Warum sich als Erwachsene firmen lassen?

"Die Skandale bringen uns nicht von unserem Glauben ab"

Elena und Sarah machen alles zusammen. Als eineiige Zwillinge kennen sie das nicht anders. Auch wichtige Lebensentscheidungen träfen sie immer gemeinsam, sagen die beiden. Die Firmung an diesem Samstag ist eine davon.

Autor/in:
Beatrice Tomasetti
Die Zwillinge Sarah und Elena Band werden zu Pfingsten im Kölner Dom gefirmt / © Beatrice Tomasetti (KNA)
Die Zwillinge Sarah und Elena Band werden zu Pfingsten im Kölner Dom gefirmt / © Beatrice Tomasetti ( KNA )

Der doppelte Lottchen-Effekt verblüfft: Elena und Sarah sind auf den ersten Blick kaum auseinanderzuhalten. Sie haben beide dieselben strahlenden Augen, ein gewinnendes Lächeln, eine erfrischend fröhliche Ausstrahlung, vor allem aber dieselben Interessen, Neigungen, Werte und Vorstellungen vom Leben. Und dazu gehört seit Anfang des Jahres auch, dass Gott mehr Platz in ihrem Alltag bekommen soll.

Die beiden 23-Jährigen, die es gewohnt sind, in der "Wir-Form" zu sprechen – auch weil sie von außen zeitlebens als eine Einheit, eben "die Zwillinge" wahrgenommen werden, wie sie sagen – berichten dann auch sehr sprudelnd, dass die eine zwar den Impuls gegeben, die andere aber gleich zugestimmt habe. Gemeinsame Taufe, gemeinsame Erstkommunion und jetzt eben auch gemeinsame Firmung. "Da waren wir uns ganz schnell einig", betont Elena. "Auch dieses Sakrament nun noch miteinander teilen zu dürfen – und zwar als Erwachsene – ist ein richtig schönes Gefühl", schwärmt sie.

Die eine studiert in Münster Erziehungswissenschaft, die andere in Köln auf Lehramt für Grundschule. Auch hier schlagen mit der Pädagogik beide wieder mehr oder weniger dieselbe berufliche Richtung ein, mit einem kleinen Unterschied: Den Studienplatz für Erziehungswissenschaften gab es nur in Münster. "Ich hab’s zunächst ebenfalls mit diesem Studium versucht, damit wir uns nicht trennen müssen", berichtet Sarah.

"24/7 in der eigenen Schwester immer die beste Freundin an der Seite zu haben, überall zu zweit auftreten zu können, hat von klein an bei uns für ein viel stärkeres Selbstbewusstsein gesorgt." Daher sei die Vorstellung, an unterschiedlichen Orten zu leben, für beide einfach schlimm gewesen. "Aber eigentlich war mein Traum immer, Grundschullehrerin zu werden, und den wollte ich dann doch nicht aufgeben."

Nun lernen die jungen Frauen zum ersten Mal, unter der Woche ohne einander zu sein. "Schon komisch", finden sie und versuchen dennoch, das halb volle Glas zu sehen. "Wir haben schon eine krasse Bindung, eine enorme Vertrauensbasis und verstehen uns auch ohne Worte. Nun aber gerät mit einem Mal unsere Eigenständigkeit mehr in den Fokus. Das ist eine ganz neue Herausforderung als Einling, aber auch eine Chance", stellt Elena fest. Und außerdem blieben ja noch die Wochenenden für die Zeit zu zweit, lacht sie.

Sarah Band

"Mir war wichtig, diesen Schritt aus freien Stücken zu machen und nicht, weil ich womöglich muss. Nur Mitläuferin zu sein wäre mir zu wenig… Die äußeren und inneren Beweggründe mussten zusammen passen."

Dass zum Lehramtsstudium auch katholische Theologie gehört und für die Erlangung der Missio canonica die Firmung Voraussetzung ist, sieht Sarah nur als äußeren Anlass für ihre Entscheidung. "Mir war wichtig, diesen Schritt aus freien Stücken zu machen und nicht, weil ich womöglich muss. Nur Mitläuferin zu sein wäre mir zu wenig." Deshalb habe sie sich auch bis ins 7. Semester Zeit gelassen. "Ich wollte keinen Druck verspüren; die äußeren und inneren Beweggründe mussten zusammen passen." Im Zugzwang durch die Schwester sieht auch Elena sich nicht. "Das ist für uns beide keine Pflicht. Nur eines war für uns undenkbar: Die eine trägt diesen Stempel Firmung und die andere nicht."

Mit "diesem Stempel" meint sie die Besiegelung durch den Heiligen Geist und ein selbstverantwortetes, mündiges "Ja" zum eigenen Glauben. "Wir sind damals in der Pubertät nicht mitgefirmt worden, weil da für uns gerade andere Themen Priorität hatten. Außerdem wollten wir uns gegenüber den anderen abgrenzen", sagt das Zwillingspaar rückblickend. Irgendwie sei das Thema Glaube in dieser Zeit untergegangen.

