Weiter Debatten über Aufarbeitung von Missbrauch in Spanien

"Verbrechen unserer Brüder"

Spaniens Bischöfe haben Betroffenen von sexuellen Kindesmissbrauch um Verzeihung geben. Zum Auftakt der Vollversammlung der Spanischen Bischofskonferenz bat deren Vorsitzender Kardinal Juan Jose Omella die Opfer erneut um Vergebung.

Kardinal Juan Jose Omella / © Cristian Gennari (KNA)
Kardinal Juan Jose Omella / © Cristian Gennari ( KNA )

Omella sprach von "Verbrechen unserer Brüder" und bezeichnete den Missbrauch Minderjähriger als eine "neue Form globaler Sklaverei, die nicht thematisiert werden will", aber "die gesamte Gesellschaft betrifft".

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz betonte den Willen der spanischen Kirche, die Fälle aufzuklären, damit sich derartige Vorfälle nicht wiederholten. Dennoch weigerte er sich zum Unmut der spanischen Opferverbände, die Zusammenarbeit mit der Anwaltskanzlei auszusetzen, die von den Bischöfen mit dem Gutachten über sexualisierte Gewalt in der spanischen Kirche beauftragt wurde.

Kein Vertrauen und Anwaltskanzlei

Bereits vor einigen Wochen hatten mehrere Opferverbände angekündigt, die Zusammenarbeit mit der Bischofskonferenz bei der Aufarbeitung von Missbrauch auf Eis zu legen, sollte die Madrider Kanzlei "Cremades & Calvo-Sotelo" weiterhin die Untersuchungen leiten. Der Kanzlei steht Javier Cremades vor, der sich dazu bekennt, der konservativen katholischen Organisation Opus Dei anzugehören. Der Anwalt hatte zugleich "Professionalität" bei der Klärung der Missbrauchsfälle versprochen. Die Mehrheit der spanischen Missbrauchsopfervereinigungen traut seiner Kanzlei aber keine unabhängige und neutrale Aufarbeitung zu.

"Die Entscheidung der Kirche, die Wahrheit zu suchen, empfinden wir als einen Schritt nach vorne. Die Wahl der Person, diese Untersuchung zu leiten, nicht", stellte Ana Cuevas vom Opferverband "Geraubte Kindheit" (ANIR) bereits vor Wochen klar. Opus Dei habe in der Vergangenheit immer wieder "Opfer direkt bedrängt", so Cuevas gegenüber verschiedenen spanischen Medien. Sie sprach zudem von geringem Einfühlungsvermögen des Anwalts im Dialog mit Betroffenen.

Rechercheergebnisse von Journalisten

Der politische Druck und die gesellschaftlichen Debatten rund um das Thema wurden zu Jahresbeginn durch einen Bericht der Zeitung "El Pais" ausgelöst. Reporter übergaben Papst Franziskus einen 385 Seiten umfassenden Bericht mit den Rechercheergebnissen. Demnach gab es in den vergangenen 30 Jahren mindestens 945 Missbrauchsfälle in Spaniens Kirche. Der Papst forderte die Bischöfe zur Klärung der Fälle auf.

Spaniens Parlament stimmt für Kommission zu Missbrauch

Spanien hat Anfang Februar 2022 den Weg für die Einsetzung einer parlamentarischen Untersuchungskommission zum sexuellen
Missbrauch in der katholischen Kirche freigemacht. Ein entsprechender Antrag der drei linken Parteien Podemos, ERC und EH Bildu wurde mit breiter Mehrheit angenommen. Lediglich die konservative PP und die rechtspopulistische Vox-Partei stimmten dagegen.
Hintergrund der Initiative ist die Aussage der Spanischen Bischofskonferenz, anders als in Deutschland, Frankreich und anderen EU-Ländern keine unabhängige Kommission mit der Untersuchung betrauen zu wollen.

Pedro Sanchez, Ministerpräsident von Spanien, spricht im Parlament / © E. Parra./Pool (dpa)
Pedro Sanchez, Ministerpräsident von Spanien, spricht im Parlament / © E. Parra./Pool ( dpa )
Quelle:
KNA