Vor einem Jahr starb Queen Elizabeth II.

Es lebe der König

Charles III. ist seit einem Jahr König. Er muss sich nun den Respekt sowie die Zuneigung erarbeiten, den die Menschen seiner Mutter, Queen Elizabeth II., entgegenbrachten. Und dann ist da noch sein Sohn Harry.

Autor/in:
Christiane Laudage
Sargträger tragen den mit der königlichen Standarte von Schottland drapierten Sarg von Königin Elizabeth II.  / © Alkis Konstantinidis/Pool Reuters (dpa)
Sargträger tragen den mit der königlichen Standarte von Schottland drapierten Sarg von Königin Elizabeth II. / © Alkis Konstantinidis/Pool Reuters ( dpa )

Als am 8. September 2022 die Ärzte der Queen wissen ließen, dass die Gesundheit ihrer Patientin Anlass zur Sorge gebe und kurz darauf die Nachricht kam, die Kinder und Enkelkinder wären auf dem Weg nach Schloss Balmoral, da wusste man: Es geht zu Ende. Am frühen Abend kam die Nachricht. Die bekannteste Frau der Welt war tot – und ihr Sohn Charles König.

Momente und Bilder gingen in die Geschichte ein

Es war ein Moment für die Geschichtsbücher: Die mit 96 Jahren gestorbene Elizabeth II. war 70 Jahre Königin; kein Monarch hatte vor ihr jemals so lange das Land regiert. Von einem Generationenwechsel konnte man nur bedingt sprechen. 

Schließlich war der Nachfolger mit 73 Jahren der älteste in der Geschichte der englischen Monarchie, und seine Frau Camilla hatte eben erst ihren 75. Geburtstag gefeiert.

In diesem Jahr hat die englische Königsfamilie der Welt gezeigt, was sie am besten kann: Pomp. Erst bei der Beerdigung der Queen am 19. September, dann bei der Krönung von Charles am 6. Mai. Die Bilder beeindruckten. Sie ließen für Momente die großen Herausforderungen nach hinten treten, die den König noch über Jahre beschäftigen werden.

Krönung Charles III. / © Jonathan Brady (dpa)
Krönung Charles III. / © Jonathan Brady ( dpa )

Der Streit mit Prinz Harry

"Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt", wusste schon William Shakespeare, dessen Verse der König auswendig rezitieren kann. Und schwer dürfte Charles ruhen können, wenn er an seinen jüngsten Sohn Harry denkt, der für ihn mehr als nur ein persönliches Problem darstellt.

Seit dem öffentlich vollzogenen Bruch mit den Royals lebt Harry seit 2020 mit seiner Frau Meghan sowie den beiden Kindern Archie und Lilibet in Kalifornien. Mit spektakulären Interviews, Rassismus-Vorwürfen, Netflix-Dokus und und seiner Autobiografie "Reserve" hat der Prinz die Familie gegen sich aufgebracht.

Nach Angaben der Charles-Biografin Catherine Mayer leiden der König, William und Harry gleichermaßen unter dem Bruch.

Die englische Presse weitete den Familienstreit zu einem Kulturkampf-Thema aus. Auf der einen Seite Harry und Meghan, die sie als verwöhnte, Luxus liebende Sozialaktivisten und damit als "woke" darstellen; auf der anderen Seite William und Kate, die sich im traditionellen Rahmen um ihre Themen kümmern. Bei William sind es Umweltschutz und Obdachlosigkeit, bei Kate frühkindliche Erziehung.

William und Catherine stehen im Zentrum

Prinz William und seine Frau Catherine stehen nun als Prinz und Prinzessin von Wales stärker im Blickpunkt, müssen mehr Aufgaben übernehmen, obwohl sie drei junge Kinder haben, die sie vorsichtig an das Leben in der Öffentlichkeit heranführen. Sie stellen die Zukunft der Monarchie dar. Denn der König weiß: Seine Zeit ist schon wegen seines Alters begrenzt.

