Weihbischof Puff ruft zu beherztem Dienst an den Armen auf

"Es geht eben nicht um Leistung"

Im Pontifikalamt zum Welttag der Armen hat Weihbischof Ansgar Puff dazu aufgerufen, Liebe zu verschenken. Das Tagesevangelium möge zuerst irritieren. Es gehe darin aber eben nicht um Leistung, sondern um Vermehrung der Gaben Gottes.

Pontifikalamt zum Welttag der Armen im Kölner Dom / © Beatrice Tomasetti (DR)
Pontifikalamt zum Welttag der Armen im Kölner Dom / © Beatrice Tomasetti ( DR )

"Hätten Sie das von Jesus gedacht? Dass es bei ihm anscheinend auch so zugeht wie überall auf der Welt, dass die hofiert werden, die reich geworden sind, während den Armen auch noch das Letzte genommen wird?"

Mit dieser vielleicht provokant anmutenden Frage eröffnete Weihbischof Puff seine Predigt im Pontifikalamt im Kölner Dom am dreiunddreißigsten Sonntag im Jahreskreis, zugleich Diasporasonntag und Welttag der Armen.

Weihbischof Puff warnt vor einem verhängnisvollem Denkfehler 

Zuvor hatten die Besucher des Gottesdiensts in der Verlesung des Tagesevangeliums das "Gleichnis von den anvertrauten Talenten" gehört, in dem Jesus von einem Herrn erzählt, der seinen Dienern vor einer Reise eine hohe Summe an Talenten – so der Name einer antiken Währung – anvertraut. 

Weihbischof Ansgar Puff im Pontifikalamt zum Welttag der Armen im Kölner Dom / © Beatrice Tomasetti (DR)
Weihbischof Ansgar Puff im Pontifikalamt zum Welttag der Armen im Kölner Dom / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Während der Herr darin die beiden Diener lobt, welche die ihnen anvertrauten Talente tüchtig vermehrten, schilt er jenen einen Diener, der sich aus Angst und mangelndem Verantwortungsbewusstsein lediglich darauf beschränkt hatte, den ihm verliehenen Talent nicht auszugeben.

Bei der Exegese des Gleichnisses könne sich, so Weihbischof Puff, nun ein verhängnisvoller Denkfehler einschleichen.

"Wir könnten vermuten, dass die Botschaft des heutigen Evangeliums die Forderung nach Leistung wäre. Aber nein, so ist es nicht. Im Evangelium geht es nicht um Beurteilung von Leistungen. Leistungsbezogenes Denken entspricht zwar der Logik unserer Welt, aber nicht der Logik des Evangeliums."

Diese Frage stellt uns das "Gleichnis von den anvertrauten Talenten"

Vielmehr gehe es im Tagesevangelium um eine ganz andere Thematik: "Haben die Diener ihren Herrn nachgeahmt. Haben Sie verstanden, worauf es ihrem Herrn ankam? Haben Sie verstanden, was er ihnen vorgelebt hat? Handeln sie so, wie ihr Herr gehandelt hat?"

Mit diesem Gleichnis zeichne Jesus ein Bild von seinem Vater, von Gott. So wie der Herr im Gleichnis auf Reisen gehe und seinen Dienern sein Vermögen anvertraue, so vertraue Gott den Menschen alles Wertvolle an, was nur er selbst besitzt: Seine Schöpfung, diese Welt, die Menschen, die aus Liebe geschaffen hat, sogar seinen einzigen Sohn Jesus – alles gebe er in menschliche Hände.

Pontifikalamt zum Welttag der Armen im Kölner Dom / © Beatrice Tomasetti (DR)
Pontifikalamt zum Welttag der Armen im Kölner Dom / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Im Evangelium seien die Talente Bild für die Liebe, betonte Weihbischof Puff. "Gott hat jeder und jedem von uns eine riesige Portion Liebe geschenkt. Was machen wir mit der uns geschenkten und anvertrauten Liebe? Das ist die Frage, die das Gleichnis stellt." Liebe, so sagte man, sei ja eine Währung, die sich vermehre, wenn man sie teilt.

