Wadowice und Krakau fiebern der Seligsprechung entgegen

Polen in seliger Vorfreude

Noch sind es nur einzelne gelb-weiße und weiß-rote Fahnen, die vor der Pfarrkirche in Wadowice flattern. Doch täglich werden es mehr. Am 1. Mai wird auf dem Johannes-Paul-Platz in der südpolnischen Stadt ein ganzes Flaggenmeer erwartet, wenn - zeitgleich mit der Zeremonie in Rom - Wadowice die Seligsprechung ihres berühmtesten Sohnes feiert.

Autor/in:
Markus Nowak
 (DR)

Was Sprechchöre bei der Trauerfeier im April 2005 forderten, nämlich Karol Wojtyla zur Ehre der Altäre zu erheben, erfüllt sich damit nach nur sechs Jahren. Bereits wenige Wochen nach dem Tod gab Benedikt XVI. grünes Licht für die Eröffnung des kirchlichen Verfahrens zur Seligsprechung. Jetzt scheint es fast, als habe das rasche positive Ergebnis die Stadt Wadowice doch etwas überrascht. Das Wojtyla-Geburtshaus in Nachbarschaft zur Pfarrkirche wird seit dem vergangenen Jahr saniert, die Dauerausstellung ist vorübergehend ins Pfarrhaus ausgelagert.



Die Seligsprechung in Rekordzeit gab auch der Stadtverwaltung Sporen: Eilig wird das Pflaster vor der Pfarrkirche zurechtgelegt, damit zumindest der Kirchenvorplatz nach monatelangen Arbeiten an der Kanalisation begehbar ist. Schließlich wollen kommenden Sonntag mehrere Tausend Pilger im Heimatort des Seligen per Großbildschirm das Geschehen auf dem Petersplatz mitverfolgen. "Stellenweise gleicht das noch einer Baustelle", sagt Zdzislaw Nowak, Wadowicer Bürger und fast Altersgenosse von Karol Wojtyla. "Wir können den 1. Mai aber nicht erwarten."



Verehrung für "Lolek"

Wie erwartungsvoll die Stimmung in Wojtylas Heimatgemeinde ist, zeigt ein Bild von "Lolek", wie manche Wadowicer ihren großen einstigen Mitbürger liebevoll nennen. In der Pfarrkirche, die der Mutter Gottes geweiht ist, hängt bereits etliche Tage vor dem offiziellen Seligsprechungsdatum ein Porträt des verstorbenen Papstes - mit der Beschriftung: "der Selige".



Als am 16. Oktober 1978 Karol Wojtyla zum Oberhaupt der katholischen Kirche gewählt wurde, war Wadowice mit einem Schlag berühmt. Hier stehen alle geschlossen hinter der Seligsprechung. Im 40 Kilometer entfernten Krakau hingegen, wo Wojtyla als Erzbischof wirkte, weckte die Erhebung eine Kontroverse. Insbesondere gewisse Pläne des ehemaligen Privatsekretärs von Johannes Paul II., des jetzigen Krakauer Erzbischofs Stanislaw Dziwisz, füllten tagelang Zeitungsseiten. Es ging um Reliquien für die neugebaute Kirche des Seligen.



Der Streit ums Blut

Dabei handelt es sich um Blut, das Ärzte dem Papst 2005 abgenommen hatten. Dziwisz will es in einer Kapelle des geplanten Johannes-Paul-II.-Zentrums bereits in den kommenden Wochen ausstellen. Das Zentrum entsteht am Stadtrand Krakaus neben der Basilika der Barmherzigkeit Gottes, die Johannes Paul II. im Jahr 2002 persönlich geweiht hatte. Nach dem Willen der Initiatoren soll es eine Pilgerhochburg werden - mit mehreren Hunderttausend Besuchern im Jahr.



Einen ersten Ansturm erwartet die Basilika schon am Sonntag. Dann sollen vor Großbildschirmen Tausende Gläubige die Seligsprechung in Rom mitverfolgen. Die Stadt begleitet das Ereignis auch mit einem kulturellen Programm: Kinos laufen seit Tagen Papstfilme, die Theater haben Wojtyla-Dramen auf den Spielplan gesetzt, und auf dem Marktplatz - dem größten Europas - ist am Sonntagabend ein Konzert mit internationalen Gästen geplant.



Dass das religiöse Großereignis auch findige Geschäftsleute auf den Plan ruft, lässt sich bereits in den Altstadtgassen Krakaus beobachten. Die Touristenshops haben ihr Sortiment mit Devotionalien des polnischen Papstes aufgestockt: Von Wojtyla-Schlüsselanhänger über T-Shirt bis hin zu kleinen Papst-Figürchen. Mit dem 1. Mai werden diese zuweil etwas kitschigen "Papst-Fanartikel" dann wohl auch zu einer Art Kultgegenständen.