Wegen Stasi-Äußerungen - Linkspartei schließt Christel Wegner aus Fraktion aus

So links dann doch nicht

Die Linke-Fraktion im niedersächsischen Landtag hat auf ihrer Krisensitzung in Göttingen am Montag ihre umstrittene Abgeordnete Christel Wegner (DKP) einstimmig aus der Fraktion ausgeschlossen. Linke-Vorstandsmitglied Ulrich Maurer sagte am Montag in Berlin, so werde es mit jedem gemacht, der sich wie Wegner für die Wiedereinführung der Staatssicherheit nach DDR-Vorbild ausspreche.

 (DR)

Einen Sozialismus ohne Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Reisefreiheit dürfe es nie wieder geben. Entgegen der Aufforderung der Fraktion und der Partei habe Wegner ihr Landtagsmandat nicht niedergelegt. Damit habe sie sich nicht an ihre Zusage gehalten, bei politischen Differenzen zwischen Linke und DKP das Mandat zurückzugeben, erläuterte Maurer den Ausschluss Wegners.

DKP-Mitglied Christel Wegner war über die Liste der Linkspartei in den niedersächsischen Landtag gewählt worden. In der ARD-Sendung Panorama hatte sie in der vergangenen Woche die Berliner Mauer verteidigt und sogar die Wiedereinführung eines Staatssicherheitsdienstes wie in der DDR befürwortet, um eine neue Gesellschaftsform vor "reaktionären Kräften" zu schützen.

Als Konsequenz aus der Affäre um die niedersächsische Linkspartei-Abgeordnete Christel Wegner erwägt die Linkspartei jetzt, keine wahlstrategischen Bündnisse mehr mit der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) einzugehen.

Wegner fühlt sich missverstanden
Christel Wegner (DKP) hat am Montagabend erstmals zu ihrer umstrittenen Stasi-Äußerung Stellung genommen. Sie wolle nicht "die Stasi zurück", teilte die 60-Jährige in einer persönlichen Erklärung mit. Ihr von der Redaktion des ARD-Magazins "Panorama" mit "vielen Schnitten" bearbeitetes Interview habe sich nicht auf die Staatssicherheit der DDR bezogen: "Ich habe vielmehr gesagt, dass jeder Staat einen Geheimdienst hat und dies natürlich auch für einen sozialistischen Staat gilt."

Wegner sagte, es sei "doch klar, dass es mir nicht darum geht, die Stasi wieder zu beleben, die Mauer neu zu bauen oder den Niedersachsen ihr Eigenheim zu enteignen". Im Übrigen habe die Deutsche Kommunistische Partei (DKP), der die Abgeordnete angehört, "schon immer die Auflösung der Geheimdienste gefordert". Wegner erklärte, sie sei in das Gespräch mit dem ARD-Magazin "zu arglos hineingegangen". Dies tue ihr leid, "auch als 60-jährige Kommunistin muss man noch lernen".

DKP und Linke
Niedersachsens Linksparteichef Dehm, der sich von den Äußerungen Wegners distanziert und sie zum Rücktritt aufgefordert hatte, mahnte die Funktionäre der Linken per E-Mail zur Vorsicht. "Was uns bleibt, ist Schadensbegrenzung und starke Nerven - und auch mal: Klappe halten", zitierte die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" aus Dehms Schreiben. Bis zur Wahl in Hamburg am 24. Februar sollten die Funktionsträger von breiten inhaltlichen Debatten über Mauertote, Revolution und Stasi dringend absehen. Zu Wegner schrieb er: "Christel ist reingelegt worden. Aber sie hat auch offensichtlich sich zu Mist hinreißen lassen."

Linksfraktionschef Gregor Gysi betonte, Wegners Äußerungen seien mit den Positionen seiner Partei unvereinbar. Die Abkehr der Partei vom Stalinismus und seinen Folgeerscheinungen sei "unveräußerlich". An die Landesverbände seiner Partei im Westen appellierte er, Kandidaturen von DKP-Mitgliedern nicht mehr zuzulassen. Linke-Vizechefin Katja Kipping bezeichnete Wegners Verhalten als schädlich für die Linke. Bei der neuen Linken sei kein Platz für Leute, die die Stasi oder die Mauer wiederhaben wollen.

Linkspartei-Landeschef Dieter Dehm aus Niedersachsen betonte dagegen, es käme immer auf die Person an, "wir sind gegen Dogmatik". Wenn sich ein DKP-Mitglied zur Rechtsstaatlichkeit und zum Programm der Linken bekenne, würde eine Kandidatur immer geprüft werden.

Die Linke bietet DKP-Mitgliedern einen Platz auf einer Landesliste. Im Gegenzug ruft die DKP Mitglieder und Sympatisanten zur Wahl der Partei "die Linke" auf.

Kommunismus nicht hoffähig machen
Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck sagte der hannoverschen "Neuen Presse" (Montagausgabe), Wegner solle ihr Mandat zurückgeben. "Wer die Stasi zurückhaben will, hat nichts in deutschen Parlamenten zu suchen".

FDP-Chef Guido Westerwelle forderte die Vorsitzenden der Linken auf, linksextremen Ausfällen in ihrer Partei ein Ende zu setzen. "Wir dürfen Linksextremismus nicht weniger konsequent verfolgen als Rechtsextremismus", schrieb er in einem Brief an Oskar Lafontaine und Lothar Bisky, wie die "Welt am Sonntag" berichtete.

Die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, warf der Linkspartei vor, sie mache den Kommunismus wieder hoffähig. Es gehe nicht nur um Wegner. "Ich denke an den Kandidaten Olaf Harms in Hamburg oder den ursprünglichen Spitzenkandidaten der Linken in Hessen", sagte Birthler.

In Hessen hatte Linkspartei-Spitzenkandidat Pit Metz wegen umstrittener Äußerungen zum Schießbefehl an der DDR-Grenze zurücktreten müssen. Harms gehört wie Wegner der DKP an und kandidiert auf der Linksparteiliste für die Hamburger Bürgerschaftswahl.

Grünen-Chef Reinhard Bütikofer verlangte zudem den Rückzug des niedersächsischen Linksparteichefs Dieter Dehm. "Wer die unsäglichen Äußerungen von Frau Wegner nur taktisch behandelt und ansonsten auch für die Zukunft eine Zusammenarbeit mit DKP-Mitgliedern nicht ausschließt, sollte mit Frau Wegner gleich mitgehen", sagte Bütikofer der "Passauer Neuen Presse". Die besonders lautstarke Empörung des Bundeswahlkampfleiters der Linken, Bodo Ramelow, könne nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch in Hamburg wieder ein DKP-Kandidat auf der Linken-Liste antrete.