Tagesevangelium regt zu Selbstreflexion an

Dieses Bild aufgreifend fragte Weihbischof Puff: "Verschenken wir die Liebe, die Gott uns geschenkt hat? Lieben wir die Menschen und multiplizieren wir so das Gute? Oder denken wir: Super, mir geht es gut – der Rest interessiert mich nicht."

Weihbischof Ansgar Puff im Pontifikalamt zum Welttag der Armen im Kölner Dom / © Beatrice Tomasetti (DR)
Weihbischof Ansgar Puff im Pontifikalamt zum Welttag der Armen im Kölner Dom / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Gleichsam betonte er: "Es geht eben nicht um Leistung. Es geht um die Chance des Wachsens. Es geht nicht um die Frage, was wir leisten. Es geht darum, dass wir wachsen dürfen. Wachsen wir in der Liebe. Helfen wir anderen, sodass auch sie wachsen können. Ahmen wir nach, was Jesus uns vorgelebt hat."

Dafür gelte es auch, sein persönliches Verhalten gegenüber den Armen zu reflektieren: "Denn wie ist Jesus mit Armen umgegangen? Er hat sie selig gepriesen. Sie waren seine Freundinnen und Freunde. Er hat den Verlorenen, den Müden und den Ängstlichen seine besondere Zuneigung geschenkt."

Jesus habe nicht zuletzt aus eigener Erfahrung gewusst, wie es ist, "wenn man auf der Flucht geboren wird, keinen Ort zum Wohnen hat, verfolgt und gehetzt wird".

Wer selbst nicht helfen kann, kann "einen liebevollen Blick schenken"

"Jesus hat die Armen nie aus dem Blick verloren. Er hat ihnen ihren besonderen Wert zugesprochen. Er hat Krankheiten geheilt und durch Zeichen deutlich gemacht, dass Gott nicht will, dass Menschen in Not und Elend bleiben."

Pontifikalamt zum Welttag der Armen im Kölner Dom / © Beatrice Tomasetti (DR)
Pontifikalamt zum Welttag der Armen im Kölner Dom / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Der Welttag der Armen, so Weihbischof Puff weiter, solle einladen, in der eigenen Liebe zu den Armen zu wachsen. Die einfachste Möglichkeit, dies zu tun, sei es – getreu dem Motto des diesjährigen Welttages der Armen –, sein Gesicht nie von einem Armen abzuwenden.

"Vielleicht können wir nicht immer helfen, aber wir können immer, wenn wir einen Armen sehen, freundlich sein. Wir können ihm immer einen liebevollen Blick schenken. Ein Lächeln, ein gutes Wort, eine kleine, liebevolle Geste."

Papst Franziskus ruft uns den Schrei der Armen ins Bewusstsein

Papst Franziskus leitet eine Messe für die Armen im Petersdom / © Andrew Medichini/AP (dpa)
Papst Franziskus leitet eine Messe für die Armen im Petersdom / © Andrew Medichini/AP ( dpa )

Passend dazu verlas Weihbischof am Ende seiner Predigt ein Zitat aus der Botschaft von Papst Franziskus zum Welttag der Armen: "Jeden Tag bemühen wir uns darum, uns der Armen anzunehmen, und doch reicht das nicht aus. Ein Strom von Armut durchzieht unsere Städte und wird immer größer, bis er über die Ufer tritt; dieser Strom scheint uns zu überfluten – der Schrei unserer Brüder und Schwestern, die um Hilfe, Unterstützung und Solidarität bitten, wird immer lauter. Deshalb versammeln wir uns am Sonntag vor dem Hochfest unseres Herrn Jesus Christus, des Königs des Weltalls, um seinen Tisch, um von ihm erneut das Geschenk und die Verpflichtung entgegenzunehmen, die Armut zu leben und den Armen zu dienen."

