Warum die US-Pläne zur Bankenregulierung nicht überall funktionieren

"Das hat mit unserem System zu tun"

US-Präsident Barack Obama will das Geschäft der großen Banken des Landes deutlich beschränken. Großbanken will er mit neuen Handelsregeln Grenzen setzen. In Deutschland spielt das Thema bislang noch keine Rolle - mit gutem Grund, sagt im domradio-Interview Ursula Nothelle-Wildfeuer, Professorin für die Christliche Gesellschaftslehre.

 (DR)

domradio: Präsident Obama geht mit den großen US-Geldhäusern hart ins Gericht. Er sei entschlossen für den Steuerzahler jeden Cent zurückzuholen. Aber noch erstaunlicher, dass diese Idee hier kein Mensch diskutiert. Warum nicht?
Nothelle-Wildfeuer: Natürlich muss man sagen, dass die Idee gut und eigentlich sofort einleuchtend ist. Dass die Idee bislang nicht nach Deutschland geschwappt ist, hat mehrere Gründe. Ich glaube, das hat mit unserem System der sozialen Marktwirtschaft zu tun hat, das sich tatsächlich sehr scheut, sich vom Staat managen zu lassen - wenn es nicht gerade um die ganz konkrete Überwindung einer Krise geht. Ganz zentral für uns ist, dass hier die einzelnen Akteure - wie zum Beispiel die Banken - dann selber Lösungen finden sollen.

domradio: Aber der Staat ist eingesprungen...
Nothelle-Wildfeuer: Das war sicherlich in dieser Notsituation eine wichtige Maßnahme. Aber wenn diese konkrete Notsituation vorbei ist, braucht es ein Gesamtpaket, das nicht nur eine Steuer sein kann, die die Banken dann an den Staat zahlen. Sondern es geht schon darum, dass dann ein Gesamtkonzept von Bedingungen entwickelt wird: ein neuer Rahmen, innerhalb dessen dann eine solche Finanzmarktkrise auch in den Nachwirkungen bewältigt werden kann.

domradio: Alle Welt hat darüber spekuliert, ob und welche Lehre die Banker aus dieser Bankrotterklärung ziehen würden. Über "riesige Gewinnen und obszönen Boni" ärgerte sich Obama und zwar bei genau den Unternehmen, die ihre Rettung dem amerikanischen Volk verdankten. Wie sieht das in Deutschland mit der neuen Ethik aus?
Nothelle-Wildfeuer: In dem Moment der akuten Krise wird ganz viel über diese neue Ethik geredet - und sobald der Höhepunkt der Krise überwunden ist, ist die Gefahr groß, wieder zum normalen Geschäft überzugehen. Ich denke, dass wir in Deutschland gar nicht eine ganz neue Ethik haben oder erfinden müssen. Sondern es geht darum, bestimmte Punkte wieder deutlich zu machen und das dann in weiterführende Rahmenordnungsaspekte umzusetzen - die es bislang durchaus schon gegeben hat. Dass die Banken auch eine Verantwortung für das tragen, was sie an Risiko eingehen, ist etwas, das man eigentlich gewusst hat.

domradio: Die so genannte "Finanzkrise-Verantwortungs-Gebühr", soll bei den Großbanken für zehn Jahre erhoben werden. Wie beurteilen sie die Forderungen des US-Präsidenten? Wäre die übertragbar?
Nothelle-Wildfeuer: Die Gebühr zeigt, dass es wichtig ist, die mittel- und langfristigen Folgen in den Blick zu nehmen und dafür zu sorgen, dass die Banken auch nachhaltig mit in die Verantwortung genommen werden. Ich sehe bei dieser konkreten Steuer die große Gefahr, dass der Steuerzahler am Ende zum zweiten Mal zur Kasse gebeten wird. Denn die Banken werden diese Steuer wieder an ihre Kleinkunden weitergeben, so dass es am Ende die nicht die Empfänger der Boni sind, die dann auch zahlen, sondern wieder die kleinen Kunden. Deshalb glaube ich nicht, dass das die alleinige Lösung sein kann.  

Das Gespräch führte Monika Weiß.