Wahlkampfstimmung in Peru

Toledo will es nochmal wissen

Seit Januar ist das Wahlkampffieber in Peru ausgebrochen. Am 10. April wird in dem südamerikanischen Land ein neuer Präsident gewählt. Aussichtsreichster Kandidat dafür ist zweifelsohne Alejandro Toledo. Der 64-Jährige hatte es vor zehn Jahren schon einmal an die Staatsspitze geschafft. Nun will er dorthin zurück.

Autor/in:
Camilla Landbö
 (DR)

Lässig in Jeans und weißes Hemd gekleidet, verschenkt Alejandro Toledo vom Dach seines Busses aus in einem Armenviertel von Lima Küsse an seine potenziellen Wähler. Er verspricht den Bedürftigen der peruanischen Hauptstadt fließendes Trinkwasser, bessere ärztliche Versorgung und Bildung. Zuvor kurvte "el Cholo" (der Mestize) - wie Toledo wegen seiner markanten indigenen Gesichtszüge genannt wird - über Wochen mit dem aufgepeppten gelbgrünen "Cholo-Bus" durch die Provinzen. 28 Städte besuchte er und gab sich in der Öffentlichkeit, zu Cumbia-Musik wippend, besonders volksnah.



Peru ist ein wirtschaftlich aufstrebendes Land und gilt unter privaten Investoren als eines der meistversprechenden in Südamerika. Das liberale Wirtschaftsmodell hat dem an Bodenschätze reichen Peru in den vergangenen Jahren viel Geld eingebracht. Aber die indigene Bevölkerung hat davon so gut wie nichts gesehen. Etwa jeder dritte lebt nach wie vor in ärmlichen Verhältnissen. Waren 2006 vor allem die Stabilisierung der Demokratie und der Wirtschaft Hauptthemen der Wahlkampagnen, ist es diesmal vor allem die Armutsbekämpfung.



In Wählerumfragen auf Platz eins

Gut für Toledo. Denn seine Erfolgsgeschichte ist für den diesjährigen Stimmenfang ideal - und er weiß das. Mit 15 Geschwistern ist er in einer ärmlichen Behausung aufgewachsen. Um seinen Eltern finanziell unter die Arme zu greifen, putzte er als Kind in den Straßen die Schuhe anderer. Dann die Wende: Toledo gewann ein Stipendium und studierte in den USA Volkswirtschaft. Nach seiner Rückkehr wählten ihn die Peruaner aus dem Stand zum Präsidenten (2001-2006). Die Menschen in den Armenvierteln nennen ihn "einen von uns".



Seit Wochen glänzt Toledo in Wählerumfragen auf Platz eins. Die jüngsten Resultate verheißen dem Liberalen rund 26 Prozent. Ihm folgt mit rund 19 Prozent die rechtsgerichtete Keiko Fujimori, die Tochter von Alberto Fujimori. Der diktatorische Ex-Präsident



(1990-2000) wurde 2009 wegen Menschenrechtsverletzungen zu 25 Jahren Haft verurteilt. Dahinter positionieren sich Limas neoliberaler Ex-Bürgermeister Luis Castaneda (17 Prozent) und der indigene linksgerichtete Ollanta Humala (15 Prozent).



Drogenfreies Leben dokumentiert

Medienwirksam bewiesen einige der elf Kandidaten mit Haarproben ihr drogenfreies Leben - und sagten dem Drogenhandel in Peru den Kampf an. Laut Experten wird keiner der Kandidaten in der ersten Wahlrunde die nötige Mehrheit erreichen. Noch offen ist nach ihrer Einschätzung, wer beim zweiten Urnengang am 5. Juni gegen den Favoriten Toledo antreten wird. Der ist derweil zum Anti-Kandidaten der katholischen Kirche aufgestiegen: Toledo sprach sich für eine Legalisierung von Abtreibung und "Homo-Ehe" aus - und die Bischöfe äußerten sich besorgt über die "sozialen Missstände" im Land.



Während seiner ersten Amtszeit kränkelte "Cholos" Beliebtheit stark. Nur wenige trauerten, als er sein Amt dem derzeitigen Präsidenten Alan Garcia weiterreichte. Als Staatschef hatte sich Toledo zu oft unentschlossen gezeigt und mit Skandalen im Privatleben manchen Unmut provoziert. So musste er aufgrund eines DNA-Tests ein außereheliches Kind anerkennen.



Diesmal will er es besser machen. Und viele in der Bevölkerung meinen offenbar, er habe eine zweite Chance verdient. Wird er gewählt, dann möchte er nach eigenem Bekunden die Industrialisierung vorantreiben, die Justiz reformieren, die Umwelt schützen und vor allem den Reichtum gerecht verteilen. Er müsse zu Ende bringen, was er begonnen habe, meint Toledo: "Während meiner ersten Amtszeit habe ich die Grundlagen für das Wirtschaftswachstum gelegt; jetzt will ich das soziale Gesicht Perus neu zeichnen." An Selbstbewusstsein fehlt es ihm jedenfalls nicht.