William und Catherine stehen im Mittelpunkt von Charles' Bemühungen, das Königshaus zu verschlanken. Eine kleine Gruppe von "Working Royals" soll das Königshaus repräsentieren. Dazu gehören seine Schwester Anne, sein Bruder Edward und dessen Frau Sophie sowie einige ältere Cousins und Cousinen der Queen. Auf Dauer könnte dem König schon allein aus Altersgründen das Personal ausgehen.

Charles will Geschichte des Sklavenhandels aufarbeiten

Aber nicht nur die Zahl der arbeitenden Royals wurde gekürzt; auch die der Pferde im Besitz des Königs. Charles hatte rund 100 Vollblutpferde von seiner Mutter geerbt; davon wurden 30 bereits versteigert. Rennpferde und ihre Zucht kosten viel Geld, symbolisieren Luxus und sind mittlerweile ins Blickfeld von Tierschützern gerückt.

Und dann sind da noch die großen gesellschaftlichen Herausforderungen, die auch das Königshaus betreffen: das koloniale Erbe, Sklavenhandel. Zu Lebzeiten der Queen wurde diese Diskussion nur sehr verhalten geführt. Mittlerweile steht die Frage, inwiefern das Königshaus vom Sklavenhandel profitiert hat, deutlich im Raum. Der König hat einer historischen Aufarbeitung Unterstützung zugesagt.

Knapp zwei Drittel halten Charles für guten König

Während die verstorbene Queen so sehr Teil des nationalen Bewusstseins war, dass die Menschen nachts von ihr träumten, muss sich ihr Sohn dieses Status erst erarbeiten. Sein Nachteil: Man weiß zu viel über ihn.

Wenige Tage vor dem ersten Todestag der Queen hat das Meinungsforschungsinstituts YouGov eine aktuelle Umfrage zur königlichen Familie veröffentlicht. 60 Prozent der Briten sind der Meinung, Charles sei ein guter König. Die populärsten Mitglieder der Royal Family sind weiterhin der Thronfolger William, Prinzessin Anne und Catherine, Williams Frau mit einer Zustimmungsrate von 72 bis 74 Prozent.

Und wie steht es um die Zukunft der Monarchie?

Wird Charles der letzte König sein? Bei seiner Krönung liefen Demonstranten auf mit dem Schild "Not my king" - nicht mein König. "Hier in England gibt es mittlerweile ein großes Desinteresse an der Institution. Vor allem junge Leute sehen keine Identifikation mehr mit den Royals", sagt die in England lebende Historikerin Karina Urbach, die mehrfach für das ZDF royale Großereignisse begleitete.

Das bestätigt auch die jüngste Umfrage von YouGov zur Monarchie. Sie zeigt deutlich, dass gerade den jüngeren Menschen die Institution wenig oder nichts bedeutet. In der Altersgruppe über 65 Jahre hingegen liegt die Zustimmung zur Monarchie bei 77 Prozent.

Wenn die Royal Family auch in Zukunft relevant bleiben will, muss sie sich vor allem um die jungen Menschen bemühen. Aber: Das britische Königshaus hat schon viele Herausforderungen gemeistert, sich immer wieder erneuert und den Zeiten angepasst.

Anglikanische Kirche

Die anglikanische Kirche entstand zur Zeit der Reformation in England. König Heinrich VIII. brach 1533 mit dem Papst, weil dieser sich weigerte, die Ehe des Königs zu annullieren. Als Oberhaupt einer neuen Staatskirche setzte sich Heinrich VIII. 1534 selbst ein. In Glaubensfragen blieben die Anglikaner zunächst bei der katholischen Lehre; später setzten sich protestantische Einflüsse durch. 1549 erschien das erste anglikanische Glaubensbuch, das «Book of Common Prayer».

Die Kathedrale von Canterbury, Sitz des anglikanischen Erzbischofs / © Sambraus, Daniel (epd)
Die Kathedrale von Canterbury, Sitz des anglikanischen Erzbischofs / © Sambraus, Daniel ( epd )
Quelle:
KNA