Was das Institut für Theologische Zoologie auszeichnet

Das Verhältnis zwischen Mensch und Tier bedenken

Im Advent stellt DOMRADIO.DE verschiedene Institutionen vor, die sich über Spenden freuen – denn das tun viele Menschen in diesen Wochen. Das Institut für Theologische Zoologie widmet sich der Theologie der Tiere als Mitgeschöpfe.

Die beiden Esel Freddy und Fridolin am Institut für Theologische Zoologie / © Institut für Theologische Zoologie Münster
Die beiden Esel Freddy und Fridolin am Institut für Theologische Zoologie / © Institut für Theologische Zoologie Münster

DOMRADIO.DE: Wer möchte, kann für Ihr Institut etwas spenden. Und für die, die es noch nicht kennen: Was macht das Institut für Theologische Zoologie?

Dr. Rainer Hagencord (Leiter des Instituts für Theologische Zoologie): Die Ursprungsidee ist inzwischen fast 20 Jahre alt. Ich habe damals im Bereich Theologie und Verhaltenstheologie promoviert und in dem ganzen Prozess wahrgenommen und erlebt, dass es sehr wohl eine theologische Anthropologie gibt, also eine Würdigung des Menschen aus Sicht des Glaubens und der Bibel. Aber es fehlte das andere Projekt, nämlich dass einer Würdigung auch der mehr als menschlichen Welt.

Rainer Hagencord, Theologe und Biologe, sowie Leiter des Instituts für Theologische Zoologie / © Lars Berg (KNA)
Rainer Hagencord, Theologe und Biologe, sowie Leiter des Instituts für Theologische Zoologie / © Lars Berg ( KNA )

 Zoologie ist, wenn man es übersetzt, nicht nur die Lehre von den Tieren, sondern vom Lebendigen. Es geht darum, das Lebendige insgesamt zu würdigen, und dann ist es auf der einen Seite ein wissenschaftliches, also auch interdisziplinäres Projekt, und auf der anderen Seite verdankt es sich auch einem politischen Engagement und einem Motor, etwas im Blick auf unsere Mitgeschöpfe zu tun.

DOMRADIO.DE: Das heißt, Sie machen auch Aufklärung und halten Vorträge und haben einen großen Stab an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Bei Tierschutz denkt man aber auch an solche Dinge wie die Rettung von Labortieren und so weiter. Machen Sie so etwas?

Hagencord: Wir sind primär in den letzten Jahren zu einem Ort der Bildung geworden. Das Institut hat auch Tiere, wir haben auch Räumlichkeiten, um vor allem Lehrveranstaltungen und Weiterbildungen durchzuführen. Wir haben in den letzten Jahren gemerkt, dass wir immer mal wieder auch in bestimmte Engagements hineingehen. Ich habe sehr viel auch Umweltschutzverbände und Bürgerinitiativen unterstützt und gestärkt. Aber mehr und mehr kam auch der Bedarf von Seiten der Hochschulen. 

Wir haben hier in Münster die große Universität, und wir haben Fachhochschulen, und es gab immer mehr den Bedarf von Seiten der dort Verantwortlichen und auch von Seiten der Studierenden, grundlegend darüber nachzudenken, um das Verhältnis zu Tieren noch mal zu bedenken und von daher auch ein anderes Engagement an den Tag zu legen. Wir haben uns in den letzten zehn bis 15 Jahren viel mehr auch der Bildung verschrieben.

Rainer Hagencord

"Ich war ganz erstaunt und es hat mich total berührt, als ich die Enzyklika 2015 lesen durfte."

DOMRADIO.DE: Und das ist nicht "nur" durch Umweltbewusstsein und Naturschutz motiviert, sondern natürlich auch aus einer christlichen Motivation. Papst Franziskus hat in seiner Umweltenzyklika "Laudato Si" darauf aufmerksam gemacht und die Bewahrung der Schöpfung ist sowieso wichtig für Christinnen und Christen. Wie begründen Sie das?

Hagencord: Ich war ganz erstaunt und es hat mich total berührt, als ich die Enzyklika 2015 lesen durfte. Zum einen, weil hier ein solch starker Impuls von Seiten des Vatikans oder des Papstes ausgeht, den ich mir niemals hätte erträumen lassen. Das zweite ist: An vielen Stellen, dachte ich, dass der Papst jetzt doch mit seinem Segen unsere Arbeit unterstützt, die hier in Münster und darüber hinaus nicht nur Fans hat. 

Es ist auch eine Wahrnehmung der letzten Jahre, dass der Bedarf einer solchen Tiefenschärfung, auch einer theologischen Tiefenschärfung des Mensch-Tier-Verhältnisses innerhalb der Kirche immer noch so ein bisschen am Rande steht. Wenn man mal guckt, wie die Rezension, also die Akzeptanz der Enzyklika in den letzten zehn Jahren ist, muss man sagen, dass da ja fast nichts passiert ist. Der Bedarf nach einer solchen anderen Sicht auf die Tiere außerhalb der Kirche ist größer als innerhalb der Kirche.

DOMRADIO.DE: Kriegen Sie denn kirchliche Unterstützung für das Institut für Theologische Zoologie?

Hagencord: Das eine ist, und da bin ich auch den Bischof sehr dankbar, der schon auch große Widerstände spürt: Er hält mich weiterhin in der Riege seiner Priester, das heißt, ich bekomme mein Pfarrergehalt. Er sagt aber auch sehr deutlich: Weil so viele Widerstände auch da sind, die er erlebt, kann er sich nicht vorstellen, mein Institut zu fördern. 

Das Institut ist von der Struktur her ein gemeinnütziger Verein und wir haben sehr viel Förderer und Fördererinnen und wir haben auch mit der Uni jetzt Verträge geschlossen, sodass wir auch da ein bisschen Unterstützung zu kommen.

Rainer Hagencord

"Tiere bewirken bei Klienten und Klientinnen oftmals etwas, was wir Menschen nicht bewirken können."

DOMRADIO.DE: Und im Institut haben Sie auch Tiere.

Hagencord: Genau, die sind jetzt seit sieben Jahren da. Das sind zwei Poitou-Esel. Das sind sehr große Esel, nach den katalanischen Rieseneseln die zweitgrößten Großesel und die beiden kommen aus einer Herde. Wir haben sie dann 2017 mit Genehmigung des Bürgermeisters der Stadt Olfen, wo die Esel herkommen, übernommen, und sie arbeiten bei uns als Co-Therapeuten. 

Der Begriff von Tieren als Co-Therapeuten verdankt sich dem Feld der tiergestützten Arbeit. In diesem Feld arbeiten Hunde, Katzen, Esel und andere Tiere in pädagogischen und therapeutischen Einrichtungen und bewirken bei Klienten und Klientinnen oftmals etwas, was wir Menschen nicht bewirken können. Die sind echte Co-Therapeuten und die beiden bilden bei unseren Lehrveranstaltungen immer ein Herzstück. 

Wenn ich mit Studierenden zum Mensch-Tier-Verhältnis arbeite, dann steht die Begegnung mit den beiden immer am Anfang. Wir gestalten diese Begegnung immer mit sehr viel Stille und Ruhe und Kraft der Wahrnehmung. Es geht immer dann irgendwann nach einer Begrüßung zu den beiden auf ihre Weide und die beiden kommen fast immer und nehmen die Studierenden wahr. Sie sind dann sehr zugewandt, sehr echt, sehr authentisch. Die Studierenden sind oft sehr, sehr berührt davon. Danach arbeiten wir dann weiter.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Quelle:
DR