______________________________________________________________________________________________

DOMRADIO.DE übertrug das Pontifikalamt am dreiunddreißigsten Sonntag im Jahreskreis – zugleich Welttag der Armen und Diasporasonntag – aus dem Kölner Dom, zelebriert von Weihbischof Ansgar Puff. 

Pontifikalamt zum Welttag der Armen im Kölner Dom / © Beatrice Tomasetti (DR)
Pontifikalamt zum Welttag der Armen im Kölner Dom / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Es sang der Kölner Domchor unter der Leitung von Eberhard Metternich und Simon Schuttemeier die Missa brevis in G op 151 von Josef Gabriel Rheinberger sowie "Gott hat mir längst einen Engel gesandt" von Thomas Gabriel und "Laudate Dominium" von Henri Carol.  An der Orgel spielten Christiane Strucken-Paland und Ralph Paland.


Den Welttag der Armen hat Papst Franziskus im Jahr 2016 zum Abschluss des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit verkündet, um das Schicksal der Armen weltweit verstärkt ins Blickfeld zu rücken. Er ruft die Menschen dazu auf, sich selbst mit konkreten Beiträgen ihren Mitmenschen am Rande der Gesellschaft zuzuwenden und einen persönlichen Einsatz gegen Armut zu leisten. Der Welttag wird seit 2017 jährlich am Sonntag vor dem Christkö-nigsfest begangen.

Quelle: Deutsche Bischofskonferenz: Welttag der Armen


Bonifatiuswerk: Diaspora-Aktion 2023 / © Bonifatiuswerk
Bonifatiuswerk: Diaspora-Aktion 2023 / © Bonifatiuswerk

Seit 57 Jahren macht das Bonifatiuswerk jeden November mit der Diaspora-Aktion auf die Herausforderungen katholischer Christen aufmerksam, die als Minderheit in der Gesellschaft ihren Glauben leben und regt dazu an, sich für die Anliegen der Katholiken in der Diaspora aktiv einzusetzen. Am Diaspora-Sonntag sammeln katholische Christinnen und Christen bundesweit in den Gottesdiensten für die Belange ihrer Glaubens-geschwister in der Diaspora. Die Diaspora-Aktion 2023 steht unter dem Leitwort "Entdecke, wer dich stärkt." 

Quelle: Bonifatiuswerk: Diaspora-Aktion 2023


„Da kam der, der die fünf Talente erhalten hatte, brachte fünf weitere und sagte: Herr, … ich habe noch fünf dazugewonnen. Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut, du tüchtiger und treuer Diener. … Komm, nimm teil am Freudenfest deines Herrn!“ (Mt 25, 20 f.)

Zum Evangelium Mt 25,14-30

Wir können dieses Gleichnis sicher nicht heranziehen, um zu beweisen, dass Gott die bevorzugt liebt, die nach den Kriterien des Kapitalismus besonders erfolgreich sind. Eine solche Gottesvorstellung stünde massiv im Wider-spruch zu anderen grundlegenden biblischen Texten und Botschaften ... Die Botschaft, die in diesem Text steckt, ist herausfordernd und beunruhigend. Verstehen wir nämlich die Talente nicht als Geldeinheit, sondern im für uns üblichen Sinne, der ja erst durch dieses Gleichnis entstanden ist, könnte die Interpretation, dass wir bestraft werden, wenn wir nicht mit unseren »Talen-ten wuchern«, im schlimmsten Fall zu Ängsten oder zu einem verdunkelten Gottesbild führen.

Einen Weg aus dieser Falle scheint mir eine vom Evangelisten zweimal ver-wendete Formulierung aufzuzeigen: »Komm, und nimm teil an der Freude deines Herrn!« Wir sehen ein Gegensatzpaar: hier die Angst des Dieners, dort die Freude des Herrn. Was, wenn in dieser Gegenüberstellung die Kernbot-schaft des Gleichnisses läge? Werft eure Angst weg, richtet euch aus auf die Freude.

Maria-Sybille Bienentreu. Aus: TeDeum – Das Stundengebet im Alltag, November 2023, www.tedeum-beten.de

Quelle:
DR