Kirche in Spanien lässt Missbrauch unabhängig untersuchen

"Den Opfern helfen"

Die Spanische Bischofskonferenz hat eine Anwaltskanzlei mit einer unabhängigen Untersuchung über Fälle sexuellen Missbrauchs beauftragt. Das kündigte deren Vorsitzender, Kardinal Juan Jose Omella, nun überraschend in Madrid an.

Almudena-Kathedrale in Madrid / © Lukasz Janyst (shutterstock)
Almudena-Kathedrale in Madrid / © Lukasz Janyst ( shutterstock )

Damit reagieren die Bischöfe auf zunehmende Kritik, sich gegen eine unabhängige Aufklärung zu wehren. Nach der Veröffentlichung von rund 945 Missbrauchsfällen durch eine Tageszeitung wuchs der Druck vor allem durch die Politik.

Mehrere Parteien strebten nach der bisherigen Ablehnung einer unabhängigen Untersuchung durch die Kirche die Einrichtung einer parlamentarischen Untersuchungskommission an. Die Regierung von Ministerpräsident Pedro Sanchez schlug eine Expertenkommission unter Leitung des Ombudsmanns vor.

Spaniens Parlament stimmt für Kommission zu Missbrauch

Spanien hat Anfang Februar 2022 den Weg für die Einsetzung einer parlamentarischen Untersuchungskommission zum sexuellen
Missbrauch in der katholischen Kirche freigemacht. Ein entsprechender Antrag der drei linken Parteien Podemos, ERC und EH Bildu wurde mit breiter Mehrheit angenommen. Lediglich die konservative PP und die rechtspopulistische Vox-Partei stimmten dagegen.
Hintergrund der Initiative ist die Aussage der Spanischen Bischofskonferenz, anders als in Deutschland, Frankreich und anderen EU-Ländern keine unabhängige Kommission mit der Untersuchung betrauen zu wollen.

Pedro Sanchez, Ministerpräsident von Spanien, spricht im Parlament / © E. Parra./Pool (dpa)
Pedro Sanchez, Ministerpräsident von Spanien, spricht im Parlament / © E. Parra./Pool ( dpa )

Die Bischofskonferenz beauftragte nun eine Madrider Anwaltskanzlei mit einer "unabhängigen Klärung" der Fälle. Damit folgt sie dem Beispiel des Erzbistums München und Freising, das bei der Kanzlei Westphal Spilker Wastl (WSW) ein Gutachten in Auftrag gegeben hatte.

WSW bemängelte neben 497 Missbrauchsfällen auch Fehlverhalten des emeritierten Papstes Benedikt XVI. und des aktuellen Erzbischofs Kardinal Reinhard Marx.

Auch mögliche Vertuschungen aufklären

Die spanische Anwaltskanzlei zählt bei ihren Untersuchungen auf die Beratung der deutschen Kanzlei. Sie soll auch mögliche Vertuschungen aufklären und eventuelle finanzielle Wiedergutmachungen für die Opfer erwägen.

Ihre Ergebnisse sollen der Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestellt werden. Das Untersuchungs-Team besteht laut Ankündigung aus 18 Personen, neben Anwälten auch aus Experten wie etwa Psychologen. Die Untersuchung dürfte nach Schätzungen der Kanzlei 12 bis 18 Monate dauern.

Kardinal Juan Jose Omella, Erzbischof von Barcelona / © Romano Siciliani (KNA)
Kardinal Juan Jose Omella, Erzbischof von Barcelona / © Romano Siciliani ( KNA )

Missbrauchsopferverbände kritisierten die Beauftragung einer privaten Anwaltskanzlei als einen "Schachzug der Kirche". Sie wolle verhindern, dass "keine anderen unabhängigen oder gar staatliche Untersuchungskommissionen entstehen", sagte Fernando Garcia Salmones von der Vereinigung "Geraubte Kindheit" der Zeitung "El Pais".

Der Bischofskonferenz-Vorsitzende Omella betonte, die Untersuchung solle "den Opfern helfen" und nicht die Arbeit der staatlichen Institutionen "ersetzen", sondern diese "ergänzen".

Quelle:
KNA