Sarah und Elena Band gehen von klein an ihren Glaubensweg gemeinsam / © Beatrice Tomasetti (DR)
Sarah und Elena Band gehen von klein an ihren Glaubensweg gemeinsam / © Beatrice Tomasetti ( DR )

"Später aber haben wir dann gespürt, dass da doch etwas fehlt. Und jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen", argumentiert Sarah. "Und mir war klar", ergänzt Elena, "dass ich diesen Schritt unbedingt mit meiner Schwester zusammen machen will." Dafür setze sie sich auch gerne jede Woche zwei Stunden von Münster nach Köln in den Zug, um an dem Kurs bei der katholischen Glaubensinformation FIDES teilzunehmen.

Die beiden Studentinnen genießen ihre von FIDES-Leiterin Irmgard Conin und Pater Sebastian Annas geleiteten Firmvorbereitung innerhalb der Gruppe mit Menschen aller Generationen. "Da werden keine Themen nur abgearbeitet, es herrscht eine vertrauensvoll-offene Kommunikation über den eigenen Glauben." Und jede Frage sei erlaubt. "Inzwischen haben wir eine ganz andere Wahrnehmung, was dieses Sakrament angeht, und sind dankbar für die ganz unterschiedlichen thematischen Impulse dazu. Das bringt uns jedes Mal ein ganzes Stück weiter. Man kann sogar sagen, unser Glaube ist gewachsen", erklärt Sarah.

Es sei super spannend, unterschiedliche Glaubensformen und -erfahrungen kennenzulernen – gerade auch die älterer Menschen, die nochmals einen ganz anderen Blick auf das Leben nach dem Tod hätten. "Oft nehmen wir die Inhalte der einzelnen Kurseinheiten mit nach Hause in unseren Alltag und sprechen auch mit unseren Eltern darüber." Das sorge mittlerweile für einen regen Austausch über die eigene Spiritualität, sei aber auch ein Zeichen dafür, dass sich im Erwachsenenalter die Haltung zu Glaubensfragen nochmals sehr verändere.

Elena Band

"Die Firmung ist für uns ein Herzensanliegen. Mit der Taufe sind wir damals in die Beziehung mit Gott gestartet. Nun geht es darum, dass sich hier der Kreis schließt."

Natürlich gehöre dazu auch, den Rechtfertigungsdruck im Freundes- und Bekanntenkreis auszuhalten, betont Sarah. "Es ist schon sehr schade, dass die Gesellschaft inzwischen mehrheitlich strikt gegen Kirche ist und es Kraft erfordert, gegen den Strom zu schwimmen", bedauert sie. "Umso mehr stehen wir zu unserem Glauben – auch wenn uns die momentanen Skandale durchaus bewusst sind. Sie bringen uns aber nicht von unserem Glauben ab."

Vielmehr würde sie sich ein gesellschaftliches Umdenken wünschen und dass sich viel mehr gegen den allgemeinen Mainstream stemmen würden. "Wir sollten uns zunehmend an die vielen positiven Aspekte von Kirche halten", findet sie. Letztlich sei doch das Gemeinschaftserlebnis ein solcher Pluspunkt. "Das ist ein sehr schönes Gefühl und eine hochemotionale Erfahrung."

Sich firmen zu lassen habe nichts mit Heimlichkeit zu tun, meint Elena. "Es ist ein öffentliches Bekenntnis. Und das im Dom, in diesem spektakulären Bauwerk, tun zu können, ist schon etwas ganz Besonderes." Das Projekt "Firmung im Doppelpack" bereut sie jedenfalls nicht. Im Gegenteil: "Das ist für uns ein Herzensanliegen. Mit der Taufe sind wir damals in die Beziehung mit Gott gestartet. Nun geht es darum, dass sich hier der Kreis schließt. Deshalb sind unsere Eltern auch unsere Firmpaten." Das Bewusstsein, nun auch ein vollständiges Mitglied der Kirche zu sein, gebe ihr Kraft und stärke sie im Glauben. "Das schenkt Zuversicht, dass da noch irgendetwas ist, und Trost, wenn man nicht weiter weiß."

"In der Firmvorbereitung haben wir gelernt, uns auch schweren Themen zu stellen, über die wir früher nicht unbedingt nachgedacht haben oder die eben nicht selbstverständlicher Teil unseres Alltags waren: zum Beispiel Tod und Sterben", berichtet Sarah. "Inzwischen aber fragen wir sehr bewusst: Was ist der Sinn des Lebens? Warum bin ich da? Was kommt nach dem Tod?" Die Beschäftigung damit habe ihnen nochmals eine neue Dimension eröffnet. "Allein schon deshalb", betont Elena, "bin ich sehr glücklich, dass wir auch diesen Weg jetzt sehr entschieden gemeinsam gehen!"

Firmung

Der Begriff "Firmung" stammt vom lateinischen Wort "confirmatio" und bedeutet so viel wie "Festigung" oder "Stärkung". Er bezeichnet das jüngste der sieben Sakramente der katholischen Kirche. Eigenständig gespendet wird es erst seit dem Konzil von Florenz (1439-1445).

Aus Sicht der Kirche werden junge Katholiken mit der Firmung erwachsen. Das Sakrament schließt den Eingliederungsprozess in die Kirche nach Taufe und Erstkommunion ab. Wer erst als Erwachsener in die katholische Kirche eintritt, empfängt zumeist Taufe, Erstkommunion und Firmung in einem.

Jugendlicher bei der Firmung / © Harald Oppitz (KNA)
Jugendlicher bei der Firmung / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR