Was ändert sich mit der Staatsangehörigkeitsrechts-Reform?

Schneller einbürgern und Mehrstaatlichkeit ermöglichen

Der Bundestag stimmt an diesem Freitag über eine Reform des Staatsangehörigkeitsgesetz ab. Damit sollen schnellere Einbürgerungen ermöglicht werden. Fragen und Antworten zu den geplanten Regelungen.

Autor/in:
Johannes Senk und Birgit Wilke
Deutscher Reisepass / © Matthias Balk (dpa)
Deutscher Reisepass / © Matthias Balk ( dpa )

Warum soll es ein neues Staatsangehörigkeitsgesetz geben?

Eine Reform zum Staatsbürgerschaftsrecht gilt als ein zentrales Vorhaben der Bundesregierung und war auch im Koalitionsvertrag der Ampel schon vereinbart. 

Nancy Faeser / © Kay Nietfeld (dpa)
Nancy Faeser / © Kay Nietfeld ( dpa )

Ein Ziel ist, in Deutschland lebenden Ausländern eine Einbürgerung zu erleichtern, wenn sie dies wünschen, und damit die vergleichsweise geringe Zahl von Einbürgerungen zu erhöhen. 

Zudem soll eine Mehrstaatlichkeit einfacher sein. Für Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bezeichnete die Reform auch als Teil einer Modernisierung der Gesellschaft. 

Was beinhaltet das geplante Staatsangehörigkeitsgesetz?

Hürden für die Einbürgerung sollen gesenkt werden. Diese könnten Migranten dann schon nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland erlangen. Bislang lag die Grenze bei acht Jahren. 

Bei "besonderen Integrationsleistungen" wie herausragenden beruflichen oder schulischen Leistungen oder einem ehrenamtlichen Engagement könne sich die Frist sogar auf drei Jahre reduzieren. 

Künftig soll eine Doppelstaatsbürgerschaft grundsätzlich für alle möglich sein. Es hängt demnach nur vom Staatsangehörigkeitsrecht des Herkunftsstaates ob, ob die bisherige Staatsangehörigkeit beibehalten werden kann oder nicht. 

Bislang gilt eine Doppelstaatsbürgerschaft nur für Menschen aus anderen EU-Staaten, der Schweiz sowie aus den Staaten, die ihren Bürgern die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit verweigern. Dazu zählen etwa Afghanistan, Iran, Libanon und Syrien.

Im vergangenen Jahr hatte das Bundesinnenministerium zudem verfügt, auch bei ukrainischen Staatsangehörigen auf die Aufgabe des anderen Passes zu verzichten, weil wegen des Krieges dieser Verwaltungsakt faktisch nicht möglich ist. 

Welche Voraussetzungen gibt es?

Wer sich einbürgern lassen will, muss den Lebensunterhalt für sich und die Familienangehörigen grundsätzlich ohne den Bezug von Sozialleistungen bestreiten. Ausnahmen für Menschen, die unverschuldet auf Sozialleistungen angewiesen sind, sollen wegfallen. Betroffene haben dann die Möglichkeit über eine Härtefallregelung eingebürgert zu werden.

Sogenannte Gastarbeiter, die bis 1974 in die Bundesrepublik eingereist sind, und sogenannte Vertragsarbeiter, die bis 1990 in die ehemalige DDR eingereist sind, sowie Familien mit einem minderjährigen Kind, wenn ein Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner in Vollzeit erwerbstätig ist, sollen aber von der Voraussetzung ausgenommen werden.

Wie steht Deutschland bei den Fristen im internationalen Vergleich da?

Nach einer vor rund zwei Jahren veröffentlichten Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung gilt in einer Reihe von Staaten, darunter Frankreich, Finnland, Luxemburg, Niederlande, Schweden und die USA, eine Frist von fünf Jahren. 

Ansonsten variieren die Bestimmungen stark: Während in der Schweiz, Litauen und Spanien die Fristen mit zehn Jahren deutlich höher liegen, sind Irland und Kanada mit drei Jahren großzügiger. Dazwischen liegen Australien mit vier, Norwegen mit sieben und Dänemark mit neun Jahren. Italien sieht zehn Jahre vor, für EU-Bürger hingegen nur vier.

Wer kritisiert das Gesetzesvorhaben?

Teile der Opposition im Bundestag sind gegen die Reform. Die Union wirft der Bundesregierung vor, die Staatsbürgerschaft zu "verramschen". Faktoren wir Straffreiheit, Deutschkenntnisse und Erwerbstätigkeit der betreffenden Personen müssten stärker berücksichtigt werden. 

Wie viele Migranten wären von dem neuen Recht betroffen?

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums haben etwa 14 Prozent der Bevölkerung keinen deutschen Pass - etwas mehr als zwölf Millionen Menschen. Von ihnen lebten rund 5,3 Millionen bereits seit mindestens zehn Jahren in Deutschland. 

2022 beantragten 168.545 Menschen den deutschen Pass, das waren gerade einmal 3,1 Prozent der ausländischen Staatsbürger, die seit mindestens zehn Jahren hier lebten. Im EU-Vergleich sei die deutsche Einbürgerungsrate unterdurchschnittlich, so die Bundesinnenministerin.

Gibt es auch Gründe, die eine Einbürgerung verhindern?

Generell dürfen Bewerber nicht vorbestraft sein. Zudem müssen sie sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung und zu den Werten einer freiheitlichen Gesellschaft bekennen. 

Dazu gehören besonders die Würde und Gleichheit aller Menschen, also auch die Gleichberechtigung von Mann und Frau; ausgeschlossen ist auch ein Einbürgerung im Falle einer Mehrehe. Wer diese Werte nicht teilt oder ihnen gar zuwiderhandelt, darf nicht deutscher Staatsangehöriger werden. 

So verhindern auch Straftaten, die laut Entwurf "aus antisemitischen, rassistischen, fremdenfeindlichen oder sonstigen menschenverachtenden Motiven" begangen wurden, eine Einbürgerung.

Staatsanwaltschaften sollen Einwanderungsbehörden künftig solche Straftaten aktiv melden, um Einbürgerungen in diesen Fällen auszuschließen.

Quelle:
KNA