Weihbischof Losinger mit Wissenschaftlern beim Papst

Franziskus war "hoch interessiert"

Trotz Grippe empfing der Papst Ende Februar eine Delegation der Max-Planck-Gesellschaft und hat sich an deren Forschungen sehr interessiert gezeigt. Von katholischer Seite war Weihbischof Anton Losinger dabei.

Gentechnik: Reagenzgläser im Labor (KNA)
Gentechnik: Reagenzgläser im Labor / ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wie haben Sie das Treffen beim Heiligen Vater erlebt?

Weihbischof Anton Losinger / © Harald Oppitz (KNA)
Weihbischof Anton Losinger / © Harald Oppitz ( KNA )

Anton Losinger (Weihbischof im Bistum Augsburg und Senatsmitglied der Max-Planck-Gesellschaft): Diese Begegnung war nicht nur für mich, sondern vor allem für diese Top-Level-Forscher der Max-Planck-Gesellschaft und wohl auch für Papst Franziskus ein Highlight.

Der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Martin Stratmann, kam mit seinem Präsidium und einer Gruppe von Experten aus dem Bereich der Forschung, darunter zwei Nobelpreisträger und zwei Direktoren der Max-Planck-Institute. Mit dem Papst haben sie über neue Herausforderungen der Wissenschaft und gleichzeitig die Ethik der Wissenschaft gesprochen.

DOMRADIO.DE: Eine Audienz in der Privatbibliothek des Heiligen Vaters mit so hochkarätigen Wissenschaftlern. Wie erlebt man da den Heiligen Vater?

Losinger: Ich war erstaunt, wie hoch interessiert er an diesen Fragen war, obwohl er Grippe und Fieber hat. Er selbst hat gesagt, dass es ihm nicht gut geht, aber er hat diese Audienz gehalten und sich für diese Menschen interessiert. Nachdem er uns noch sein Wort ausgeteilt hat, musste er ins Bett gehen, das Fieber habe ihn gedrückt.

Anton Losinger (Weihbischof im Bistum Augsburg und Senatsmitglied der Max-Planck-Gesellschaft)

"Nach Haward und Stanford haben wir die meisten Nobelpreise der Welt."

DOMRADIO.DE: Sie haben schon die ethischen Grundlagen für Wissenschaftler angesprochen. Warum ist das wichtig?

Losinger: Wenn wir uns diese Top Forschungsinstitutionen anschauen, dann ist es hauptsächlich Grundlagenforschung, die wir betreiben. Dabei halten wir in jeder Hinsicht ein Top Level, weil wir nach Harvard und Stanford die meisten Nobelpreise dieser Welt haben.

Von denen waren auch einige mit beim Papst, zum Beispiel Reinhard Genzel vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching, der Entdecker des Schwarzen Lochs im Herzen unserer Galaxie, oder auch Svante Pääbo, der in Leipzig arbeitet und zum Neandertaler Genom forscht, das hat den Papst persönlich besonders interessiert. Zu den Forschungsschwerpunkten zählt zum Beispiel wie lange dieses gemeinsame Genom den Neandertaler und den Homo sapiens sapiens begleitet hat und wann aus dem Tier ein Mensch wurde.

Ich fragte Pääbo einmal wie lang das Tier ein Tier ist und wann der Mensch ein Mensch ist. Daraufhin sagte er: "Genau das ist die Frage, die mich an meiner Forschung am meisten interessiert."

DOMRADIO.DE: Seit 2011 sind Sie Mitglied in der Max-Planck-Gesellschaft, im Bereich dieser Grundlagenforschung werden immer wieder grundlegende Dinge geklärt, die auch eine Bedeutung für uns haben. Im Bereich von Klima oder Ernährung. Können Sie uns ein Beispiel geben, wo das ganz deutlich wird?

Losinger: Das war der gemeinsame Duktus der Begrüßungsrede von Martin Stratmann, dem Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft und auch von Papst Franziskus. Bezugspunkt war Laudato si, die wohl berühmteste Enzyklika von Papst Franziskus über unser gemeinsames Haus.

Dabei ist die Grundlagenforschung und die Kirche gleichermaßen von der Frage betroffen, wie wir mit unserer Welt umgehen, wie wir ökologisches Gleichgewicht herstellen, damit die Menschheit eine Chance zum Überleben hat. Das ist oft teure, langfristige Grundlagenforschung, die wie beim Ozonloch oder bei der Corona-Pandemie wichtige Forschung notwendig macht, aber gleichzeitig eine Voraussetzung für die Gesundheit der Menschen ist.

Beim Thema 'Global Warming' und der 'Zwei-Grad-Grenze', das derzeit vor allem junge Menschen beschäftigt, waren sich beide Seiten sehr einig. Wir müssen Wissenschaft, das, was wir über die Welt an Lösungsmöglichkeiten erkennen, zusammenbringen mit dem, was die Menschen können. Und hier stimmen Ethik und wissenschaftliches Handeln Punkt auf Punkt genau zusammen, das ist ein Punkt, den der Papst genauso wie der Forscher bejaht hat.

Weihbischof Anton Losinger zitiert Papst Franziskus

"Die ökologische Enzyklika ist eine soziale Enzyklika."

DOMRADIO.DE: Sie haben den Bereich 'Schöpfung bewahren' angedeutet. Da hat die Kirche eine lange Tradition, es gibt die Enzyklika Laudato si – und trotzdem gehen die jungen Menschen eigentlich ohne die Kirche auf die Straßen, die Kirche wird ein bisschen abgehängt. Sie überlegen hier auch gemeinsam mit den Bischöfen, wie man diese Themen im gesellschaftlichen Dialog anpacken kann. Finden Sie da Gehör mit Ihrer Stimme in der Bischofskonferenz? Was geben Sie denen mit auf den Weg?

Losinger: Gerade die Überlebensthemen der Menschheit brauchen ein ökologisches und sozialpolitisches Handeln und da sehe ich eine der stärksten Transmissionsscheiben zwischen dem, was die Kirche sagt und dem, was vor allem junge Menschen interessiert. Es geht ja um ihr Leben und um einen Punkt, wo es nicht nur um die Überlebensfrage der Menschheit geht, sondern um soziales Gleichgewicht, da sagt etwa der Papst sehr deutlich: "Die ökologische Enzyklika ist eine soziale Enzyklika, weil die Folgen des Klimawandels die ärmsten Menschen dieser Erde am meisten betrifft."

Deswegen sind wir als Kirche sozusagen seit Rerum novarum, seit dem Beginn der Idee von Sozial-Enzykliken, hier im gleichen Boot und im Gespann mit einer Wissenschaft, die durch ihre Grundlagenforschung luzide Lösungen anbieten kann.

Das Interview führte Ingo Brüggenjürgen.

Quelle:
DR