Vor 500 Jahren starb der italienische Maler Sandro Botticelli

Stete Suche nach dem Idealtypus der Schönheit

Maler der Bellezza, Erfinder der Renaissance-Supermodels, Schöpfer von Pin-Up-Girls im goldenen Zeitalter von Florenz - Alessandro di Mariano di Vanni Filipepi muss sich in seinem 500. Todesjahr so manche Zuschreibung gefallen lassen. Er starb am 17. Mai 1510. Bekannter ist er unter dem Namen Botticelli.

Autor/in:
Christoph Scholz
 (DR)

Am 1. März 1445 geboren, war Botticelli bereits mit knapp 30 Jahren ein Künstler, der prestigeträchtige Aufträge bekam. Nach einer ersten Ausbildung als Goldschmied hatte er zunächst in der Werkstatt des berühmten Filippo Lippi die Tafelmalerei in Tempera erlernt. 1470 eröffnet er seine eigene Werkstatt und profiliert sich mit der "Pala von Sant' Ambrogio" als Altarbildmaler. Für die italienische Malerei im 15. Jahrhundert wurde Botticelli in zwei weiteren Gattungen bahnbrechend: Er gehört zu den bedeutendsten Porträtisten der Frührenaissance und gilt als eigentlicher Schöpfer der mythologischen Darstellung.

Sein Wirken stand unter der Patronage der Medicis, die er dafür künstlerisch verewigt. Die Bankier-Dynastie beherrscht die Republik Florenz und macht die Stadt zur internationalen Kunstmetropole. Ein Medici war beispielsweise Adressat der "Allegorie auf den Frühling" und der "Geburt der Venus". Beide Gemälde gehören zu den bedeutendsten Werken ihrer Zeit.

Doch was macht den Reiz der Gemälde aus, die den heutigen Betrachter offenbar nicht weniger faszinieren als die Menschen um 1500? Die Antwort lässt sich etwa an der "Geburt der Venus" festmachen: Es ist Botticellis unablässige Suche nach dem Idealtypus der Schönheit, der alle Werke prägt. In seinen Frauenbildnissen verbinden sich Reinheit und Keuschheit auf eigene Weise mit Sinnlichkeit und Fruchtbarkeit. Eine Idealtypik, die sich in mythologischen Gestalten ebenso wiederfindet wie in Madonnendarstellungen, Heiligen, Nymphen oder manchen Portraits.

Hoch gebildet und belesen
Botticelli gilt als hoch gebildet und belesen; er verkehrt in den Kreisen der humanistischen Bildungselite seiner Stadt. Die Humanisten versuchen, die Trennung zwischen antikem Denken und christlicher Tradition zu überwinden. Die Heilsgeschichte erschließt sich ihnen nicht nur in ursprünglich christlichen Texten, sondern auch aus profaner Dichtung und Kunst. Sinnliche Schönheit gilt als eine Stufe auf dem Weg zu Gott; über sie schreitet der Mensch zur geistigen Schönheit fort, die in Tugend und Weisheit besteht.

Trotz allem Interesse an mythologischen Themen widmet Botticelli die meisten Werke religiösen Sujets. In der Frühzeit orientierten sich die Madonnenbilder noch ganz an Filippo Lippi, so dass sie bis heute Zuschreibungsprobleme aufwerfen. In den 1460er Jahren entfaltete sich ein eigener Stil, wie er exemplarisch in der "Madonna del Magnificat" zum Ausdruck kommt. Die vordergründig lieblich wirkenden Gemälde zeichnen sich durch ein komplexes theologisches Programm aus.

Verblasster Ruhm
Zu den eindrücklichsten religiösen Darstellungen gehören die Spätwerke. Sie entstehen in der Zeit des fanatischen Bußpredigers Savonarola. Dessen apokalyptische Tiraden gegen Eitelkeit, moralischen Verfall und Korruption treffen auch die typischen profanen Sujets Botticellis. Wie weit aber die Veränderung des Stils und die Steigerung des religiösen Affekts in dessen Spätwerk tatsächlich auf Savonarolas Einfluss zurückzuführen sind, ist in der Forschung umstritten. In jedem Fall gehören Werke wie die "Beweinung Christi" zu den Meisterwerken abendländischer Sakralkunst.

Gegen Ende des Lebens verblasst Botticellis Ruhm. Neue Genies treten in dieser schöpferischen Zeit in den Vordergrund: Leonardo da Vinci beherrscht die Künstlerszene, und der aufstrebende Michelangelo gilt als neuer Star. Die letzten Jahre lebt Botticelli zurückgezogen und stirbt am 17. Mai 1510 verarmt in seiner Heimatstadt. Während er noch am selben Tag auf dem kleinen Friedhof von Ognissanti zu Grabe getragen wird, arbeitet Michelangelo gerade am Deckenfresko der Sixtinischen Kapelle - an dem Ort, wo Botticelli rund 30 Jahre zuvor als Freskomaler Teile der Wände ausgestaltet hatte.