Religionspolitische Vorstellungen der SPD zur Bundestagswahl

Was die SPD für Gläubige anbietet

Am 26.September wird der neue Bundestag gewählt. Eine gute Gelegenheit, vorab mit den religionspolitischen Sprechern verschiedener Parteien die diesbezüglichen Parteiziele zu beleuchten. Diesmal mit Lars Castellucci von der SPD.

Autor/in:
Moritz Dege
Lars Castellucci (privat)
Lars Castellucci / ( privat )

"Wer Armin Laschet von der CDU wählt...wählt erzkatholische Laschet-Vertraute, für die Sex vor der Ehe ein Tabu ist…" So tönte es bis zuletzt in einem Werbespot der SPD für die Bundestagswahl im September. Dazu sah man eine Matrjoschka-Puppe, die ein Foto des Chefs der NRW-Staatskanzlei, Nathanael Liminski, zeigt. Dieser Mann, einer der engsten Mitarbeiter des Ministerpräsidenten und Unionskanzlerkandidaten Laschet, gehörte in seiner Jugend einer konservativen katholischen Jugendorganisation an und hatte darüber in einer ARD-Talkshow gesprochen – vor über 10 Jahren.

"Negativwerbung" – empörte sich die Union. Kritik über den SPD-Wahlwerbespot kam von der Deutschen Katholischen Bischofskonferenz aus Bonn: "Unangemessen", so ihr Urteil. Und auch Antonius Hamers, Leiter des Katholischen Büros in Düsseldorf, der Schnittstelle zwischen Landespolitik und den fünf NRW-Bistümern ließ kein gutes Haar an dem Wahlspot. "In dieser Weise antikatholische Klischees zu verbreiten, finde ich sehr befremdlich", ließ Hamers wissen.

"Attraktives Programm für Gläubige"

Naturgemäß ganz anders sieht das Lars Castellucci, der religionspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Das Wahlprogramm seiner Partei für die Bundestagswahl nennt er ein "attraktives Programm für Gläubige". "Wenn wir ins Neue Testament reinschauen und sehen, zu wem Jesus gegangen ist", so Castellucci im Gespräch mit DOMRADIO.DE, "dann sehen wir ja, dass er eher zu denen gegangen ist, die am Rande der Gesellschaft gestanden haben".

Genau in dieser Tradition sieht Castellucci seine SPD, wenn sie sich für klassisch sozialdemokratische Themen wie etwa den Kampf gegen Altersarmut, die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum oder eine Erhöhung des Mindestlohns stark macht. Blickt man allerdings hinein in das sogenannte "Zukunftsprogramm" der SPD, so nimmt die Auseinandersetzung mit Kirche und Religion auffällig wenig Raum ein. Man begrüße das Engagement der Kirchen und Religionsgemeinschaften, heißt es da. Den interreligiösen Dialog will man stärken und die Religionsfreiheit schützen. Mehr als Floskeln und Allgemeinplätze?

Staatskirchenleistungen – "ein Klotz am Bein"

Im Verhältnis von Staat und Kirche sieht die SPD gleichwohl einigen Reformbedarf. Ihr Religionsexperte verweist etwa auf die Staatskirchenleistungen, die der Staat jedes Jahr an die beiden großen Kirchen zahlt – als Ausgleich für historische Enteignungen von Kirchenbesitz, 550 Millionen Euro allein im Jahr 2020. "Das geht so nicht, wir müssen da eine Lösung finden" – betont Castellucci weiter.

Für die nächste Legislaturperiode hat sich die SPD deshalb einiges vorgenommen. So soll eine Kommission dafür sorgen, dass der Staat diesen "Klotz am Bein", wie Castellucci die Staatsleistungen nennt, endlich loswird. Dafür braucht es allerdings noch etwas Überzeugungsarbeit: In der laufenden Legislaturperiode war es die Große Koalition, die einen entsprechenden Vorstoß von Grünen, Linken und der FDP abblockte, angeblich wegen mangelnder Beteiligung der Länder. "Was bei diesem Anlauf gefehlt hat, war, dass die Länder mit einbezogen wurden", begründet Castellucci die ablehnende Haltung seiner Partei. Einen Alternativvorschlag hatte allerdings keine der Regierungsparteien parat.

Religionsfreiheit – ein hohes Gut

Großes Verständnis hat die SPD für die Bedürfnisse der Gläubigen, wenn es um die Religionsausübung während der Corona-Pandemie geht. Die Kirchen und Religionsgemeinschaften hätten hier zu Recht Sonderrechte in Anspruch genommen und vielerorts Gottesdienste im Lockdown angeboten, so Castellucci weiter. "Wir haben Kirchenräume, die sind sehr hoch, die sind gut durchlüftet, da gab es hervorragende Hygienekonzepte." Angesichts der grundgesetzlich garantierten Religionsfreiheit in Deutschland sei diese Haltung richtig gewesen.

"Hinweis an die Politik"

Auch beim Thema Kirchenasyl hat die Partei Willy Brandts klare Vorstellungen. Mancherorts finden ausreisepflichtige Migrantinnen und Migranten Schutz in Kirchen - und diese verstoßen damit gegen geltendes Recht. Immer häufiger geht die Justiz dagegen vor, Kirchenvertreter müssen sich vor Gerichten verantworten. Dennoch unterstützt der religionspolitische Sprecher der SPD die Institution des Kirchenasyls. Es sei die besondere Aufgabe der Kirche, solche Räume zu schaffen, wolle sie das Gebot der Nächstenliebe ernst nehmen. Fälle von Kirchenasyl seien auch stets ein "Hinweis an die Politik", für die "Qualität von entsprechenden Verfahren zu sorgen und die individuellen Umstände von Menschen umfassend zu berücksichtigen". Castellucci fordert hier einen intensiveren Dialog zwischen staatlichen Stellen und Kirchen.

"Weil es eben zum Menschen gehört"

Und welche Rolle spielen die Kirchen künftig in einer zunehmend säkularisierten Gesellschaft? Castellucci, selbst Mitglied der evangelischen Kirche, winkt ab: "In unserer Gesellschaft ist dauernd von Religion die Rede, es ist ja ein ganz wirkmächtiges Thema". Zwar nehme die Bedeutung der Organisationen ab. Diese verlören tendenziell Mitglieder. Doch werde Religion auch in Zukunft eine "wichtige Rolle spielen", prognostiziert der SPD-Religionspolitiker. "Religion gehört zum Menschen".


SPD-Logo / © Jan Woitas (dpa)
SPD-Logo / © Jan Woitas ( dpa )
Quelle:
DR