Vor dem Auftritt Obamas in Berlin - Woran glaubt der Hoffnungsträger?

Eine lange "Reise zum Glauben"

Die Mehrheit der Deutschen wünscht sich den Demokraten Barack Obama als neuen US-Präsidenten. In einer Umfrage für das Hamburger Magazin "Stern" gaben 61 Prozent der Bürger an, Obama solle ins Weiße Haus einziehen. Heute wird der Hoffnungsträger eine schon im Vorfeld viel diskutierte Rede in Berlin halten. Seine Erlösung komme durch Jesus Christus, sagte Obama in einem Interview, ob sein Glaube morgen Thema sein wird, ist offen.

Autor/in:
Konrad Ege
 (DR)

Barack Obama, charismatischer Präsidentschaftskandidat der Demokratischen Partei, steht bei vielen US-Bürgern unter Verdacht: Hartnäckig hält sich das Gerücht, der Bewerber um das höchste Amt, der mit vollem Namen Barack Hussein Obama heißt, sei Muslim. Vor einigen Tagen schlug eine Karikatur Wellen, die Obama im muslimischen Männergewand und seine Frau als Terroristin zeigt. Jetzt steuert Obama gegen, um jeden Zweifel auszuräumen. In der neuesten Ausgabe des Wochenmagazins «Newsweek» bekennt sich Obama nachdrücklich zum christlichen Glauben.

Seine Erlösung komme durch Jesus Christus, sagte Obama in dem Interview, in dem der Politiker seinen Glauben beschreibt. Das Christentum sei jedoch nicht der einzige Weg zum Seelenheil, fügt er hinzu. Er glaube nicht, dass seine Mutter, die seines Wissens nie formell zum Christentum gefunden hat, «in die Hölle gekommen ist».

Obwohl er Christus gefunden habe, sei er noch immer auf einer suchenden Reise, erklärt der Präsidentschaftsbewerber, der an diesem Donnerstag in Berlin erwartet wird. Seine Mutter Ann sei Agnostikerin gewesen. Sie habe an die Existenz eines «höheren Wesens» geglaubt, und dass das «Universum grundsätzlich gut» sei. Aber sie habe nicht glauben wollen, «dass eine einzige Religion die einzige Wahrheit verkündet». Mit seinem Vater, einem Atheisten aus Kenia, hatte Obama fast gar keinen Kontakt.

Anns zweiter Ehemann war ein indonesischer Muslim. Bei ihm habe er einen modernen und toleranten Islam erlebt, sagte Obama. Doch lässt er keine Zweifel an seiner christlichen Verwurzelung: Als Student in Los Angeles und New York habe er Glauben und Gemeinschaft gesucht, und beides in der afro-amerikanischen Kirche gefunden. Die Bekehrung sei «kein Blitzschlag» gewesen, sondern ein Prozess, bei dem Emotionen und Verstand zusammen gekommen seien.

Er glaube, dass «Jesus Christus für unsere Sünden gestorben ist, so dass wir ewiges Leben finden», Christus lehre ihn auch, dass man gute Werke tun und Lebenssinn hier auf Erden finden könne, betonte Obama. Er bete jeden Tag, hauptsächlich für die Vergebung seiner Sünden, «seine Familie, und dass ich tue, was Gott will».

Obama hat damit im Wahlkampf mehr über seinen Glauben gesprochen als alle demokratischen Präsidentschaftskandidaten seit dem Baptisten-Sonntagsschullehrer Jimmy Carter in den 1970er Jahren. Umfragen zufolge findet Obama auch etwas Unterstützung bei weißen Evangelikalen, den bisherigen Stammwählern der Republikanischen Partei. So dürfte er mit seinem Bekenntnis diese Klientel im Auge haben.

Elemente von Obamas Glaubensvorstellungen, wie er sie in der «Newsweek» beschreibt, decken sich aber auch mit dem Glauben vieler US-Amerikaner: 70 Prozent der Gläubigen in den USA sind der Ansicht, nicht nur ihre eigene Religion, sondern viele Religionen führten zum «ewigen Leben», berichtete kürzlich das Meinungsforschungsinstitut «Pew Forum on Religion and Public Life».

Heftige Kontroversen hatte im Wahlkampf Obamas langjährige Mitgliedschaft im einer befreiungstheologisch orientierten Gemeinde ausgelöst, der Trinity-Church in Chicago. Deren Pastor Jeremiah Wright hatte einen «weißen Rassismus» in Amerika scharf kritisiert. Barack Obama und seine Frau Michelle verließen im Mai die Gemeinde. Daraufhin kehrte Ruhe ein. Einer neuen Gemeinde will sich Obama erst anschließen, wenn die Präsidentschaftswahlen im November vorbei sind.

Was bleibt, sind die Probleme, die Obama nach wie vor mit dem Gerücht hat, er sei Muslim: Laut «Newsweek» sind davon zwölf Prozent der US-Amerikaner überzeugt. Einen muslimischen Präsidenten stellen sich diese Wähler wohl kaum vor.