Weitere Missbrauchsbetroffene melden sich bei Landeskirchen

Meldestellen werden genutzt

Seit Veröffentlichung der ForuM-Studie zu sexualisierter Gewalt in der evangelische Kirche und Diakonie hat es in den drei Landeskirchen in NRW weitere Meldungen gegeben. Betroffene nahmen die 2021 eröffneten Meldestellen in Anspruch.

Studie zu Missbrauch in evangelischer Kirche / © Julian Stratenschulte (dpa)
Studie zu Missbrauch in evangelischer Kirche / © Julian Stratenschulte ( dpa )

Die Zahl der gemeldeten Verdachtsfälle sexualisierter Gewalt liegt in der Evangelischen Kirche von Westfalen und der Evangelischen Kirche im Rheinland auf einem ähnlichen Niveau. In der Meldestelle der westfälischen Kirche sind von 2021 bis 2024 insgesamt 139 Betroffene gemeldet worden, in der rheinischen Kirche 124, wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) ergab. Die Zahl der Beschuldigten liegt in Westfalen bei 134, im Rheinland bei 110. Der Lippischen Landeskirche sind 18 Tatverdächtige bekannt.

EKD-Missbrauchsstudie / © Jens Schulze (epd)
EKD-Missbrauchsstudie / © Jens Schulze ( epd )

Seit Veröffentlichung der sogenannten ForuM-Studie zu sexualisierter Gewalt in Kirche und Diakonie am 25. Januar 2024 hat es in den drei Landeskirchen in NRW weitere Meldungen gegeben. So zählte die westfälische Kirche seit Studienveröffentlichung etwa 56 Betroffene mehr, die rheinische Kirche 48 weitere Verdachtsfälle und die lippische Kirche acht weitere Tatverdächtige.

Mehr Ressourcen 

Alle drei Kirchen haben für ihre zuständigen Fachstellen mehr Ressourcen bereitgestellt. Laut dem rheinischem Vizepräses Christoph Pistorius wurde etwa die Stabsstelle strukturell neu aufgestellt. Unter dem neuen Namen Prävention, Intervention und Aufarbeitung (Pia) seien die Bereiche Interventionsmanagement und Aufarbeitung verstärkt worden.

Leiterin ist die Kriminologin Katja Gillhausen. Die Lippische Landeskirche hat eine Stabsstelle im Dienstumfang von 75 Prozent geschaffen. Demnach unterstützt Pfarrer Kai Mauritz seit 1. September 2024 die Aufarbeitung im Bereich sexualisierte Gewalt.

Anerkennungsleistungen 

Finanzielle Leistungen in Anerkennung des erlittenen Leids hat die westfälische Kirche den Angaben zufolge in insgesamt 96 Fällen gezahlt, die Gesamtsumme betrug 680.000 Euro. In der rheinischen Kirche wurden Leistungen für 40 Betroffene mit einer Gesamthöhe von 725.000 Euro bewilligt. Hinzu kämen 139 weitere Betroffene im rheinischen Gebiet der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe. 

Diese finanzielle Leistung entspricht insgesamt rund 2,2 Millionen Euro. Die Lippische Landeskirche hat auf kirchlicher Ebene Anerkennungsleistungen in Höhe von 30.500 Euro gezahlt, auf der Ebene der Diakonie in Höhe von 40.000 Euro.

Hohe Dunkelziffer vermutet 

Für die im Januar 2024 veröffentlichte ForuM-Studie hatte ein unabhängiges Forscher-Team Ursachen und Ausmaß sexualisierter Gewalt im evangelischen Kontext untersucht. Die Forscher sammelten dafür Fallbögen aus allen Landeskirchen und Landesverbänden der Diakonie. 

Sie kamen in ihrer Auswertung auf mindestens 2.225 Betroffene und 1.259 Beschuldigte, darunter 511 Pfarrpersonen. Zugleich ist aber von einer hohen Dunkelziffer auszugehen, da nicht alle vorhandenen Akten ausgewertet wurden und auch nicht alle Fälle aktenkundig geworden sind. Es ist die erste bundesweite Studie dieser Art.

MHG-Studie der Bischofskonferenz und ForuM-Studie der EKD

Die vor fünf Jahren veröffentlichte MHG-Studie der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und die ForuM-Studie zum Missbrauch in der evangelischen Kirche lassen sich nur bedingt miteinander vergleichen. Ziel ist es jeweils, Umfang und Strukturen des Missbrauchs in katholischer und evangelischer Kirche zu ermitteln. Die Kirchen sind auch Auftraggeber der Studien.

MHG-Studie / © Harald Oppitz (KNA)
MHG-Studie / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
epd