterbleiben sollen, obwohl die Krankheit noch nicht irreversibel tödlich ist. Im tödlichen Stadium kommt das Vormundschaftsgericht nur ins Spiel, wenn sich Arzt und Betreuer uneinig sind. Im Falle eines Behandlungsabbruchs sollen Angehörige, Pfleger oder vom Betroffenen benannte Personen die Möglichkeit erhalten, sich zu äußern.

Wachkoma
Bei diesem Krankheitsbild, bei dem der Betroffene wach wirkt, aber weder essen und trinken noch sprechen kann, ist die Anwendung von Patientenverfügungen sehr umstritten. Die Stünker- und die Faust/Zöller-Gruppe sehen auch hier die volle Wirkung der Willenserklärung vor. Nur bei Uneinigkeit zwischen Arzt und Betreuer wird ein Vormundschaftsgericht eingeschaltet.

In der Bosbach-Gruppe konnten sich die Abgeordneten in diesem Punkt nicht einigen. Bosbach will auch einfache Patientenverfügung bei einem bereits länger andauernden Wachkoma gelten lassen. Die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt und andere Abgeordnete der Gruppe lehnen das ab. Nur eine qualifizierte Patientenverfügung soll in diesem Fall verbindlich sein.

Sterbehilfe
Aktive Sterbehilfe wird von allen drei Abgeordnetengruppen einhellig abgelehnt. Patientenverfügungen, die das fordern, sind unzulässig.