Vor 75 Jahren begann der Spanische Bürgerkrieg

Aufarbeitung Fehlanzeige

Es war eine Militärrevolte in Spanisch-Marokko, die am 17. Juli 1936 in eines der düstersten Kapitel spanischer Geschichte mündete. Knapp drei lange Jahre standen sich im Bürgerkrieg Nationalisten und Republikaner mit grausamer Härte gegenüber. Mehr als eine halbe Million Menschen verloren ihr Leben, Hunderttausende gingen ins Exil.

Autor/in:
Andreas Drouve
 (DR)

Zurück blieb ein verwüstetes Land, das - in jeder Hinsicht ausgeblutet - zumindest nicht am Zweiten Weltkrieg teilnahm. Wie es überhaupt zum Krieg von Spaniern gegen Spanier kommen konnte, lässt sich nicht auf die Erhebung der Militärs am Schicksalsdatum 17. Juli reduzieren, dem politische Morde an einem republikanischen Leutnant und dem Führer der Monarchisten im Parlament, Jose Calvo Sotelo, vorausgingen. Die Gründe des Konflikts lagen weit länger zurück und hatten sich über Jahrzehnte angestaut. Nicht Kommunismus oder Faschismus seien die entscheidenden Triebkräfte der Krise der 30er Jahre gewesen, sondern weit eher Anarchismus/Linkssozialismus und politischer Militarismus/Rechtskonservativismus, urteilt der Historiker Walther Bernecker.



Ein Blick auf die politische Großwetterlage zeigt die einstige Weltmacht bereits Ende des 19. Jahrhunderts als schwächelnden, innen- und außenpolitisch angeschlagenen Staat. Der Verlust der letzten wichtigen Kolonien - Kuba, Puerto Rico und Philippinen - ging einher mit industrieller Unterentwicklung und wachsender sozialer Unzufriedenheit.



Unter den Arbeitern nahmen die Proteste gegen verkrustete Besitzstrukturen und Privilegien von Großbürgertum und Großgrundbesitzern zu. In den fortschrittlichen Peripherieregionen Baskenland und Katalonien regte sich immer stärker Unmut gegen das zentralistische System, das vom vergleichsweise rückständigen Madrid aus gelenkt wurde. Abgesegnet von König Alfons XIII., setzte General Miguel Primo de Rivera 1923-1930 auf eine Militärherrschaft, 1931 verließ Alfons nach Ausrufung der Republik das Land.



Eskalation der Gewalt

Die Jahre bis zum Beginn des Bürgerkriegs waren von Regierungswechseln, den Spätfolgen der Weltwirtschaftskrise und Reformversuchen bei Agrar-, Militär- und Sozialstrukturen geprägt. Die Konflikte zwischen Links und Rechts spitzten sich zu; antiklerikale Strömungen gingen mit Brandstiftungen in Kirchen und Klöstern sowie dem gesetzlichem Verbot der Unterrichtstätigkeit durch religiöse Orden einher. Ende 1933 siegten die vereinigten Rechtsparteien bei den Parlamentswahlen, im Jahr darauf gaben Linksvertreter mit Generalstreik und Bergarbeiteraufstand in Asturien ihre Antwort, während Katalonien die Unabhängigkeit ausrief.



Die blutige Niederschlagung aller Aufstandsversuche, die Inhaftierung von 30.000 Gewerkschaftsmitgliedern und Verdächtigen, der neuerliche Sieg der Linksparteien bei den Wahlen zu Jahresbeginn 1936: Unter derlei Vorzeichen schien im orientierungslosen wie polarisierten Spanien die Eskalation der Gewalt geradezu folgerichtig. Im Oktober 1936 stieg der aus Galicien stammende Francisco Franco zum Führer der Nationalspanischen Regierung auf. Kein Staatsmann mit Weitblick, sondern ein eingefleischter Militär, den man "großer General" ("generalisimo") nannte und der, so der Literat Juan Goytisolo, "den schlichten Gehorsam" und "die Ergebenheit gegenüber seiner Person" als oberste Maßstäbe ansetzte.



Weg frei für Faschisten

Der Kriegsverlauf sah die Nationalisten von Süden, Westen und dem mittleren Norden her wie eine Zange vorrücken. Ein Schlag für die republikanischen Kräfte und das Baskenland war die Bombardierung von Guernica, der "heiligen Stadt der Basken", die die hitlerdeutsche Legion Condor im Sinne Francos im April 1937 in Schutt und Asche legte.



Die Eroberung Kataloniens und der Fall von Madrid machten 1939 binnen weniger Monate den Weg für den Sieg der faschistischen Nationalisten frei, am 1. April 1939 war der Bürgerkrieg beendet. Es folgte eine Diktatur, die erst im November 1975 mit dem Tod des greisen Franco endete. Dass dieser bis heute unangetastet in der heroischen Grabtempelstätte des Valle de los Caidos nordwestlich von Madrid ruht, ist Beleg dafür, dass in Spanien eine allgemeine kritische Aufarbeitung der eigenen Geschichte fehlt.